Drei Seiten für ein Exposé
Geschichte überhaupt Plot-Points haben, führen solche Forderungen nicht zu Einschränkungen der Phantasie, machen Plots austauschbar? Immer wieder höre ich dieses Argument, immer wieder betonen vor allem Autoren mit literarischen Ambitionen, dass sie sich nicht einschränken lassen wollen.
Ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis: Nein, Sie brauchen keine Plotpoints. Sie können auch ohne schreiben. Keine Plot-Polizei wird morgens bei Ihnen klingeln und Sie dem Schreibrichter vorführen, der Sie mit dreijährigem Schreibverbot wegen Verstoßes gegen das Plot-Point-Gesetz belegt.
Sie werden sich nur schwer tun, einen Verlag zu finden. Sie werden sich schwer tun, überhaupt Leser zu finden. Wer sich mit der klassischen Literatur auskennt, weiß, dass diese oft noch viel stärker genormt war als heutige Werke. Klassische Theaterstücke arbeiten meist mit dem Drei-Akt- oder dem Fünf-Akt-Modell. Am Ende des ersten Akts kommt Plot-Point I, am Ende des zweiten Plot-Point II. Akt I ist der Alltag vor der Geschichte, Akt II der Konflikt und wie die Geschichte sich entwickelt, und Akt III löst die Geschichte auf. Es ist kein Zufall, dass auch moderne Filme genauso wieklassische Dramen aufgebaut sind. Die meisten zumindest.
Natürlich gibt es auch Einakter, absurdes Theater, Episodenfilme und manches mehr. Aber die meisten Geschichten folgen diesem Modell. Das ist keine Einschränkung, denn es sagt nichts, aber auch gar nichts über den Inhalt aus. Es ist ein Hilfsmittel. Und wenn Sie das Gefühl haben, dass mit Ihrer Geschichte was nicht stimmt, lohnt es sich, einmal diese Struktur an die Geschichte anzulegen. Sind Plot-Point I und II überzeugend? Baut sich der Konflikt zwischen Plot-Point I und II konsequent und spannend auf?
Alle diese Hilfsmittel sind überflüssig, wenn Sie eine perfekte Geschichte haben. Sie sind aber hilfreich, wenn die Geschichte noch Mängel hat und Sie sie verbessern wollen.
Plot-Points sind Erfahrungen der Dramaturgie. Sie müssen sie nicht erfüllen, sie dürfen alles ganz anders machen. Aber Sie müssen wissen, was sie tun. Sie müssen einen Grund haben, weswegen Sie es anders machen als die Meister der Dramaturgie, egal ob sie Shakespeare, Stephen King oder Karl May heißen.
Und: „Ich will literarisch schreiben“ oder „Ich lasse meine Phantasie nicht einschränken“, ist kein Grund.
Ich kann hier nur nochmals wiederholen, was ich schon öfter gesagt habe: Entscheidend ist eine gute Geschichte. Wenn Ihnen die Leute mit roten Ohren zuhören, ohne dass Sie Plot-Points haben, gut. Niemand wird verlegt, niemandem hört man zu, nur weil er die Regeln irgendwelcher Schreibratgeber befolgt. Aber diese Regeln sind keine Erfindungen böser Amis, die die Literatur kommerzialisieren möchten. Sie beruhen – wenn sie sinnvoll sind – auf Erfahrungen unzähliger Geschichtenerzähler. Und jeder Geschichtenerzähler muss irgendwann lernen, wann er sich an diese Regeln halten sollte und wann er sie brechen muss. Für jede Regel gibt es Ausnahmen.
Entscheidend ist, was Ihre Geschichte besser macht.
Der Absatz, das unbekannte Wesen
Stephen King hat in „Das Leben und das Schreiben“ den Absatz das meist unterschätzte Stilmittel genannt. Tatsächlichgliedern Absätze Texte genauso wie Sätze. Ob die Absätze lang oder kurz sind, wann der Autor einen neuen Absatz beginnt, all das ist nicht belanglos.
Erst recht nicht im Exposé. Denn dort sind die Absätze die Gliederungen der zwei oder drei Seiten, die das Exposé bilden. Absätze legen fest, ob ein Exposé verständlich ist. Wenn Sie in Ihrem Exposé immer nur ein Ereignis pro Absatz schildern, wird das Exposé viel verständlicher sein, als eins, in dem in den Absätzen mehrere Ereignisse nebeneinander geschildert werden.
Prüfen Sie einmal die Exposés vorne im Buch auf die Absatzgliederung. Prüfen Sie Ihre eigenen Exposés daraufhin. Entzerren Sie sie, indem Sie jedem Ereignis Ihres Plots, das im Exposé steht, einen eigenen Absatz gönnen. Sie werden sehen: Damit werden Ihre Exposés übersichtlicher und verständlicher.
Unterschätzen Sie also nie die Absätze.
Sie sind wichtig. Weil sie es sind, die entscheiden, wie viel der Leser von Ihrem Exposé erfassen kann.
Wann sollte man ein Exposé einsenden?
„Nach dem bisherigen Bearbeitungsstand“ habe ich in einigen Exposés gefunden, die mir zugesandt wurden. Schreiben Sie nie so etwas an Agenten oder Verlage! Das erweckt den Eindruck, dass Ihr Projekt noch nicht fertig ist. Als
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