Drei sind einer zuviel
zurückkommen möchte...« überlegte Karlchen. »Wie
viele Frauen haben ihren Männern verziehen...«
»Na ja — «
Weiter kam Peter nicht, weil ihm Benedikt
aggressiv ins »Na ja« fiel: »Komm mir jetzt bloß nicht mit Opas Standpunkt:
Männer dürfen, Frauen nicht... Anna ist genauso unabhängig und selbständig wie
ich. Eines Tages ist ihr eben ein Mann begegnet, der ihr besser gefallen hat
als ich — wohl auch mehr imponiert. Sie hat kein Geheimnis draus gemacht. Da
bin ich dann gegangen. Aber es war schon verdammt hart...«
Peter lehnte sich zufrieden gegen die Hauswand.
»Also, ich hab noch nie wegen einem Mädchen schlecht geschlafen. Wenn es schön
war, war’s eben schön. Wenn es zu Ende war, auch okay. Bloß nichts durch
Gefühle verkomplizieren.«
»Du hast ’n Gemüt wie ’n Fleischerhund«, stellte
Benedikt fest. »Und so was erzieht Kinder.«
»Vielleicht ist mir noch nicht die Richtige
begegnet — ich meine, die auch noch nach Monaten die Richtige ist«, entschuldigte
sich Peter.
Jeder für sich versanken sie in Gedanken über
ihr bisheriges Liebesieben, bis Karlchen, besorgt, daß man sie vergessen haben
könnte, »Ich hab auch einen Freund« mitteilte.
Im Nu wandten sich beide ihr zu. »Karlchen hat
außer uns einen Freund. Erzähl mal!«
»Zwei Jahre sind wir schon zusammen, aber es ist
nichts auf die Dauer. Dazu haben wir zu verschiedene Ansichten. Ich hab ihm vor
zwei Wochen geschrieben, daß es aus ist. Er ist zur Zeit bei der Bundeswehr.«
Sie blinzelte ihre beiden Kumpel gegen die Sonne an. »Im Grunde sind wir alle
drei allein. Ich meine, keiner von uns hat jemanden — einerseits ist das
traurig, vor allem jetzt, wo’s so richtig schön Frühling wird — andererseits
ist es auch phantastisch, frei zu sein und sich vorzustellen — vielleicht
begegnest du schon morgen der großen Liebe...«
»Karlchen hat was Schönes mitgebracht«, beendete
Benedikt das Thema.
»Was denn?«
»Also
— es hat vier Buchstaben, fängt mit S an, ist grün gepolstert und innen hohl.
Was ist das?«
»Ein
Kochbuch«, sagte Peter sofort.
»Schmarrn, wie kommst ’n darauf?«
»Weil Karlchen das letzte Mal, als sie hier war,
gesagt hat, sie brächte ein Kochbuch mit.«
Benedikt holte das Sofa und stellte es auf den
Tisch.
»Mannohmann.« Peters Blicke setzten sich
verzückt auf seine ausgeblichenen Samtpolster. »So was Schönes.«
»Und so praktisch. Schau mal.« Sie klappte die
obere Sofahälfte zurück. Das rotsamten ausgeschlagene Kästchen darunter wurde
sichtbar. »Die Händlerin auf der Dult, von der ich es habe, hat gesagt, da kann
man was Kostbares drin verstecken.«
Peter und Benedikt sahen sich überlegend an.
»Haben wir was Kostbares?«
»Nö.«
»Doch!«
»Was?«
»Karlchen«, sagte Benedikt. »Tun wir eben
Karlchen rein.«
»Ja«, sagte Peter, »tun wir Karlchen hinein.«
Sie war darüber sehr bewegt und verschob ihre
Abreise nach Nürnberg auf den nächsten Morgen. Zu dritt machten sie einen
langen, hügeligen Spaziergang voll grüner Düfte und weitem Blick in die
dunstige Ferne.
Karlchen dachte: Warum muß ich nach Nürnberg,
Töpfe verscherbeln. Warum kann ich nicht hierbleiben? Ich bringe das Haus in
Ordnung, kauf Kariertes für Gardinen und Kissen, pflücke einen großen
Wiesenstrauß für den Küchentisch, stell meine Töpfe in die Borde... ich will
Gemüse anpflanzen und Beerensträucher und kochen lernen und Hühner anschaffen
und Rührei von eigenen Eiern und eigenem Schnittlauch machen und in der dritten
Kammer schlafen und mein Gespartes abheben und dafür einen Warmwasserboiler
kaufen und Lotto spielen... vielleicht gewinne ich so viel, daß wir uns den
Einbau einer Toilette im Haus leisten können... ach ja, und dann brauchten wir
noch eine Katze und einen Hund... Träumen machte Spaß.
5
Es gab nicht sehr viele Touristen, die sich nach
Nebel verirrten. Zwar war in den letzten Jahren die Zahl der Sommerurlauber,
die zwischen Nationalpark und Passau, Cham und Regensburg ruhige und billige
Ferien verleben wollten, ständig gewachsen, aber Nebel, nicht allzu weit von
der böhmischen Grenze entfernt, lag bereits abseits der Ferienstraßen. Auch
kunst- und kulturhistorisch hatte der Ort keine großen Attraktionen zu bieten,
die einen Umweg gelohnt hätten.
Um so mehr fiel darum Annas roter Alfa Romeo mit
Berliner Kennzeichen auf, der kurz vor zwölf auf den Marktplatz einbog, ihn
langsam umrundete und gegenüber vom Kaufhaus Hirn anhielt. Viele
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