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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Gardinen
bewegten sich.
    Auch Frau Zwicknagel, die gerade keine Kunden zu
bedienen hatte, beobachtete über die Würste in der Auslage hinweg die schmale,
langbeinige junge Frau in schwarzer Schlabberbluse und hautengen Lederjeans, die
aus dem Auto gestiegen war und sich umsah. Wenige Augenblicke später betrat
Anna Mallersdorf die Metzgerei.
    »Grüß Gott, was hätten S’ denn gern?«
    Anna wollte weder Schweineschnitzel noch
Rinderfilets, sondern nur eine Auskunft: »Wie komme ich zum Schmalzlerhof?«
    »Wen wollen S’ denn da besuchen? Den Herrn
Lehrer oder den Berliner?« erkundigte sich Frau Zwicknagel.
    Anna lächelte amüsiert. »Einen von beiden.«
    Das war keine befriedigende Antwort. Trotzdem
erhielt sie eine ausführliche Wegbeschreibung und ein Paket mit Weißwürsten,
das sie mit hinausnehmen sollte.
     
    Auf der Landstraße kam ihr Benedikts Wagen
entgegen. Sie konnten nicht rechtzeitig bremsen, fuhren aneinander vorbei,
setzten zurück, bis sie auf gleicher Höhe waren.
    »Anna! Was willst du hier?«
    »Hallo, Benny.« Ihre Munterkeit wirkte forciert.
»Was für eine reizende Begrüßung.« Und als er nicht antwortete: »Ich bin bloß
gekommen, um euch eure Weißwürste zu bringen. — Willst du mich nicht
auffordern, einen Tee bei dir zu trinken?«
    »Also gut«, sagte er mißgestimmt, »ich fahr
voraus«, und wendete seinen Wagen. Sie parkten nebeneinander im
Kastanienschatten und stiegen aus.
    »Das ist also dein Landsitz.«
    Benedikt überhörte die Ironie. »Das Haus kriegt
jetzt einen Anstrich, wir haben erst mal die Reparaturen ausgeführt.«
    »Heißt das, du willst hier länger bleiben? Die
Haare wachsen lassen und biologisches Gemüse anbauen? Ausgerechnet du?«
    »Spar dir deine großstädtische Überheblichkeit.«
Benedikt war ärgerlich. »Wozu bist du überhaupt hergekommen? Um alles mies zu
machen? Du hättest dir den Umweg schenken können!«
    »Knurr nicht, Kreuzer, erzähl mir lieber von dem
Lehrer, mit dem du zusammenwohnst.«
    »Woher weißt du?«
    »Von der Schlachtersfrau. Ist er nett?«
    »Ganz nett. Ich hab ihm geholfen, bei seiner
Wirtin herauszufliegen, seitdem wohnt er hier.« Anna ging allein durch die
Räume, schaute sich schweigend alles an und wühlte schließlich aus einem Stapel
ihre Platte hervor. Legte sie auf. »Ich habe dir zweimal geschrieben. Warum
hast du nicht geantwortet?«
    »Ich komme hier zu nichts«, wich er aus.
    »Sag bloß, du hast einen neuen Job.«
    »Ja — Wände weißeln, Holz hacken, heizen, neue
Balken einziehen, odeln...«
    Während seiner Aufzählung betrachtete ihn Anna
fast zärtlich. »Ach, Benny. Früher hast du nicht mal den Mülleimer
runtergetragen.«
    »Na und?«
    »Ich meine nur.«
    Er sah sie an. »Warum bist du hergekommen, Anna?
Was soll’s?«
    »Ich bin auf der Durchreise. In Venedig treffe
ich die Wagners. Du kennst sie ja. Sie haben ein Boot gechartert und wollen ein
bißchen an der Küste langschippern.« Anna trat nah an ihn heran. »Komm mit,
Benny. Was hält dich hier? Es wird dich auch kaum was kosten. Bestimmt nicht.«
    Er
wich ihren Fingern aus, die sich mit seinem Haar befassen wollten, und
erinnerte sich: »Die Hühner! Ich hab die Hühner noch im Auto.« Anna folgte ihm
verärgert auf den Hof.
    Diese Hühner waren wieder so ein Einfall von
Karlchen. Bei ihrem letzten Besuch hatte sie einen Schlenker über den
Bichlerhof gemacht und vier Junghennen ausgesucht und gleich angezahlt. Peter
wollte keine Hühner, Benedikt erst recht keine Landwirtschaft mit Pflichten,
dieser Hof sollte für beide ein Provisorium bleiben. Nun belastete ihn Karlchen
mit Hühnern. Hühner machten Arbeit. Sagten sie Karlchen, sie wollten keine
Hühner, war Karlchen traurig, vielleicht sogar verletzt, weil sie es doch so
gut gemeint hatte. Also hatte Benedikt die Hühner abgeholt.
    Er hob den Karton mit Löchern vom Rücksitz und
öffnete ihn, vier Leghorns flogen ihm gackernd um die Ohren und rannten
hysterisch in mehrere Himmelsrichtungen.
    »He, da geht’s lang«, rief Benedikt hinter ihnen
her. »Da drüben ist der Stall!« Und zu Anna, die ihn ungläubig anstaunte: »Ich
muß ihnen ja schließlich ihre Kammern zeigen.«
    »Du spinnst.«
    »Ja, ich weiß«, gab er zu, »und im Grunde stinkt
mir das Ganze hier. Einmal wieder warmes Wasser aus der Leitung und ’n
Spülklosett und mal U-Bahn fahren...«
    »Du bist doch nie mit der U-Bahn«, erinnerte ihn
Anna.
    »Aber
jetzt möchte ich, verdammt noch mal.« Und ohne Übergang: »Wie geht es

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