Drei sind einer zuviel
Mischa?«
»Nichts
mehr. Es ist aus.«
Er wußte nicht, ob er sich darüber freuen
sollte. »Ich denke, er war deine große Liebe!?«
»Komm, Benny — «
»Es war doch so, oder?«
»Also ja. Ich habe mich eben geirrt.« Sie sah
ihn sehr an. »Irrst du dich nie?«
»Nicht oft, aber wenn, dann gründlich.«
»Du
kommst also nicht mit aufs Schiff?«
»Bestimmt
nicht, Anna«, versicherte er.
»Schade, aber ich versteh, daß du Zeit
brauchst.« Er holte die Futterschüssel, die er bereits für das lästige
Federvieh bereitgestellt hatte. »Ich such jetzt die Hühner.« Und ließ sie
einfach stehen. »Putputput«, rief Anna verärgert hinter ihm her und sah im
gleichen Augenblick einen drahtigen jungen Mann um die Ecke biegen, der sie
genauso verdutzt anschaute wie sie ihn.
Allerdings ging Peters Überraschung schnell in
Verklärung über, ihre nicht. »Ich glaube, ich spinne. Sind Sie wirklich echt
oder bloß eine Wunschvorstellung?«
»Ich bin Anna Mallersdorf«, sie streckte ihm
lachend die Hand hin, »und Sie sind wahrscheinlich der Lehrer.«
»Peter Melchior. — Bleiben Sie länger?« hoffte
er.
»Ich will heute noch bis Innsbruck. Ich wollte
Benny nach Venedig mitnehmen — auf ’n Schiff. Aber der Junge ist trotzig. Er
will nicht. Wie finden Sie das?«
»Ausgesprochen dämlich. Schade, daß Sie mich
nicht fragen, ich könnte mir einen Kahn mit Ihnen ganz gut vorstellen.«
»Kommt beide mit«, schlug Anna vor.
»Geht nicht. Kann ja schlecht mitten in der
Schulzeit Urlaub nehmen. — Wo ist Benny?«
»Er sucht die Hühner. Es scheint, daß sie vor
lauter Heimweh dahin zurückgerannt sind, wo sie herstammen.«
Peter, dessen Blick verzückt an Annas langen, lederbehäuteten
Beinen klebte, fragte abwesend: »Was für Hühner?«
»Na die, die Karlchen für uns angezahlt hat«,
antwortete Benedikt, der mit seiner Futterschüssel einmal vergebens das Haus
umrundet hatte.
»Sie
sind abgehauen. Wir müssen sie suchen.«
»Wer
ist Karlchen?« wollte Anna wissen.
»Ein Kumpel von uns«, sagte Peter.
»Was besonders Liebes«, sagte Benedikt, das
Liebe sächlich artikulierend.
Ein Glück, daß Karlchen nicht in der Nähe war
und zuhörte.
Peter versuchte, Anna zum Bleiben zu überreden,
öffnete dafür alle Schleusen seines Charmes, flutete über, jedoch vergebens.
Ja, wenn Benedikt sie aufgefordert hätte! Als
sonnenverbrannter, biologisch gedüngter Aussteiger, als »Naturbürscherl«, wie
sie ihn für sich bezeichnete, hatte er einen ganz neuen Reiz für sie. Mal was
anderes. Seinetwegen hätte sie sogar aufs Mittelmeer verzichtet und das
Plumpsklo in Kauf genommen — wenigstens für ein paar Tage. Aber Benny sagte
nichts, er schien beinah ungeduldig auf ihre Abfahrt zu warten.
»Versprechen Sie, daß Sie auf der Rückfahrt noch
mal vorbeikommen«, bat Peter beim Abschied, »dann hab ich wenigstens was,
worauf ich mich freuen kann.«
»Mal sehen, vielleicht.« Anna gab ihm die Hand.
»War nett, Sie kennenzulernen. Passen Sie ein bißchen auf den da auf. Ich
darf’s ja nicht mehr.« Sie küßte Benedikt. »Tschau, Benny. Mach’s gut.« Als sie
in ihren Wagen stieg, fiel ihr noch etwas ein.
»Weißt du, wen ich hier vermißt habe?«
»Nee. Wen denn?«
»Herrn Mallersdorf.«
Peter schaute Benedikt an. Der machte kein
intelligentes Gesicht.
»Ach der — «, sagte Benedikt und rieb sich die
Nase, die ihn plötzlich juckte, »der — ist auf Vertretertour, ja.«
»Auf was?«
»Vertretertour«, nickte Peter ernsthaft. »Zur
Zeit in München.«
»Ihr Spinner!« lachte Anna und gab Gas.
Den Rest des Nachmittags verbrachten die
Bewohner des Schmalzlerhofes mißgestimmt. Benedikt saß auf der Bank neben dem
Plattenspieler und schälte Kartoffeln voller Haß aufs Kartoffelschälen. Peter
hatte sich lustlos über die Vorbereitungen für den morgigen Unterricht gemacht.
Aus der Stereoanlage softeten die schönen Schnulzen von Annas Platte —
»Feelings« und so was.
Der plötzliche Einbruch geballter
großstädtischer Weiblichkeit ließ vor allem Peter seine sexuelle Notlage in Nebel
doppelt empfinden.
Annas plötzliches Auftauchen und Verschwinden
kam ihm nachträglich wie eine Geisterstunde zur Mittagszeit vor.
Seine Gedanken folgten ihr in Sehnsucht.
»Die fährt jetzt ans Meer«, sagte er zum
Kartoffelschäler. »Ohmannohmann! Die hat’s gut. Warum bist du nicht
mitgefahren?«
»Nee.«
»Ich denke, das ist aus mit dem anderen.«
»Ja.«
»Und nun hast du deinen
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