Drei sind einer zuviel
Stolz.«
»Nee.«
»Was denn?«
Benedikt schmiß die zuletzt geschälte Kartoffel
in den Topf. »Erstens hab ich kein Geld für Schiffsreisen. Zweitens laß ich
mich nicht einladen, und drittens — «
»Ja, sag mal. Was ist drittens?«
»Sie stört mich.« Benedikt schnitt eine
Kartoffel in zornige kleine Stücke. »Kaum war sie da, ist meine gute Laune
futsch.«
»Meine
auch«, bestätigte Peter seufzend. »Siehste. — Wir hatten es so gemütlich, bevor
sie kam. So einen friedlichen, kleinkarierten Alltag. Jetzt stinkt’s mir hier.
Sie hat das Talent, einem alles zu vermiesen.«
Annas Platte war zu Ende. Benedikt wollte eine
neue auflegen, aber Peter meinte: »Spiel sie ruhig noch mal.«
Beide ließen sich gefühlvoll mittreiben.
Benedikts Kartoffelmesser schnitt Kerben in die
Tischplatte. »Voriges Jahr in Griechenland sind wir die Inseln mit ’nem
Seelenverkäufer abgeschaukelt. Haben aus dem Rucksack gelebt. Da fiel der ganze
Lack und alles Blabla von Anna ab. Übrig blieb ein herrliches Mädchen. Da war
sie einfach — na ja... Aber kaum waren wir wieder in Berlin — « Er brach ab und
horchte auf ein näher kommendes Motorengeräusch.
»Wenn’s für mich ist, ich bin nicht da«, sagte
Peter und verzog sich in Richtung Kammer. »Ich habe heute keinen Bock mehr auf
Einheimische.«
»Ich auch nicht.« Benedikt schob den Riegel vor
die Haustür.
Kaum hatten sie beschlossen, nicht zu öffnen,
hörten sie von draußen Karlchens Jubelschrei: »Die Hühner sind da!«
»Wollte sie nicht erst morgen kommen?« erinnerte
sich Peter.
Gleich darauf erschien ihr Kopf im Fenster:
»Haben wir auch einen Hahn?«
»Gockel sind nicht mehr in«, klärte Benedikt sie
auf.
»Wieso, wegen der Emanzipation?«
»Da bin ich überfragt.«
»Noch heute besorge ich einen und laß ihn gleich
auf halb sieben stellen, damit er Peter rechtzeitig weckt«, beschloß sie.
»Karlchen macht noch ’ne Landwirtschaft aus uns,
ob wir wollen oder nicht«, sagte Peter, sein Schulzeug zusammenräumend.
»Was ist los? Warum freut ihr euch nicht über
mich? Ist euch die Petersilie verhagelt? Und ich dachte, es wäre euch ’ne
schöne Überraschung, weil ich einen Tag früher komme.« Sie stieg durchs Fenster
herein.
Benedikt umarmte sie. »Unsere Überraschung!«
Auch Peter versah ihre Wange mit einem Kuß. »Aber warum seid ihr so elegisch?«
Benedikt sah Peter fragend an. »Bist du
elegisch?«
Der schüttelte den Kopf. »Das kommt Karlchen nur
so vor.«
»Na schön, dann hab ich mich geirrt. Auf alle
Fälle sitzt ihr da wie mein Onkel Ernst damals, als er hörte, daß Marilyn
Monroe tot ist.«
»Das war ja auch ’n Schock«, erinnerte sich
Peter. Ich war damals zwölf.«
»Ich hab euch was mitgebracht!«
Aber nicht einmal diese Ankündigung vermochte
sie aufzuheitern, im Gegenteil. Karlchens Mitbringsel bedeuteten meistens
zusätzliche Arbeit. — Gardinen aufhängen, Radieschen säen, Hühner füttern und
so fort.
»Ich habe von einem Kunden zwei Liter
Frankenwein geschenkt gekriegt und gleich an euch dabei gedacht.«
»Karlchen — «
»Karlchen!!«
»Jaja, jetzt sagt ihr >Karlchen<.«
Der Wein war noch im Kombi. Benedikt erbot sich
sofort, ihn zu holen.
»Du bleibst hier. Für dich habe ich was
Wichtigeres. — Peter kann gehen. Der Autoschlüssel steckt. — Und bitte, bring
Herrn Müller-Mallersdorf mit rein.«
Aus ihrer Handtasche kramte sie den
zusammengefalteten Anlaß für ihr verfrühtes Erscheinen hervor: einen aus der
Zeitung gerissenen Artikel. Sie strich ihn glatt. »Habe ich zufällig in einer
Raststätte gelesen. Dachte mir, das mußt du sofort Benedikt zeigen. Jetzt hör
zu.« Sie las vor:
»>Neue Volksschule für Nebel.
Die
Kreisstadt Nebel soll eine neue Schule erhalten, nachdem der bisher mehrmals
erweiterte Altbau hinter dem Markt endgültig zu klein geworden ist — -
und
so weiter —
Der Neubau soll Grundschule und Hauptschule
beherbergen, unter anderem eine Turnhalle, die als Mehrzweckhalle auch der
Stadt für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung steht. Wie Bürgermeister
Rammersberger gestern der Presse gegenüber erklärte, hat das Landratsamt einen
Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Die von der Jury preisgekrönten Entwürfe
werden anschließend öffentlich im Rathaus ausge- ge- ge-< Es ging noch
weiter. Aber ich hab’s so schief rausgerissen. Auf alle Fälle ist das deine
Chance, Benedikt. Du mußt teilnehmen! Peter hilft dir. Der weiß, was für eine
Schule alles
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