Drei sind einer zuviel
nicht amal finfzig Jahr. Ein Unfall mit neue
Motorrad von seine Sohn. Beide sind hin.«
»Der Sohn auch?«
»No. Aber die scheene Maschin. Und jetzt tragen
sie ihn zu Grabe mit vier Rösser von Brauerei und drei Kapellen: die was is von
unserem Schitzenverein und die von Kramberg und von Niederndorf. Da haben S’
versäumt, Herr Architekt.«
»Ich glaube auch«, Benedikt gab ihm die Hand.
»Tschüs, Herr Gumpizek.«
»Auf
Wiedersehen, Herr Architekt. Und nicht vergessen — große Kiche, kleine Kammer.«
Gumpi stieg auf sein Mofa und tuckerte davon. Auch Benedikt faltete seinen
Lageplan zusammen und fuhr in den Ort.
Auf dem Marktplatz hatte sich halb Nebel im
Sonntagsgewand und Schützenkleidung versammelt, etliche Musikanten schüttelten
die Spucke aus ihren Blasinstrumenten.
In tiefem Schwarz sah man Bauunternehmer
Finkenzeller mit Gattin und Töchtern das Wirtshaus betreten. Ihnen folgten die
ganze Brauereisippe, sämtliche Honoratioren des Ortes nebst Frauen sowie
Arbeiter und Angestellte. Der Leichenschmaus konnte beginnen.
Benedikt fuhr im Schritt vorbei und gab erst
Gas, nachdem er den Marktplatz hinter sich hatte.
Als er zehn Minuten später in den Schmalzlerhof
einbog, sah er Karlchen und Peter im guten Anzug vor der Haustür stehen. Sie
nähte einen Knopf an seinen Ärmel.
Benedikt
stieg aus und begutachtete Peters Outfit. »Soll ich dir vielleicht ’nen Schlips
borgen?« Peter faßte sich an den Hals. »Wieso? Gefällt dir meiner nicht?«
»Ich hol mal einen.« Er kam gleich darauf mit
einem dunkelblauen Strickbinder zurück.
»Ja, der ist schöner als deiner«, beschied
Karlchen, »den nimm.«
»Dafür war meiner mal sehr preiswert.«
Das glaubten sie Peter aufs Wort.
Er wollte die Schlipse wechseln, vergaß, daß
Karlchen noch an seinem Ärmel hing mit einem Faden, den sie erst durchbeißen
mußte.
»So. Nun.« Sie trat zurück.
Benedikt zog sich ebenfalls ein frisches Hemd
an. »Hast du auch noch was vor?« fragte Peter.
»Ja. Mit Karlchen.«
Er sah sich nach ihr um. »Bleibt Karlchen über
Nacht hier?«
Sie
hatte ihr Nähzeug zusammengepackt. »Glaubst du, ich reise ab, ohne zu wissen,
wie deine schwere Stunde ausgegangen ist?«
»Wie spät haben wir es denn?«
»Sieben nach sieben.«
»Sieben nach sieben will ich vor deiner Haustür
stehn — «, sang sie und brach verlegen ab, als sie ihre verdutzten Blicke
spürte. »Onkel Ernst singt immer: Zehn vor zehn will ich vor deiner Haustür
stehn — «
»Ja und?« begriff Peter nicht.
»Ja und, ja und! — Bei sieben nach sieben reimt
es sich eben nicht.«
»Dreh dich mal — laß dich anschauen — nun dreh
dich schon!«
Widerstrebend folgte Peter dieser Aufforderung.
»Wie findest du ihn?« überlegte Karlchen, zu Benedikt gewandt.
»Ich würde sagen, ein adretter, junger Mensch.
Nicht gerade das, was die Mädels vom Stuhl reißt, aber auf Schülereltern mag er
vertrauenerweckend wirken. Seine Stimme hat das Sonore, die Augen blicken treu,
die Krawatte ist unaufdringlich vornehm...«
»Arsch«, knurrte Peter giftig.
»Aber sein Leumund«, fiel Karlchen ein. »Erst
bei der Obermayerwitwe Schkandal gemacht und lebt auch noch in einem
Dreierverhältnis.«
Benedikt sah auf seine Uhr. »Fahren wir endlich?
Es wird Zeit.«
»Wieso ihr auch?« Peter war plötzlich
mißtrauisch.
»Wir dachten, daß du vielleicht nach deiner
Elternshow noch ’n Bierchen mit uns trinken möchtest.«
»Ja, gut.« Er holte die Manuskriptseiten mit
seiner Ansprache vom Küchentisch und schloß die Haustür ab.
»Angst?« erkundigte sich Karlchen mitfühlend.
»Nö, wieso?«
»Also, ich ja. Deinetwegen.«
»Wo
ist Benedikt? Ich muß los.« Motorengeräusch wurde laut.
»Hörst du? Er spannt gerade an.«
Kurz vor der Schule überholten sie mehrere
Eltern, die meisten schwarz gekleidet oder in Tracht. »Du kriegst ein volles
Haus«, prophezeite Benedikt, und Karlchen: »Alle haben sich fein gemacht. Sie
nehmen dich ernst.«
Benedikt hielt an, und Peter stieg aus.
»Alsdann — mit Gott für König und Vaterland.«
»Wir warten auf dich«, versicherten ihm beide.
»Wo?« Peter war mißtrauisch.
»Vielleicht im Kino«, sagte Benedikt.
»Oder im Gasthaus«, sagte Karlchen und spuckte
ihn feucht an: »Ptoi — ptoi — ptoi! Benny, du auch.«
Aber der kam nicht mehr dazu. Peter war mit
einem Satz entflohen und wischte sich die Schulter: »Mein guter Anzug!«
Sie sahen bewegt zu, wie er auf das Schulhaus
zuging, ganz gemessen, Eltern
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