Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
Vom Netzwerk:
überholend, nach links und rechts grüßend.
    »Jovial wie ein Landesvater«, stellte Benedikt
anerkennend fest. »Das kannst du nicht lernen, das ist in einem drin oder
nicht.«
    Einzeln, zu zweit und in kleinen Gruppen
kleckerten die Eltern ins Schulhaus. Mütter, in ihre Kostüme wie in ein Korsett
gespannt, hatten ihre Gatten fest am Arm und bugsierten sie vor sich her, um
Diskretion besorgt.
    Hinter der Eingangstür lauerte Gumpi auf Peter.
Er machte ein Zeichen, daß er ihn sprechen wollte. Peter ging auf ihn zu.
    »Na, Gumpi, was gibt’s denn?«
    »Haben S’ gmerkt, was Ihna blieht, Herr Lehrer?«
    »Nein. Was denn?«
    Gumpi zeigte auf die hereinkommenden Eltern:
»No, was glauben S’, woher sie kommen?«
    Peter wußte es nicht. Dafür sah er, wo die ankommenden
Väter hingingen: Sie steuerten allesamt auf »Knaben« zu.
    »Vollgefressen sind sie, nichtern warn sie«,
klärte Gumpi ihn auf. »Und mir bleibt Vergnigen, heute noch amal alles wischen.
— Mechten mir sagen, Herr Lehrer, warum muß Pomfünäber sein, wann wir haben
Elternabend?«
    »Pomfünäber?«
    »No, das ist Begräbnis, was teirer is.«
    Frau Anders, die Verkäuferin vom Kaufhaus Hirn,
kam auf Peter zu und verdrängte Gumpi. »Ach, Herr Melchior, wie geht’s denn so
mit meinem Andi?«
    »Ganz gut«, versicherte Peter, während er mit
ihr den Gang hinunter auf sein Klassenzimmer zuging. »Wenn er nur aktiver am
Unterricht teilnehmen würde...«
    »Legen Sie ihm das man ja nicht als Faulheit
aus«, plusterte sie vorbeugend ihr Gluckengefieder. »Er traut sich einfach
nicht, den Mund aufzumachen, weil er der Kleinste in der Klasse ist. Außerdem
sind wir Zugereiste, und dann fehlt ihm der Vater. Als geschiedenes Kind...«
    »Frau Anders! Tut mir leid, wenn ich Sie unterbreche,
aber Ihr Andi ist das frechste und gerissenste Luder, das ich in der Klasse
habe. Der bringt dem Rest noch bei, worauf der selber nie gekommen wäre«,
lachte Peter.
    »Ach — « Frau Anders konnte Andimaus nicht mehr
verteidigen, weil Frau Zwicknagel und Frau Hiebler darauf warteten, von Peter
begrüßt zu werden.
    Er hatte bereits Fetzen ihres Gesprächs beim
Anstehen mitgekriegt: »Also, Erni, des sag i dir. Man soll Toten nichts
Schlechts nachreden. Außerdem kann der Verschiedene nichts dafür, wenn der Rindsbraten
nicht gereicht hat. Das ist alles sie, die Finkenzeller! Fürstliches
Leichenbegängnis, aber für die Trauerleut nicht genug Rindsbraten. Und ihre
schlechte Nachrede für den Toten, weil hat er sich mit dem Motorradi derrennt,
was er nicht nötig gehabt hat.«
    »Sein armer Bub ist jetzt eine Vollwaise«,
seufzte Frau Hiebler.
    »Erni, der Bub, ist dreißg Jahr alt! Da wird es
bei so einem verhätschelten Bamschabi Zeit, daß er eine Waise wird, weil wird
er sonst niemals nicht erwachsen.«
    Soweit Frau Zwicknagel und ihre Freundin Hiebler
beim Warten aufs Lehrerbegrüßen.
    Inzwischen schlichen Karlchen und Benedikt um
das Schulhaus herum, lauschten zu jedem Parterrefenster herauf, hatten endlich
gekippte Scheiben erreicht und das Rhabarberrhabarber von vielen Stimmen.
    »Hier ist es.« Karlchen hopste in die Höhe, um
hineinzuschauen.
    Bedauerte: »Es ist zu hoch. Ich komme nicht
ran.«
    Benedikt entfernte sich und rollte eine
Mülltonne unters Fenster.
    Karlchen erklomm sie, am Fensterbrett Halt
suchend, und zischte einen Lagebericht zu Benedikt abwärts, der die Tonne vorm
Umkippen bewahrte.
    Irgend jemand machte von innen das Fenster zu.
Nun war sie in ihrem Report ausschließlich aufs Optische angewiesen.
    »Jetzt kommt Peter — er gibt jedem die Hand —
wie die Mütter ihn mustern — von unten bis oben — ein Glück, daß er deinen
Schlips umhat.«
    Sie starrte fasziniert ins Klassenzimmer.
    »Was ist jetzt los? Erzähl mal!«
    »Das kann man nicht beschreiben, das muß man
sehen — «
    »Dann rück mal ’n Stück.« Benedikt hangelte sich
zu ihr hoch, die Tonne unter ihnen begann bedenklich zu schwanken.
    »Du hättest eine volle nehmen sollen, die steht
stabiler«, rügte Karlchen.
    »Und wenn die umkippt? Sammelst du den Mist auf?«
    »Immer denkst du an die Folgen. So kommst du nie
zu was.«
    Peter wies die ankommenden Eltern, nachdem er
sie mit Handschlag begrüßt hatte, auf die Plätze ihrer Kinder. Wenn sie zu
zweit gekommen waren, brauchten sie noch einen Stuhl.
    Stühle wurden vom Flur her wie Wassereimer bei
einem Großbrand weitergereicht und zwischen den Tischen plaziert. Endlich saßen
alle.
    Peter sprach mit flüssiger

Weitere Kostenlose Bücher