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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Melchior.
    Das Entzücken bei allen vieren war
offensichtlich.
    Und Karlchen stand vergessen an der Tür,
hoffend, daß einer der beiden einmal wenigstens zufällig zu ihr herüberschauen
würde, damit sie ihm durch Zeichen zu verstehen geben konnte, daß sie endlich
fahren wollte.
    Benedikt hatte das Pech, ihre ungeduldige
Pantomime aufzufangen. »Karlchen will fahren«, sagte er zu Peter, der sie mit
»Gleich« vertröstete.
    Die Finkenzellertöchter schauten in die
Richtung, in die er gerufen hatte, und man sah ihnen an, wie sie überlegten:
Welche Rolle spielt das Mädchen mit den vielen Sommersprossen wohl im Leben
dieser attraktiven männlichen Neuzugänge.
    Tja, welche Rolle spielte Karlchen? Im
Augenblick kam sie sich wie die kleine Schwester vor, die bloß stört.
    Am liebsten hätten die beiden sie wohl allein
nach Hause geschickt.
    Wie fragil war doch ihre Dreierfreundschaft. Wie
leicht zerstörbar. Kaum tauchten zwei dumme Gänse auf (Karlchens subjektive
Meinung von den Finkenzellerinnen) — schon war einer von ihnen zuviel. Karlchen
wollte nicht zuviel sein.
    »Ich warte draußen«, rief sie in den Saal und
klappte die Tür hinter sich zu.
     
    Sie hockte auf dem Kühler des Sportwagens, als
Benedikt und Peter nach einer Ewigkeit — so kam’s ihr vor — das Wirtshaus
verließen.
    »Tut uns leid — aber wir konnten nicht so abrupt
aufbrechen, gerade wo er uns seine Töchter vorgestellt hatte«, sagte Benedikt.
    »Macht ja nichts«, sagte Karlchen mit dem leicht
klebrigen Ton der Beleidigten. »Hauptsache, ihr habt euch amüsiert.«
    »Du hättest ja auch noch bleiben können.«
    Peter öffnete die Wagentür für sie. »Rutsch
durch in die Mitte«, und stieg rechts ein. Karlchen machte sich dünn, damit
Benedikt Platz am Steuer hatte. Sie fuhren in die Nacht.
    »Wie die mich heute abend ausgefragt haben. Die
Zwicknagel und die Hiebler...«, lenkte sie die männlichen Gedanken auf sich
selbst zurück. »Kein Aas glaubt uns, daß wir drei bloß Freunde sind.«
    »Die Finkenzellertöchter glauben es auch nicht«,
meinte Benedikt.
    »Und das tut euch jetzt leid.«
    »Nö, wieso?«
    »Findet ihr sie hübsch?«
    »Na ja — «, meinte Benedikt vorsichtig.
    Sie sah Peter an: »Und du?«
    »Halt so.«
    »Welche findet ihr hübscher? Die Blonde oder die
Dunkle?«
    »Ist eine blond und eine dunkel, ja? Ist mir gar
nicht aufgefallen. Dir, Benedikt?«
    »Nee, aber Karlchen. Karlchen, ist dir noch was
aufgefallen?«
    »Die beiden sind scharf auf euch.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »So was spürt man als Frau.«
    Peter beugte sich zu Benedikt hinüber: »Hörst
du? Karlchen spürt. — Im Grunde wär’s gar nicht so übel. Wir sind jetzt lange
genug platonisch rumgegurkt.«
    »Vermißt ihr denn was?« fragte sie besorgt.
    »Ab und zu schon«, gab Peter zu.
    »Und du?«
    Benedikt machte »Hm«, und Karlchen lehnte sich
zurück: »Also auch.«
    Benedikt fuhr langsam, nachdem ihm vor zwei
Tagen beinah ein Rehbock auf den Kühler gesprungen war. Im Scheinwerferlicht
sah man kleine Igel, die sich beim Nahen des Motorengeräusches einigelten in
der rührenden Zuversicht: solange sie ihre Stacheln aufstellten, konnte ihnen
kein Autoreifen ans Leben.
    »Also wenn ich mir vorstelle, daß wir an Peters
erstem Elternabend auf einer Leichenfeier landen und ihr auf selbiger zwei
Mädchen aufreißt...!« sagte Karlchen aus tiefen Gedanken heraus.
    »Tja, wie das Leben so spielt. Das schreckt auch
vor nichts zurück«, gab Benedikt ihr recht.
    Kurz bevor sie zum Hof einbogen, stieg ein
tiefer Seufzer aus Karlchens Brust.
    »Nun braucht ihr mich ja nicht mehr.«
    »Aber, unser Karlchen, wie kannst du denn so was
    sagen!«
    »Wenn ihr jetzt Mädchen habt...«
    »Erstens haben wie sie noch nicht, und zweitens
bleibst du immer unser bestes Stück«, versicherte Peter.
    »Bestes Stück«, murrte sie.
    »Unsere liebste Freundin«, verbesserte Benedikt.

7
     
    An
einem Samstag in der zweiten Pause traf Peter nur seine Kollegin Christl Schäfer
im Lehrerzimmer an. Sie stand am Fenster, rauchte und heulte. »Na, Schäferin?
War die alte Fregatte auch in deiner Klasse?«
    Als Fregatte bezeichnete er die voluminös und
energisch dahersegelnde Schulrätin, die überraschend in einigen Klassen am
Unterricht teilgenommen hatte.
    Peter hob geziert die Handflächen und imitierte
ihre saccharinsüße Stimme: »Machen Sie ruhig weiter, lieber Kollege, ich will
überhaupt nicht stören. Ich bin ganz Mäuschen.«
    »Ja, ja, Mäuschen«,

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