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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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fuhr Christl herum.
»Hinterher hat sie mich runtergeputzt, und das auch noch vorm Nachtmann.«
    »Mit mir war sie ganz zufrieden«, sagte Peter.
»Ja, du! Du hast bestimmt mit ihr geflirtet. Bei mir war’s ein Alptraum. Die
Hälfte der Klasse hatte ihre Hefte vergessen. Ausgerechnet die größten
Schmierfinken hatten ihre mit. Geschwätzt haben sie und gekichert, und einer
hat die Fregatte gefragt, woher sie so einen großen Busen hat. Das
Pausenklingeln kam mir vor wie Osterläuten.«
    »Arme Schäferin«, lachte Peter.
    »Mir fehlt die nötige Autorität, hat sie gesagt.
Wenn ich so weitermache wie bisher, werde ich mich nie durchsetzen. Ja, soll
ich denn herumbrüllen und prügeln wie Schlicht und pausenlos idiotische
Strafarbeiten aufgeben? Manchmal frage ich mich wirklich, ob das der richtige
Beruf für mich ist.«
    Es klingelte zur nächsten Stunde. Christl Schäfer
drückte ihre Zigarette aus und nahm einen Stapel Hefte auf.
    Peter sah ihr mitleidig nach. »Was soll ich nun
sagen? Soll ich dich trösten — oder beschimpfen, weil du so wenig
Selbstvertrauen hast?«
    »Nicht schimpfen, sonst heule ich wieder los. Hab
zur Zeit nah am Wasser gebaut.«
     
    Nach der letzten Stunde rannte Peter zum
Metzger. Er hatte einige Einkäufe zu erledigen, bevor der Schulbus abfuhr.
    Im Laden war es bumvoll. Frau Zwicknagel sah ihn
hinten stehen und rief: »Sie, Herr Melchior, ich hab Ihnen schon alles
hergerichtet.«
    Er nahm eine große, schwere Plastiktüte in
Empfang. »Was macht’s denn?«
    »Zehn
Mark«, sagte sie, ohne nachzuschauen. Das war viel Gewicht für zehn Mark.
    Er lief weiter zum Bäcker, die Tüte mit den
Semmeln riß, er sammelte sie vom Pflaster auf, fluchte dabei »Wozu brauchen wir
zehn Semmeln«, fünf aufzuheben hätte vollauf genügt, und stand unversehens Christl
Schäfer gegenüber.
    »Heb mal mein Fleisch an. Alles für zehn Mark.« Christl
öffnete eins der Päckchen in der Tüte. »Da sind ja Steaks bei! Weißt du, was
die kosten?«
    »Eben nicht. Komm, rühr jetzt nicht in meiner
Ehre rum. Ich hab der Zwicknagel x-mal gesagt, sie soll so was nicht machen,
ich geb ihrem Fonsä deshalb keine besseren Noten. Aber auf dem Ohr ist sie
taub.«
    »Bei mir hat’s die Krämersfrau versucht. Na, ich
sag dir, einmal und nie wieder. Ich hab sie fertiggemacht.«
    »So rabiat mag ich nicht sein.«
    »Dir fehlt eben der Mut, dich unbeliebt zu
machen«, rügte sie ihn.
    »Kann sein, Schäferin. Dir fehlt er jedenfalls
nicht.«
    Sie brachte ihn zur Bushaltestelle.
    »Bei deiner Veranlagung, dich anzupassen, hätte
eigentlich was Bedeutenderes aus dir werden können als Volksschullehrer.«
    »Das sagt meine Mutter auch immer«, lachte
Peter. »Was machst du am Wochenende?«
    Sie hob lustlos die Schultern. »Was soll ich
machen außer lesen, Wäsche waschen, die Wände anstarren. Am vorigen Wochenende
war die Kassiererin vom Kino, die mir eine Karte verkauft hat, die einzige
Person, mit der ich gesprochen habe.«
    »Das ist ja schauerlich«, entsetzte sich Peter.
    Der Bus, der in den Marktplatz einbog, beendete
ihr Gespräch. »Servus, Schäferin, alles Gute — bevor dir die Decke auf den Kopf
fällt, komm zu uns raus, hörst du?«
    Kurz bevor er einstieg, verlor er noch einmal
drei Semmeln.
    Christl blickte dem Bus nach. Immer diese vagen
Einladungen, dachte sie. Kann er nicht konkret sagen: Komm nach Tisch, hau dich
unter einen Baum, nachher trinken wir einen Tee zusammen. Er hatte wohl Angst,
sie könnte ihm wieder ihre Sympathie gestehen, was sie einmal auf der Rückfahrt
von einem Seminartag getan und anschließend sehr bereut hatte.
    Christl war hier so allein, daß sie manchmal
glaubte, gemütskrank zu werden.
     
    Als Peter heimkam, saß Herr Müller-Mallersdorf
auf der verwitterten Hausbank, ein Handtuch über den Schultern. Karlchen
schnitt ihm die Haare.
    »Du spinnst doch mit dem Kerl«, sagte er und
trug seine Einkäufe in die Küche, sah sich dort forschend um. »Was fehlt denn
hier — es ist irgendwie leerer.«
    »Karlchens Unordnung«, sagte Benedikt.
    »Wieso packt sie heute schon, sie wollte doch
bis Montag bleiben?«
    »Ich hab ein Telegramm gekriegt«, sagte sie
tragisch. »Ich muß heim.«
    »In
den Westerwald? Macht keine Witze.«
    »Marianne
hat sich den Arm angeknackst, ich muß für sie die Glasuren machen.«
    »Aber du kommst doch wieder!?«
    Karlchen zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Wenn
sie mich erst mal an der Leine haben, lassen sie mich so schnell nicht wieder
laufen. Vor

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