Drei sind einer zuviel
auf den Sitz geschmiert. — Dabei ist er nicht blöd. Aber faul ist er und
obstinat! Er wird immer aufsässiger!«
Jetzt griff Peter ein: »Der Loisl hat eine echte
Lernschwäche, Herr Zwicknagel. Er kann nichts dafür.«
»Ah,
gehn S!«
»Das
kommt gar nicht so selten vor. Aber man kann was dagegen tun. Es gibt Lehrer
auf Sonderschulen, die speziell dafür ausgebildet sind.«
»Ja«,
sagte Frau Zwicknagel, »das hat mir der Nachtmann heute auch gesagt.«
»Und
warum hast mir nix davon gered’t?« fuhr ihr Mann sie an.
»Dir, Alfred? Du gehst doch gleich an die
Decke.«
Zwicknagel sah sie der Reihe nach erschüttert
an. »Mein Bub auf einer Sonderschul! Ja, gibt’s denn des! Von unserer
Familie war noch keiner nicht auf einer Hilfsschul. Diese Schand! Wenn das die
Leut erfahren...«
»Hör auf zu greinen«, unterbrach ihn die
Metzgerin ärgerlich. »Hauptsach, der Loisl ist gesund. Jetzt gibt’s einen
Schweinsbraten. Ihr zwei eßt mit, Herr Melchior, aber fangt’s mir vorher meinen
Buben ein.«
Benedikt und Peter dachten kurzfristig an Karlchen.
Bestimmt hatte sie etwas fürchterlich schmeckendes Gutgemeintes zusammengekocht
und wartete nun mit vielen Entschuldigungen, die sie als Beilage zu servieren
pflegte, auf ihre Heimkehr.
Schweinsbraten
mit Kruste und Knödeln waren stärker als ihr schlechtes Gewissen.
Peter
stand in der Zehnuhrpause am Fenster des Lehrerzimmers und aß sein Pausenbrot.
Frau Sommerblühn goß ihm gerade eine Tasse von ihrem Thermoskannenkaffee in
einen Pappbecher, als der Lärm, der vom Schulhof heraufdrang, bedrohlich
anschwoll.
Unter
der alten Linde ballten sich kampffreudige Knaben. »Pengpengpeng — Geld her
oder Leben! — Peng! Peng! — Hilfe!!! Überfall!!! Polizei!!!« Oberlehrer
Schlicht und Christl Schäfer, die die Aufsicht hatten, kamen herbeigerannt und
versuchten, die Massenprügelei in Einzelteile zu zerlegen.
»Die spielen Raubüberfall«, meinte Frau
Sommerblühn, die ebenfalls ans Fenster getreten war. Peter sah, wie Schlicht
Andi Anders von unterst zu oberst zog und vor sich her zur Tür bugsierte. »Der
Andi«, begriff Peter endlich und rannte aus dem Lehrerzimmer die Treppen
hinunter.
In der Eingangshalle traf er auf Schlicht und
den Jungen. »Andi!« Er riß ihn dem Oberlehrer aus der Kralle. »Was haben sie
mit dir gemacht?« Einen Moment war Schlicht sprachlos vor Entrüstung, aber nur
einen Moment lang. »Herr Kollege! Erklären Sie mir Ihr unmögliches Verhalten.
Sie nehmen den Bub in Schutz...«
»Ja, Peter, das versteh ich auch nicht«, mischte
sich Christl Schäfer ein, die nachgekommen war. »Die Jungen haben ganz
friedlich Banküberfall gespielt. Da ist der Andi plötzlich wie ein Stier
dazwischen und fängt eine Prügelei an.«
Andi sah Peter haßerfüllt an. »Sie haben
Banküberfall in Regensburg gespielt!«
»Hat dich einer angegriffen?«
»Nein, aber — «
»Da
hören Sie’s!« fuhr Schlicht dazwischen. »Mein Papa ist kein Bankräuber!«
»Wie kommst du denn darauf?« fragte die Schäfer.
Peter sah Andi an. »Geh in deine Klasse und laß
dich mit keinem mehr ein. Verstanden?«
Der nickte und rannte los, hielt noch mal an,
sah sich besorgt um: »Kann ich jetzt noch Sheriff sein?«
Schlicht brach zusammen. »Andere Sorgen hast du
nicht?« brüllte er hinter ihm her und klatschte in Ermangelung eines greifbaren
Andi seine Rechte auf einen steinernen Spucknapf. Dabei tat er sich erheblich
weh, worüber Peter grinsen mußte.
Peters Grinsen verwandelte den Schmerz in
Jähzorn.
»Sie-! Sie sind mir noch eine Erklärung
schuldig!«
»Andis Vater ist wegen Beihilfe beim
Regensburger Bankraub angeklagt. Das ist furchtbar für den Jungen. Er hat
geglaubt, die anderen wollten ihn mit ihrem Spiel hänseln. Darum griff er an.«
Schlicht interessierten weder Fakten noch Gefühle außerhalb seines
Amtsbereichs.
Es ging ihm ausschließlich darum, daß Andi
während seiner Aufsicht eine Prügelei angefangen und daß LAA Melchior
parteiisch in seine — Schlichts — Kompetenzen eingegriffen hatte. »Dieser
Korinthenkacker«, sagte Peter zu Christl Schäfer und ging davon.
Als Peter mittags heimkam, sah er ein Fahrrad an
der Hauswand lehnen.
»Haben wir Besuch«, fragte er Benedikt, der ihm
entgegenging.
»Frau Anders ist da.«
Sie saß in der Küche. Karlchen hatte Kaffee
gemacht.
Die Neuigkeit betraf Herrn Hirn, den Besitzer
des Kaufhauses. »Er möchte mich vorläufig nicht im Verkauf beschäftigen. Die
Leute könnten Anstoß
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