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Drei Unzen Agonie

Drei Unzen Agonie

Titel: Drei Unzen Agonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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setzte sie die Brille
auf, und ihr Gesicht gefror.
    » Mr. Boyd! «
    »Wenn Sie das so enttäuscht,
warum nehmen Sie die Brille nicht wieder ab ?« meinte
ich leichthin. »Sie können mich ruhig weiterhin Charles nennen .«
    Verschreckt wich sie vor mir
zurück und stolperte über den Couchtisch hinter ihr. Einen Moment wedelten ihre
Arme wild durch die Luft, dann fiel sie hintenüber. Mit einem Plumps landete
sie auf dem Boden, verzweifelt strampelnd. Ich beobachtete hingerissen das
Schauspiel, das sich mir bot. Schließlich fand sie ihr Gleichgewicht, rollte
sich auf den Bauch und richtete sich langsam auf. Sie schluchzte vor Wut,
während sie sich hochrappelte, zum Sofa hinüberwankte und sich darauf
niederfallen ließ. Sie vergrub das Gesicht in den Kissen, ihre Schultern
zuckten. Ich dachte mir, daß es einige Zeit dauern würde, ehe sie sich
beruhigte, und ließ mich deshalb mit einer Zigarette in der Sofaecke nieder.
Als ich den Stummel im Aschenbecher ausdrückte, hatte das Zucken ihrer
Schultern aufgehört. Nur hin und wieder war noch ein leises Schnüffeln zu
vernehmen.
    »Als ich Sie gestern zum
erstenmal sah, dachte ich mir gleich, daß stille Wasser tief sind, Ursula«,
bemerkte ich im Konversationston. »Sie wirkten weich und anschmiegsam, als Sie
mir gestern die Tür öffneten. Ihre Stimme war ein wenig erregt und so
verheißungsvoll. Aber als ich Ihnen sagte, wer ich war, veränderten Sie sich
schlagartig. Ich gewann den Eindruck, daß Sie einen anderen Mann erwartet hatten.
Ich war nicht einmal sicher, dasselbe Mädchen vor mir zu haben, als Sie später
angekleidet wieder ins Wohnzimmer kamen. Und dann fiel mir ein, wie unsicher
Sie ohne Ihre Brille gewesen waren. Vielleicht hatten Sie also tatsächlich
gehofft, daß der unerwartete abendliche Besucher ein ganz besonderer Gast wäre,
hm? Jemand, der Ihnen so viel bedeutete, daß Sie es in Kauf nahmen, halb blind
durch die Gegend zu irren, nur damit dieser Jemand Ihre wunderschönen blauen
Augen zu sehen bekäme.«
    Sie richtete sich langsam auf,
nahm die Brille ab und wischte sich die Augen mit einem Taschentuch. Dann
setzte sie die Brille wieder auf und sah mich mit einem Ausdruck hoffnungsloser
Verzweiflung an.
    »Sehen Sie, wenn sich zwei
Menschen dieselbe Geschichte zurechtlegen, dann besteht häufig auch die Gefahr,
daß sie sie in den gleichen Worten erzählen. Als ich heute mit Fremont sprach,
war mir, als hörte ich Sie sprechen«, fuhr ich fort. »Nur die Stimme war eine
andere — die Worte waren die gleichen. Er schlug sogar vor, ich sollte mich mit
Ihnen unterhalten. Sie könnten mir von den gräßlichen Auftritten berichten, die
sich in Maxine Lords Büro abgespielt hätten. Er erzählte mir, auf was für eine
gemeine Art sie die Schwächen ihrer Mitmenschen ausnützt .« Ich zuckte die Schultern. »Der gute Fremont hat einen Fehler: Er forciert die
Dinge zu sehr. Wenn man jemanden auf den Leim führen will, muß man sich stets
an das erste Gebot erinnern, das da heißt: Manchmal ist es klüger,
Zurückhaltung walten zu lassen .«
    »Ich weiß gar nicht, wovon Sie
sprechen«, flüsterte sie.
    »Fremont war vermutlich außer
sich, als Maxine ihm mitteilte, daß sie nicht vorhätte, ihn zu heiraten. Er
begann Maxine zu hassen und hatte nur ein Ziel: sich zu rächen. Er wollte sie
an ihrem wundesten Punkt treffen. Und dann kam ihm der Einfall, die neue
Parfümformel zu stehlen. Um eine absolut vernichtende Wirkung zu erreichen,
mußte er sich vergewissern, daß sie von dem Diebstahl erst dann erfuhr, wenn
sie das neue Erzeugnis schon auf den Markt gebracht hatte. Es gab drei Wege,
sich die Formel zu beschaffen, ohne daß sie davon erfuhr: über Leo Stahl, der
die Formel ausgearbeitet hatte, über Jonathan und über Sie. Und daraufhin
begann er, sich etwas eingehender mit Ihnen zu befassen .«
    »Bitte!« Ihre blauen Augen
schwammen in Tränen. »Bitte, tun Sie mir das nicht an .«
    »Ich habe keine Wahl«,
versetzte ich kühl. »Fremont sah eine geschäftsmäßig kühle, außerordentlich
tüchtige Sekretärin mit dicker Brille und, auf den ersten Blick, ohne jeden
weiblichen Charme. Es spricht alles dafür, daß er auf Grund seiner engen
Freundschaft mit Maxine wußte, wo Ihre Achillesferse saß. Maxine wird doch
sicherlich auch in seiner Anwesenheit nicht mit Sticheleien und Anspielungen
auf das traurige Schicksal einer alten Jungfer gespart haben. Fremont jedoch
schürfte tiefer und entdeckte, daß unter dem eisernen Panzer

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