Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
Wünsche werden nicht dafür sorgen, dass du dir vollständiger vorkommst, als du’s jetzt schon tust. Jedenfalls nicht lange.«
Ich rechne damit, dass sie ärgerlich zurückschnappt und mich zurechtweist, wie sie es so gern macht. Stattdessen streift ihr Blick den Fußboden, wässrig und wund von irgendetwas zwischen Verletztheit und Scham. Sie wendet sich wieder ihrem Block zu.
Ich winde mich innerlich.
Sie ist einfach nur eine Sterbliche. Ich sollte wegen einer Sterblichen keine Schuldgefühle haben. Schließlich ist es ihre Schuld, dass sie bloß einen Pseudowunsch hat. Aber mehrere Sekunden vergehen ohne ein Wort, und der Knoten in meinem Magen wird größer.
In Ordnung.
»Ich habe dich nicht ausgelacht«, murmele ich. So. Und, zufrieden?
Sie blickt nicht auf.
»Sei nicht wütend. Ich muss es dir wirklich lassen, du bist tough – die meisten Leute hätten sich das mit der Zugehörigkeit inzwischen gewünscht. Ich sage nur, selbst wenn du es dir wünschst, wirst du dich nicht anders fühlen, solange du nicht rausfindest, was es ist, das dafür sorgen würde, dass du dich … zugehörig fühlst.«
»Du verstehst es eben nicht«, sagt sie mit einem Nachdruck, den ich noch niemals gehört habe. »Wahrscheinlich sitzt du den ganzen Tag in Caliban rum, wo alles perfekt und vollkommen ist, und … was machst du überhaupt da? Wie hab ich eigentlich erwarten können, dass du mich verstehst?« Sie schüttelt den Kopf.
Viola merkt gar nicht, dass sie mir gerade zwei direkte Fragen gestellt hat. Um ehrlich zu sein, ich brauchte keine davon zu beantworten – sie rechnet nicht damit, also spüre ich kein Ziehen. Nichtsdestoweniger, ich verdrehe die Augen und antworte, obwohl ich es eigentlich lieber vermeiden würde – vielleicht in der Hoffnung, danach ein weniger schlechtes Gewissen zu haben.
»Deine Eltern sind ausgegangen, weil sie ihren Jahrestag feiern wollen?«, frage ich verlegen, während ich gleichzeitig den Kopf drehe und zum Fernseher hinüberstarre.
Die Frage erregt Violas Aufmerksamkeit. Sie blickt auf und nickt, während ich mich darauf zu konzentrieren versuche, dass Keanu auf dem Bildschirm gerade Löffel verbiegt.
Es ist einfach nur peinlich. Vielleicht wäre ich mit dem schlechten Gewissen doch besser dran gewesen.
»Hat er ihr Blumen mitgebracht?« Ich werfe einen Blick zu ihr hinüber. Sie nickt wieder, und der Wunsch, jemand möge ihr Blumen mitbringen, ist in ihren Augen zu lesen. Wie üblich spricht sie ihn nicht aus. Sterblichenstolz. Ich kämpfe das Bedürfnis nieder, die Augen zu verdrehen, und frage stattdessen weiter. »Was für welche?«
»Rosen. Sie haben auf der Anrichte gestanden, als ich nach Hause gekommen bin, kurz bevor ich dich … gerufen habe.«
»Welche Farbe?«, frage ich.
»Hellrosa, glaube ich.«
Ich sehe auf meine Hände hinunter, während ich antworte. »Hellrosa. Das steht für … Anmut, Bewunderung und nobles Betragen. Außer er hat es spezifisch als Pastellfarbe gemeint, denn pastellfarbene Rosen bedeuten Freundschaft. Wenn sie eher in Richtung Korallenrot gegangen sind, dann ist es Begehren. Das ist es, was ich den ganzen Tag in Caliban tue. Ich trage Sträuße für den Floristen aus.« Ich warte darauf, dass sie sich über mich lustig macht – viele von den anderen Dschinn tun es.
Stattdessen vergehen mehrere Sekunden in absolutem Schweigen. Irgendwann hebe ich den Kopf und stelle fest, dass Viola mich mit ratlosem Gesichtsausdruck anstarrt.
»Du bist der Blumenjunge?«, fragt sie schließlich. Ihre Mundwinkel zucken in einem schlecht verborgenen Lächeln.
»Ich bin Floristenbote – vergiss es, ich hätte es gar nicht erst sagen sollen!«, knurre ich. Das hat man davon, wenn man sich auf eine Unterhaltung mit seiner Herrin einlässt.
»Nein, bitte sei nicht sauer«, sagt sie, doch ich höre noch Spuren von Gelächter in ihrer Kehle – einem tiefen Gelächter, ganz anders als das helle Sprudeln, wenn sie in Gesellschaft ihrer Mitschüler lacht. Ihre Augen funkeln. »So war es nicht gemeint. Es ist einfach nicht das, was ich erwartet hätte. Warum Blumenbote? Wird das denn gut bezahlt?«
Ich stütze den Kopf in die Hand. Ich hätte nie auch nur versuchen sollen, es zu erklären. Jetzt will sie eine Antwort, will wirklich eine, und obwohl ich sie zu ignorieren versuche, ziehen die Fragen an mir, bis das Gefühl des Sogs nicht länger zu ertragen ist.
»Nein, es wird nicht gut bezahlt. Genau genommen wird es überhaupt nicht bezahlt –
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