Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
schon wieder. »Was hast du noch für Wünsche gewährt?«
Die direkte Frage zerrt an mir, aber es ist nicht überwältigend – sie fragt einfach nur, sie verlangt keine Antwort. Eine hübsche Abwechslung den meisten Herren gegenüber , denke ich, bevor ich antworte. »Meistens das Übliche. Geld, Erfolg, Liebe. Einmal hab ich für eine Frau einen Hund ins Leben zurückgeholt, das war interessant – komischer Wunsch, habe ich gedacht, aber es hat sie wirklich glücklich gemacht. Das sollte ich dir eigentlich auch nicht erzählen. Erste Vorschrift, glaube ich. Aber hey, vielleicht liefert es dir ja ein paar mögliche Ideen, wenn ich dir von den Wünschen anderer Leute berichte.«
»Du hast einen Hund zurückgeholt?«, fragt Viola. »Das … das war ein wunderschöner Wunsch.«
»Yeah, wahrscheinlich.« Ich spiele die Sache herunter, aber um ehrlich zu sein, es war auch einer von meinen Lieblingswünschen.
»Es gibt also nichts, was du nicht gewähren kannst? Keine Einschränkungen?«, hakt Viola nach.
Ich zucke die Achseln. »Mehr oder weniger. Das heißt, nein, es gibt wohl doch ein paar. Ich kann Wünsche nach weiteren Wünschen nicht gewähren. Oh – und ich kann dich nicht zu einer Nixe machen.«
»Wie bitte?« Viola zieht die Brauen hoch und lächelt.
»Vor ein paar Jahren hatte ich eine Herrin, die Delphine oder Wale oder irgend so was für Vorführungen ausgebildet hat. Jedenfalls, sie hat sich gewünscht, dass ich sie zu einer Nixe mache.«
»Haben diese Ältesten, von denen du immer redest, etwa eine strikte Anti-Nixen-Vorschrift erlassen?«
»Nein. Ich kann nun mal nicht ändern, was jemand ist. Nur wie derjenige ist, wenn das irgendeinen Sinn ergibt.«
»Oh. War sie traurig, als du ihr das nicht geben konntest?«
»Meine Herrin?«, frage ich überrascht. »Ich nehm’s an. Ich kann mir vorstellen, dass sie geweint hat. Ich weiß es nicht so genau …« Meine Stimme verklingt, denn aus irgendeinem Grund beschämt es mich, dass ich auf Violas Frage keine Antwort habe.
Sie lächelt mich an, und in ihren Augen entdecke ich eine süße Traurigkeit, bevor sie sich das Haar vors Gesicht fallen lässt. Es lenkt mich eine Sekunde lang ab, so dass ich beinahe den Wunsch übersehen hätte, der kurz in ihren Augen aufblitzt. Ich kann ihn nicht recht erkennen – es ist etwas Tiefes, etwas, das sie mir nicht erzählt hat, etwas, von dem ich das Gefühl habe, sie hat es noch nie jemandem anvertraut. Wie kommt es, dass ich diesen Wunsch nicht wahrnehmen kann?
»Was ist es?«, frage ich. Ich bin normalerweise sehr gut darin, in Sterblichen zu lesen …
Viola presst die Lippen zusammen und weicht meinem Blick aus. »Ich habe keine solchen Wünsche. Ich meine, ich weiß schon, was ich mir gern wünschen würde – irgendwo dazugehören, zu etwas, zu jemandem. Aber ich will nur deswegen dazugehören, damit ich mich wieder … vollständig fühlen kann statt wie auseinandergebrochen, weil ich Lawrence verloren habe …«
»Er ist immer noch dein Freund, du hast ihn nicht verloren.«
»Doch«, unterbricht sie mich. »Das habe ich. Vielleicht nicht ihn , nicht eigentlich, aber ich habe etwas verloren. Etwas in mir ist zerbrochen, als ich gemerkt habe, dass ich nicht mehr geliebt werde, dass ich ihn nicht mehr so lieben kann wie davor. Allerdings kann ich mir nicht einfach wünschen, wieder vollständig zu sein – du hast selbst gesagt, es hält nicht vor. Sich zu wünschen, dass man glücklich ist, ist nicht von Dauer. Also würde ich wohl erreichen , dass ich mich wieder vollständig fühle, wenn ich dazugehören könnte, statt unsichtbar zu sein. Trotzdem will ich mir nicht wünschen , dazuzugehören. So armselig will ich einfach nicht sein, dass ich so was nötig habe.« Ihre Stimme wird leiser. »Ich weiß es einfach nicht.«
Ich lache. Ich hatte das nicht vor, aber ich kann nicht anders – kein Wunder, dass ich den Wunsch in ihr nicht lesen konnte. Es war gar kein echter Wunsch.
Violas Augen funkeln ärgerlich. »Schön, dass du das witzig findest.«
Ich kichere wieder. »Nein, es ist nur schlicht nicht möglich, ein zerbrochener oder ganzer Mensch zu sein. Man kann immer nur ein Mensch sein. Du kannst bloß existieren, du kannst bloß zu dir selbst gehören, und du kannst nur für dein eigenes Glück oder deine Zugehörigkeit oder was auch immer verantwortlich sein. Diese ganze Zerbrochenheit-Fragment-Teil-Ganzes-Sache ist etwas, das der sterbliche Verstand sich nur einbildet. Drei
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