Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
mir.
Viola will es nicht wirklich wissen – die Frage zieht kaum merklich an mir. Wahrscheinlich weil sie schon ahnt, was sie tun muss. Sie will es nur noch mal von mir hören, nur wissen, dass es keine andere Möglichkeit gibt.
»Du würdest noch mal wünschen müssen«, sage ich und wende dann den Blick ab. Ein Gefühl, das ich nicht kenne, breitet sich in mir aus, als ich die Worte ausspreche, eine Art von Krümmen zwischen Magen und Herz. Der Ifrit wirft mir einen strengen Blick zu und verschwindet. Viola holt tief Luft und sagt mehrere Sekunden lang nichts mehr.
»Es tut mir leid«, sagt sie schließlich fest. Kann sie mich lesen auf die Art, wie ich sie lesen kann? Weiß sie, wie sehr ich mir wünsche, sie würde sich nichts wünschen? Ihre Stimme wird zu einem Flüstern. »Ich muss.«
»Ich verstehe«, sage ich. Er ist ein großartiger Ifrit. Es war ein guter Drücker. Und es ist meine eigene Schuld, dass sie sich etwas gewünscht hat und ich sie nun verliere im Austausch gegen eine Welt der Stille und der Solidarität. Ich stehe auf. Ich möchte dies nicht tun, ich will in diesem Moment alles lieber sein als ein Wünschegewährer.
Viola sieht nicht mich an, sondern Ollie, deren Hände und Kleidung voller Erde sind und deren Gesicht vom Weinen geschwollen ist. Sie streckt die Hand aus und legt sie Ollie auf den Arm.
»Ich wünsche mir, dass Ollie wieder okay ist«, sagt sie fast im Flüsterton. Sie schließt die Augen, als sie den Satz ausspricht. Sie schaut mich nicht an dabei, und ich bin froh darüber, weil ich weiß, dass mein Gesicht zu einer fürchterlichen Grimasse verzogen ist. Ich kämpfe dagegen an, obwohl ich die Gewissheit habe, dass es zwecklos ist – der Wunsch zieht an mir wie eine starke Welle. Ich warte bis zum allerletzten Moment, bevor ich ihn gewähre, und die Welle braust mit solcher Gewalt über mich hinweg, dass ich beinahe zu ertrinken glaube. Schließlich lege ich einen Arm über den Bauch und den anderen in den Rücken und verneige mich langsam.
Vor Viola. Vor meiner Herrin . Wie konnte ich sie nur verletzen? Was habe ich getan?
»Wie du wünschst.«
19
Viola
I ch blicke Dschinn in die Augen, als er die Worte ausspricht. Er sieht mich anders an, als Aaron es tut. Als könnte ich jede Haarfarbe und jede Größe haben, krank oder gesund, dick oder dünn sein oder im Sterben liegen, und er würde mich immer noch auf die gleiche Art betrachten. Der Regen lässt seine Haut glatt und wie poliert wirken, und er sieht weniger menschlich aus als jemals zuvor. Als er sich aus der Verneigung aufrichtet, bricht er den Blickkontakt ab, um in den Himmel hinaufzuspähen.
»In Caliban regnet es nicht«, sagt er und lässt sich die Regentropfen ins Gesicht prasseln. Ich folge seiner Blickrichtung zu den Wolken hinauf, und dann fällt mir Ollie wieder ein. Mein Blick schießt zu den Büschen hinüber, wo sie saß, schmutzig und weinend. Sie ist fort. Ein helles, apfelfarbenes Lachen hallt von irgendwo im Haus her durch den Garten. Ich sehe durchs Fenster ins Innere.
Ollie sitzt auf der Küchenanrichte, gerahmt von den rosa Vorhängen des Fensters. Ihr Haar fällt in wundervoll zerzausten Locken herab, und ihre Zähne sind leuchtend weiß. Ihre Haut hat wieder den Honigton angenommen, und als sie sich umdreht, schimmert das weiße Tattoo auf ihrem Rücken wie eh und je. Mehrere Jungen umringen sie, und sie lächelt ihnen zu, springt dann von der Anrichte und verschwindet aus meinem Blickfeld.
»Es hat funktioniert«, sage ich leise.
Dschinn wendet den Blick vom Himmel ab, und einige Regentropfen rollen ihm die Wangen hinunter wie Tränen.
»Ja.« Er holt Luft und spricht schnell, in einem Ton, der zu beiläufig ist, als dass er echt sein könnte. »Ich hab die Erinnerung daran, wie Aaron sie verlassen hat, komplett abgedeckt. Ich kann Erinnerungen nicht auslöschen, nicht wirklich – so stark ist Dschinnmagie nicht …«
»Es tut mir leid«, unterbreche ich ihn, und meine Stimme klingt atemlos.
»Das braucht es nicht«, antwortet Dschinn, während er in das nasse Gras hinunterstarrt. »Es ist meine Schuld.« Seine Kiefermuskeln sind angespannt, und ich entdecke einen verletzten Ausdruck in seinen Augen. Aufmerksam beobachte ich ihn im stärker werdenden Regen und sehne mich danach, seine Wünsche lesen zu können, so wie er meine liest.
»Wie meinst du das?«, frage ich, während ich in seinem Gesicht forsche. Es ist nicht deine Schuld. Es ist meine.
Dschinn zögert und reibt
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