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Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
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den für das Silberherz gebotenen Preis für schändlich hielt (so hatte sie gesagt), musste das bedeuten, sie werde ihr zu einem besseren verhelfen.
    Und just das geschah.
    Theda erkannte den Stand, zu dem Elsi sie führte, gleich wieder. Wegen des Porzellanengels, der immer noch inmitten des Trödels hockte, zwischen dem sie nun auch Stücke von einigem Wert entdeckte, wegen des ungemein ausladenden Bauches und des verschmitzten Gesichts des Trödlers, zuletzt auch, weil der Stand dem des Samenhändlers direkt gegenüberstand. Wenn sie nun doch noch einen guten Preis erzielte, wollte sie einige Tütchen für den Garten ihrer Mutter erstehen. Nur Blumen, dachte sie fröhlich. Meyer-Hohne hatte einmal gesagt, in Gottes freier Natur gebe es genug Blumen, dafür solle man keinen Quadratzoll Gartenerde verschwenden.
    Theda merkte schnell, dass Johannsen, der Trödler, der Vater des Mädchens war, da hatte Elsi – so sprach er sie an – schon die Verhandlung übernommen, und Theda hörte und sah mit wachsendem Vergnügen zu. Johannsen bot zu Anfang schon mit gequältem Gesicht fast das Doppelte wie der andere Händler, Elsi lachte nur spöttisch, schickte den Blick zum Himmel, lachte wieder – so war es drei Mal gegangen, dann war der Preis auf das Vierfache hochgetrieben. Da wandte das Mädchen sich wieder Theda zu und sagte mit erwachsener Würde: «Das ist ein guter Preis. Ich an Eurer Stelle tät ihn annehmen.»
    So wechselte das silberne Herz den Besitzer. Theda, die gedacht hatte, es werde ihr eigenes Herz – nun, nicht gerade brechen, aber doch sehr schmerzen, ging leichten Herzens auf den Handel ein, verkaufte ihm flink auch den goldenen Rahmen und fühlte sich wie befreit. Alles Bittere, das ihr während der letzten Wochen widerfahren war, das an ihr genagt hatte, war verflogen. Es würde wiederkommen, so schnell verging ein Schmerz auf Dauer nicht, aber jetzt, in dieser Stunde in der vernachlässigten alten Domkirche und zwischen lauter Fremden, fühlte sie sich leicht und beglückt.
    Diesmal waren keine Krümel von der alten Säule heruntergebröselt, aber als Theda zu der Madonna hinaufsah, schien ihr, das Gesicht mit dem kleinen Mund und dem spitzen Kinn gleiche dem ihrer Patin und zwinkere ihr aufmunternd zu. Was natürlich Unsinn war, aber eine ihre Seele wärmende Phantasie.
    Selbst das Hündchen, das sich wieder in ihre Röcke gekuschelt hatte, blickte nicht grantig oder mit diesem besonderen traurigen Hundeblick zu ihr auf, sondern ganz und gar zufrieden.
    «Warum tust du das für mich?», fragte Theda das Mädchen und erschrak, weil sie diese Frage gar nicht hatte aussprechen wollen. «Ich heiße Theda», fügte sie rasch hinzu, um die Vertraulichkeit der Anrede wiedergutzumachen und Gleiches mit Gleichem zu vergelten, denn das Mädchen war jung, aber kein Kind mehr.
    «Theda, aha.» Elsi lächelte milde und hob gleichmütig Schultern und Hände. «Ich konnt’s wohl einfach nicht mit ansehen, wie du dich betrügen lassen wolltest. Außerdem hab ich dich vor ein paar Tagen bei der Holzbrücke gesehen, mit viel Gepäck. Wir fuhren gerade mit unserm Wagen vorbei, zum Aufbau hier im Dom. Da hast du schon ausgesehen, als könntst du Hilfe brauchen. Ab und zu.»
    Ihr Blick war bei den letzten Worten über Thedas Schulter geglitten, plötzlich errötete sie, errötete so tief, dass es sogar im diffusen Licht des Schappendoms unübersehbar war. Theda wandte sich um, unbeabsichtigt indiskret, und sah gerade noch, wie der junge Samenhändler den Kopf hastig und tief über seine Listen beugte, mindestens so heftig errötet wie das Mädchen. Theda lächelte und hatte eine Idee, wie sie Elsi ihre Hilfe vielleicht vergelten könnte.
    «Ich will ein paar Tütchen Blumensamen kaufen», sagte sie leichthin, «kannst du mir da auch helfen? Ich kenne mich gar nicht aus.»
    «Nee.» Elsis Stimme klang unerwartet schroff. «Da kann man nicht handeln. Man kauft’s zu seinem Preis oder lässt es.»
    «Das meinte ich nicht. Es ist wegen der vielen Sorten. Ach, komm einfach mit, selbst wenn du dich da auch nur wenig auskennst, ist es doch schön, wenn ich nicht allein entscheiden muss.»

      
    s war etliche Jahre her, seit Madam Augusta den Dom das letzte Mal betreten hatte. Sie und ihre Familie gehörten zur wohlhabenden Gemeinde der St.-Katharinen-Kirche, kaum zehn Minuten entfernt. Heute war sie wie alle anderen nur um des Marktes willen hier. Sie hatte das Bedürfnis nach ein bisschen Unordnung und Tumult gespürt,

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