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Drei Wunder (German Edition)

Drei Wunder (German Edition)

Titel: Drei Wunder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Bullen
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in ihrem Hals wurde immer dicker. »Ich muss nach Hause.«
    Soren ließ die Arme schwer nach unten fallen. »Okay«, sagte er unsicher. »Dann war es das?«
    Olivia blickte gehetzt die Straße auf und ab.
    Da standen sie nun zusammen in Sichtweite der Schule, gleich um die Ecke vom People’s . Jeder konnte um diese Ecke kommen und sie zusammen sehen. Jeder.
    »Soren, bitte«, sagte Olivia. »Ich muss wirklich …«
    »Wovor hast du solche Angst?«, fragte Soren.
    Olivia verschränkte die Arme, um sich zu wärmen.
    »Ich weiß auch nicht«, sagte sie. »Ich will einfach nicht alles noch schlimmer machen.«
    »Für wen?«, fragte er.
    Olivia hob den Kopf und sah ihm in die Augen, die Antwort war ja wohl offensichtlich.
    Soren zuckte mit den Schultern. »Calla hätte es sowieso irgendwann erfahren«, sagte er schließlich. »Und okay, es wird eine Weile nicht einfach sein, aber irgendwann beruhigt sich alles.«
    Olivia sah in Sorens Gesicht, das offen und optimistisch war. Sie wünschte sich so sehr, sich in seine Arme zu schmiegen, wünschte sich so sehr, mit ihm wegzulaufen und nie mehr etwas mit all den Problemen zu tun haben zu müssen.
    Plötzlich spürte Olivia etwas an ihrer Schulter. Sie drehte schnell den Kopf, erwartete, Violet zu sehen, hoffte mit jeder Faser ihres Herzens, ihre Schwester dort stehen zu sehen, wie sie mit verschränkten Armen einen trockenen Kommentar von sich gab.
    Doch es war nur der Wind.
    Die Erkenntnis, dass sie einsamer war als je zuvor, traf sie wie ein Schlag.
    Soren scharrte über den Boden und schaute auf den Gehweg. »Ich habe nachgedacht«, sagte er, und seine Stimme klang rau und unsicher. »Als du mich gefragt hast, warum ich dich mag … Ich wusste nicht genau, was ich sagen sollte, und es tut mir leid, dass mir nichts Besseres eingefallen ist.«
    Soren sah ihr nicht ins Gesicht, sondern sprach weiter direkt zu ein paar Rissen im Weg, stieß mit den Spitzen seiner Turnschuhe gegen den Rinnstein.
    »Ich wollte wohl irgendetwas sagen, was besonders und toll klang.« Er zuckte mit den Schultern und steckte die Hände tiefer in seine Taschen. »Aber die Wahrheit ist, ich habe keinen richtigen Grund. Schon am ersten Tag, als ich im Schulhof mit dem Skateboard an dir vorbeigefahren bin, warst du mir so eigenartig vertraut.«
    Olivia lächelte und nickte, erinnerte sich an ihre erste holprige Unterhaltung. Es war so gewesen, als hätten sie sich beide so viel zu sagen, dass sie quasi über sich selbst stolperten, um nicht alles zu schnell und auf einmal herauszulassen.
    Soren blickte auf und sah ihr in die Augen. »Und ich weiß, dass es richtig ist, weil … es eben richtig ist.«
    Olivia lachte über seine absurde Logik, wollte aber, dass er nicht damit aufhörte.
    »Stimmt’s?«, sagte er lächelnd und stieß sie mit dem Ellbogen an.
    Olivia merkte, wie ihre Gesichtszüge weicher wurden, während Soren die Hand aus seiner Tasche zog. Er griff langsam nach ihrer Hand, seine Finger sanft und vorsichtig.
    Sie ließ ihre Handfläche einen Moment bewegungslos in seiner liegen, bevor ihr Griff fester wurde und sie zärtlich seine Hand drückte.
    Da war es, das passgenaue Ineinanderfügen.
    Noch ein Windstoß strich über die Taille von Olivias Jacke, und obwohl sie nicht nachsehen musste, um zu wissen, dass Violet nicht bei ihr stand, konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass sie dennoch nicht wirklich mit Soren allein war.
    ***
    Trotz der Kälte nahmen Soren und Olivia einen Umweg nach Hause, eng aneinandergedrückt und mit langsamen, synchronen Schritten. Vor ihrem Haus küsste Soren sie und versprach, sie später anzurufen. Sie sah ihm nach, als er um die Ecke verschwand, eine warme, leichte Ruhe stieg in ihr hoch.
    Erst als Olivia den Schlüssel im Schloss drehte, kehrte das Flattern in ihrem Bauch zurück. Sie drückte die Tür leise auf und hoffte, ihr Vater würde irgendwo in einer entfernten Ecke des Hauses mit irgendwelchen Reparaturarbeiten beschäftigt sein. Aber alles, was sie begrüßte, war eine gemütliche Stille, das vertraute Scheppern alter Leitungsrohre und das Summen des Kühlschranks.
    Das war Überraschung Nummer eins.
    Überraschung Nummer zwei war der lange Wollmantel ihrer Mutter, der über dem Geländer hing, ihre Pumps standen direkt darunter – das abgelegte Kostüm eines Workaholic. Was machte ihre Mutter mitten am Nachmittag zu Hause?
    Plötzlich, über leise Hintergrundgeräusche hinweg, drangen gedämpfte, freundliche Stimmen von oben herunter.

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