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Drei Wunder (German Edition)

Drei Wunder (German Edition)

Titel: Drei Wunder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Bullen
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einen Schritt auf Soren zu, legte die Hände um sein Gesicht und zog es zu sich. Sie wollte sich an dieses Gefühl erinnern, das Gewicht seines Oberkörpers an ihrem, den süßen Mintgeschmack seiner Lippen. Sie spürte, wie das Blut durch ihre Adern rauschte.
    Ich wünsche … sie zwang sich, die Worte zuerst in Gedanken auszusprechen. Ich wünschte, ich hätte nie …
    »Olivia?«
    Eine Stimme hinter ihr unterbrach sie, worauf sie schnell die Arme um Sorens Hals löste.
    Calla stand am Ende des Weges, ihr Gesicht war kreidebleich, ihre Augen blickten hart und kalt. »Es ist Zeit für unsere Rede«, sagte sie tonlos. »Alle warten.«
    »Calla«, sagte Olivia und drehte Soren den Rücken zu. Sie fasste sich an den Kopf, als habe sie Angst, er fiele gleich ab. Callas Augen füllten sich mit wütenden Tränen, und sie schüttelte langsam und schweigend den Kopf.
    »Calla, es tut mir leid. Ich wollte …«
    Calla fasste den Rock ihres Kleides mit zitternden Händen und eilte davon.
    »Calla, warte!«, rief Olivia und lief ihr nach.
    Doch Calla war bereits weg von der Rotunde gerannt, weg von dem Laufsteg, weg von den Hunderten von Leuten, die da saßen und darauf warteten, dass die Show losging.

36
    »Runter von der Straße!«
    Olivia blickte hoch und merkte, dass sie vom Gehsteig abgekommen und auf die Busspur geraten war, als ein Trio verärgerter Mountainbiker an ihr vorbeisauste und dabei beinahe ihr zerknittertes Kleid, dessen Saum völlig verschmutzt war, zerrissen hätte.
    Sie lief nun schon seit über einer Stunde. Der Palace of Fine Arts war Meilen von ihrem Haus entfernt, und ihre Füße schmerzten unsäglich.
    Nach einer kurzen Verzögerung und einem neugierigen Gemurmel hinsichtlich Callas Verschwinden hatte Lark beschlossen, dass die Show weitergehen musste, und die Zügel übernommen. Olivia hatte das Kleid, in dem sie über den Laufsteg hätte laufen sollen, an Eve weitergegeben und jede Ecke des Geländes abgesucht, doch Calla war nirgends zu finden. Soren war bei ihr geblieben und hatte versucht zu helfen, Olivia getröstet und ihr gesagt, alles würde wieder gut werden. Doch mit jedem Moment, in dem er sich in ihrer Nähe aufhielt, fühlte Olivia sich nur noch schlechter.
    Und so hatte sie beschlossen, nach Hause zu gehen, dorthin, wo sie keinen Schaden mehr anrichten konnte. Oder wo sich zumindest niemand darum kümmern würde.
    Als sie schließlich in ihrem Abendkleid am Fuße der Treppe stand, wusste Olivia, dass sie noch nicht bereit war, ins Haus zu gehen. Es war noch nicht sehr spät, und ihre Eltern würden wahrscheinlich noch wach sein. Das Letzte, worauf Olivia jetzt Lust hatte, war, ein nettes Gesicht aufzusetzen.
    Sie ging zurück auf die Straße, bog um die Ecke und lief hinüber zum Dolores Park. Ein Stück weiter, auf einer der niedrigen Holzbänke, die am Rand der Wiese standen, wartete Violet auf sie.
    »Wie lief es?«, fragte sie und blinzelte, als hätte sie Angst vor der Antwort.
    »Wie es lief?«, wiederholte Olivia. Sie konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Sie flossen unter endlosen Schluchzern über ihr Gesicht, ihre Nase lief, und ihre Wangen waren heiß und rot. »Wie glaubst du denn, dass es gelaufen ist? Es war eine Katastrophe.«
    Sie ließ sich neben ihre Schwester fallen und erwartete, dass Violet einen Arm um ihre zuckenden Schultern legte. Als sie sich nicht rührte, blickte Olivia auf und merkte, dass ihre Schwester gedankenverloren auf den Gehsteig starrte.
    »Ich habe es dir ja gesagt«, murmelte sie.
    Olivia erstarrte mitten in einem Schluchzer. » Du hast es mir ja gesagt? Du warst doch diejenige, die mich überhaupt dazu gebracht hat, mir Soren zu wünschen.«
    »Stimmt«, flüsterte Violet. »Manchmal bedeutet zu leben auch Risiken einzugehen, und manchmal können die Dinge auch ziemlich chaotisch werden, aber …«
    »Risiken?«, fragte Olivia und wurde immer lauter. Es war ihr egal, wie sie auf einen zufällig vorübergehenden Passanten wirken würde. »Du willst, dass ich Risiken eingehe? Vielleicht wie die Risiken, die du eingegangen bist? Wie zum Beispiel das Risiko, weshalb du tot bist?« Olivia wusste nicht, warum sie es sagte oder woher es kam, aber in dem Augenblick, in dem ihr die Frage über die Lippen kam, wusste sie, dass sich diese Worte in ihr schon seit langer Zeit angestaut hatten.
    Violet starrte auf den Kiesweg. Ihre Augen waren verschleiert und ihre Wangen gerötet. Sie zuckte traurig mit den Schultern und sah zurück zu ihrer

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