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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Also deklamiere ich mit einem Hecheln: »Auf und davon! Denn ich muss zu Oberon!«, und hüpfe von der Bühne, direkt in die Arme des Inspizienten, der mich verständnisvoll auffängt und hält, damit ich von meinen »Gehhilfen« absteigen kann. Dann laufe ich zurück, ein bisschen atemlos.
    »Möchten Sie noch etwas anderes sehen?«
    Wieder das leise Lachen. Ich bemerke, dass Danny Goldstein kritzelt wie ein Weltmeister.
    »Nein, Fräulein Lamedé, wir denken, das genügt!«, kommt es von unten. »Sie hören dann von uns. Bitte haben Sie Geduld. Ach, und noch ein Tipp: Lassen Sie sich doch Lederbeschläge unter die Stelzen machen, dann ist die Rutschgefahr nicht so groß!«
    »Ja, danke«, sage ich etwas verwirrt. Als wenn ich vorhätte, für den Rest meiner Tage mit Stelzen aufzutreten ...
    Meinen »Förderer« Goldstein sehe ich leider jetzt nicht noch einmal. Ich hätte was darum gegeben, von ihm ein paar Worte zu hören, wie man mich so gefunden hat. Nun, ich selbst fühle mich gut und gehe erwartungsvoll nach Haus. »Bitte haben Sie Geduld ... « Wie lange wohl? Warten ist nicht meine Sache. –

23
    Und dann begeht Leonie einen Fehler.
    Ja, es liegt ihr etwas an Felices künstlerischer Meinung. Und sie wendet bei ihrem »Puck« genau die Mittel an, die sie von ihr gelernt hat. Sie ist auf ein Lob von ihr aus, eine zweite Bestätigung nach der, wie sie meint, wohlwollenden Reaktion beim Vorspiel in der Josefstadt ...
    Mit gerunzelter Stirn blickt Felice von unten aus ihrem Saal zur Bühne auf. Sie sitzt zurückgelehnt auf einem Stuhl und hat die Füße hochgelegt auf die Lehne eines zweiten, die Arme verschränkt, in abwartender Haltung. Denn: »Ich habe etwas Neues einstudiert, nur für mich«, hat Leonie gesagt, und nun steht sie da oben und hat zwei Holzstöcke mit Fußstütze und Lederschlaufe in der Hand.
    »Was willst du denn mit dem Spielzeug?«
    »Dir etwas vorführen, wenn du erlaubst. Ich hab mir mal den Puck im ›Sommernachtstraum‹ angeguckt.«
    »Puck. Hm. Schon wieder Shakespeare? Und warum so eine bizarre Rolle?«
    »Ich wollte mal etwas ausprobieren. Darf ich?«
    Das Schweigen von unten nimmt sie einfach mal für Zustimmung. Sie zieht sich im Sitzen ihre Stelzen an, stemmt sich an der Seitenwand hoch, springt stampfend auf, ganz das bocksfü ßi ge kleine Ungetüm, und beginnt: »Wie ich auch den Wald durchstrich...«
    Es sind nicht einmal fünf Minuten, die sie für die kleine Szene braucht. Allerdings, wenn sie nur den Text »aufgesagt« hätte, wäre das wahrscheinlich kaum eine Minute gewesen. Das andere ist Spiel ohne Worte, Körpersprache; die Vorstellung dieses komischen,ein bisschen grauslichen und fremdartigen Wesens nur über die Bewegungen, die Gesten, die großen langsamen Spreizschritte auf den Stelzen, die »gedehnten« und dadurch deutlicher werdenden Abläufe, das Wittern, das Raunen.
    Sie findet, sie macht es gut. Mindestens genauso gut wie bei ihrem Vorsprechen. Als sie zu Ende ist, springt sie von ihren »Krücken« herunter, geht zur Rampe, setzt sich und wartet auf das, was ihre Lehrerin nun wohl dazu sagt.
    Aber da kommt zunächst gar nichts. (Felice hat ihre Haltung nicht verändert.) Dann die klare, schneidend kalte Stimme: »Hast du’s dir anders überlegt? Willst du jetzt als Clown an irgendeinem Zirkus anfangen? Ist es das, was du mir hier mitteilen wolltest?«
    »Ich verstehe nicht«, sagt Leonie verwirrt.
    »Das müssen die Überbleibsel von dem Schmierentheater sein, von dem du sicher herkommst!« Felice lacht auf. »Weißt du, wie man so etwas an einer seriösen Bühne nennt: ›Stumme Jule‹ oder ›eine Kiste aufmachen‹. So spielen sie auf den Jahrmärkten vor dem Pöbel. Das hat mit Schauspielkunst überhaupt nichts zu tun, damit du’s nur weißt!«
    Leonie kommt sich vor, als würde ihr Eiswasser über den Kopf gegossen. Das hat sie nicht erwartet ... »Merkwürdig!« vielleicht oder »Neuartig!« ... Zumindest ein anerkennendes Wort über ihre körperliche Ausdruckskraft ...
    »Aber«, sagt sie und merkt, dass sie wütend wird, »du hast mich doch selbst darauf gebracht! Du hast mir doch diese Bewegungs-Dinge abverlangt, das Über-den-Stuhl-Laufen und ... «
    Die Schauspielerin hebt die Hand, eine schnelle Einhalt gebietende Bewegung. »Du hast nichts begriffen, gar nichts!«, sagt sie durch die Zähne. »Dabei geht es nur darum, dass du körperlich in der Lage bist, alles zu machen, was man dir abverlangt. Das bedeutet doch nicht, dass du zum

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