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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ein paar Unterrichtsstunden mehr, als ich in einem halben Jahr an der Burg verdiene. Das weißt du doch. Das habe ich doch nicht vor dir geheim gehalten. Die Inflation, diese unselige Geldentwertungnach dem Krieg, ist gerade erst vorbei, der Schilling eine wacklige Währung. Mit dem, was ich verdiene, leisten wir uns gerade mal das Salz in der Suppe. Und da kommt mir auf einmal ein Dollarsegen ins Haus, nur damit ich einem kleinen Mädchen, das sich zur Schauspielerin berufen glaubt, erkläre, was es wirklich bedeutet, auf den Brettern zu stehen?«
    »Was ist, wenn sie unbegabt ist?«
    »Dann werde ich versuchen, das möglichst lange vor ihr zu verbergen, damit das Geld weiterfließt!«
    »Du bist grausam, Fee!«, sagt er, aber seine Augen glänzen belustigt.
    Sie tut das mit einem Achselzucken ab, geht zum Tisch zurück und wirft dabei einen prüfenden Blick in den Spiegel, der zwischen den Fenstern hängt. Sie schenkt sich erneut Tee ein, nimmt die Tasse und lässt sich damit auf der Recamière nieder. »Ich fürchte ja auch, ich bringe es nicht fertig, jemanden zu unterrichten, der unbegabt ist«, sagt sie sachlich. »Ich habe zu wenig Geduld. Aber ...!«
    Sie winkt den jungen Mann zu sich heran, macht ihm mit einer Geste deutlich, dass er sich neben sie setzen soll, und wendet sich zu ihm, ihre Tasse in der Hand.
    »Was stört dich eigentlich?«, fragt sie vertraulich, zärtlich. »Meinst du, du bist dann nicht mehr die Nummer eins hier?«
    »Ich mag nicht, wenn ich dich nicht mehr allein für mich habe!«
    »Eifersüchtig auf ein kleines Mädchen aus Berlin, das Protektionskind der Leute aus den Pyrenäen?«
    Anton erwidert nichts. Dann sagt er leise: »Ich hab Angst, dich mit jemandem zu teilen. Es sind schon so viele Menschen um dich herum, Tag für Tag. Und nun auch noch wer hier im Haus...«
    »Es sind nur ein paar Stunden in der Woche!«
    »Ja, aber sie sitzt uns da im Anbau gleichsam auf dem Schoß, so nah dran ist sie!«
    Felice lacht. Dann kommt in ihre Augen ein Funkeln.
    »Flusch, mir fällt was ein. Wollen wir uns ein Spiel machen? Ein Spiel für uns beide?«
    Er schüttelt den Kopf. »Wovon redest du?«
    »Kennst du die Geschichte von Pygmalion und Galathea?« »Du meinst das Stück von diesem Engländer, diesem Bernhard Shaw?«
    »Das auch. Aber die Vorlage dazu stammt aus der Antike. Also dieser Pygmalion war ein Bildhauer, der eine Statue erschuf, die er dann belebte und ganz so formte, wie er es wollte. Eine reizende Aufgabe, finde ich.«
    Sie rückt näher an ihn heran, flüstert fast, verschwörerisch. »Was hältst du davon, wenn wir beide Pygmalion spielen? Wir formen sie nach unserem Bilde – ich als Actrice, als Theaterfrau, und du bist zuständig für Wiener Stil! Was meinst du? Da kommt ein Wesen, blutjung, hoffentlich leidlich hübsch, unbeleckt von allem, was höhere Bildung und feine Lebensart angeht – der Vater ist ein Koch, wurde mir mitgeteilt ... Gut, sie kommt aus Berlin, aber man weiß doch, was man von Berlin zu halten hat, wenn es um wahre Kultur und Raffinesse geht! Könnte das nicht Spaß machen? Wir könnten dem Kindchen doch zeigen, wo’s langgeht, oder?«
    »Ein Spiel, sagst du?« Er scheint Feuer zu fangen.
    »Ein Spiel, Flusch.«
    »Spiele sind unsere Welt. Die Welt ist ein Spiel.«
    Sie lächelt, weiß, was er meint. Dann stellt sie ihre Teetasse am Fußboden ab, beginnt zu planen. »Pass auf. Wenn sie morgen mit dem Zug ankommt, dann soll sie kein Taxi nehmen. Joseph soll unsere alte Kutsche flottmachen und die Livree heraussuchen, ganz von den Motten zerfressen wird sie ja nicht sein. Wir leihen ein paar Gäule aus und lassen sie mit der Kalesche vom Westbahnhof abholen. Alte Pracht und Herrlichkeit. Was hältst du davon?«
    »Lustig«, sagt der junge Mann. Und dann herausfordernd und frech: »Was verstehst du eigentlich unter Einführung in die Wiener Lebensart – so richtig? Was soll ich da tun? Soll ich sie verführen und in die Tiefen der Verderbnis einweihen?«
    Felice sieht ihn einen Moment mit geöffneten Lippen an. Sieschnappt hörbar nach Luft. »Also daran hatte ich eigentlich nicht gedacht«, erwidert sie langsam. »Untersteh dich! Abgesehen davon – was weißt du von den Tiefen der Verderbnis? Ich dachte mehr an Ausführen und Spazierengehen und so etwas. Obwohl: Ein bisschen Flirten kann nicht schaden. Aber ich bestimme, wann Schluss ist.«
    »Bestimmst du nicht immer, wann Schluss ist und wann Anfang?«
    Sie zieht spielerisch mit dem Finger die

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