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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Familie. Du wirst es doch annehmen, nicht wahr?«, sagt er fast angstvoll. Er bricht ab. »Kann sein, dass man dir in Wien etwas über mich erzählen wird, diese Felice Lascari ... ich habe nicht überall den besten Ruf.«
    »Du?«, fragt Leonie ungläubig. Der liebevolle, der sanftmütige, der hilfsbereite Gaston, Isabelles Tröster, der – hatte er sich nicht selbst so genannt vor Zeiten – der Beschützer der Juden ... Was soll das alles?
    »Lass gut sein«, sagt er. »Ich will nicht reden über die Vergangenheit.«
    Ein seltsamer Spruch aus dem Mund eines Menschen, der mit einer Frau zusammenlebt, die sich und ihr Sein aus der Vergangenheit heraus erklärt, findet Leonie. Aber sie begreift, dass sie nicht weiter nachforschen darf im Augenblick. Hat der Wirt im Bistro vor ein paar Tagen nicht etwas Ähnliches gesagt? Die Vergangenheit sollte man vergangen sein lassen ...?
    Der alte Mann redet unterdessen weiter. »Du wirst ganz aufdich allein gestellt sein, Leonie. Aber deine Beharrlichkeit und dein Geschick haben dir ja schon einmal Erfolg gebracht. Du wirst Isabelle nicht enttäuschen.«
    Beharrlichkeit? Geschick?, denkt sie. Ja, auch. Aber vor allem Liebe und Leidenschaft. Leidenschaft, die Leiden schafft. Ein alter dummer Spruch. Davor sollte sie sich vielleicht diesmal hüten ...
    Plötzlich spürt sie ein Ziehen in der Brust, jenes seltsame Gefühl, als wolle sie jemand irgendwohin mitnehmen. Dies Gefühl, dass sie einst überfiel, als sie Isabelle das erste Mal erlebte, geschüttelt von ihren Visionen ... Als es sie, Leonie, mit hineinzog.
    Sie fährt hoch aus ihrer nachlässigen Haltung, muss sich an der Sessellehne festhalten. Isabelle.
    Sie starrt Gaston mit geweiteten Augen an. »Sie braucht Hilfe.«
    Er ist aufgesprungen, drückt Leonie zurück in den Sessel. »Ich – ich muss zu ihr. Du bleibst. Du musst dich nicht mitnehmen lassen.« Und noch von der Tür her: »Kämpfe, kämpfe dagegen an!«
    Ankämpfen? Ja, wie denn!
    Sie sitzt da, die Finger um die Lehnen verkrampft, atemlos. Isa - belles Gesichte fordern Einlass bei ihr wie damals, sind wie auslaufende Wellen, die den Strand berühren und sich dann zurückziehen. Wie durch Nebel, gedämpft, fernab, nur am Rand. Isabelles Bilder. Aber dann, übergangslos, kommen andere: Feuer, es brennt. Flüchtende Menschen. Ihrs, das ist ihrs! Berlin, sie erkennt es. Das Scheunenviertel, sie läuft mit Schlomo durch die Straßen. Dann ist er fort. Nimmt andere Wege. Er kommt ihr entgegen. Der Schuss. Das Blut. Nein, nicht weiter! Nicht mehr! –
    Sie weiß nicht, ob es kurz oder lang gedauert hat. Gaston ist wieder bei ihr, gibt ihr Wasser zu trinken.
    »Gerechter Gott, Kind!«
    »Es war zu stark«, murmelt sie. »Wie geht es Isabelle?«
    »Wie dir«, sagt er mit wehmütigem Spott. Er ist blass vor Mitleiden. »Wenn du auf Hermeneau bist, ereilt es sie immer besonders schlimm.«
    Vor ihren Augen verschwimmt alles. Leonie fühlt sich wie ausgehöhlt. So dringt die Bedeutung von Gastons Worten erst verspätet zu ihr.
    »Wenn ich hier bin ...«, sagt sie matt. »Aber wieso ... Ich habe es doch nur einmal in den letzten Monaten erlebt. Als ich kam aus Berlin, als ich ihr das Taw gegeben habe.«
    Gaston nickt. »Ja. Du warst anderweitig unterwegs. Auf Felsen, zum Beispiel. Und in Krankenhäusern. Es hat sich verschlimmert, chérie. Das Warten bekommt ihr nicht gut.«
    »Nun bin ich wohl noch schuld?«, fragt sie mit einem kläglichen Versuch des Trotzes.
    »Ich weiß es nicht. Es ist ja noch viel Zeit, bis das Jahr um ist. Aber es ist gut, dass du nun abreist.«
    Ja, das ist bestimmt gut.
    Draußen ist es dunkel. Die nächtlichen Vögel beginnen mit ihrem Gesang. Das hier muss ein Ende haben.

WIEN

1
    Schräges Sonnenlicht fällt in den Raum. Warmes Licht fällt durch die Spitzenvorhänge. Vormittagslicht.
    Die Frau sitzt auf einem Möbel, das man Recamière nennt, eine Art übergroßem Sessel mit hoher Rückenlehne. Der Bezug besteht aus blassrotem Chintz und ihre elfenbeinfarbene Haut gewinnt einen goldenen Schimmer durch diese Farbe. Die Frau trägt ein ärmelloses Hauskleid, nebelgrau, fast durchsichtig. Sie hat ein Bein untergeschlagen. Den anderen Fuß hält sie mit akrobatischem Geschick hochgezogen bis dicht vor ihre Augen und poliert die Nägel mit einer lederüberzogenen Feile und einem Pulver, das besonderen Glanz verleihen wird.
    Der junge Mann zu ihren Füßen auf dem Teppich hat die Beine nach Türkenart gekreuzt und stützt seine Ellenbogen auf den

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