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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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So sehr viel älter, als ich es bin, kann er eigent lich nicht sein. Ein bisschen über zwanzig vielleicht. Ein lustiges Katergesicht, schiefe Augen, spitzes Kinn. Gerade hole ich Luft, um zu sagen: Entschuldigung, ich wusste nicht, dass Madame Lascari einen Sohn hat ..., da fällt mir im letzten Moment ein, dass mir Gaston ja gesagt hat, Felice Lascari sei 1914 selbst erst um die zwanzig gewesen. Das heißt, sie ist jetzt dreißig. Nein, ein Sohn, das kann nicht sein. Ich schlucke. Dann frage ich vorsichtig: »Sie sind auch mit Felice Lascari verwandt?«
    In die Augen des jungen Mannes kommt ein belustigter Glanz, und er verzieht einen Mundwinkel nach unten, was unheimlich blasiert wirkt. »Das wohl kaum«, sagt er. »Oder dachten Sie, die Dame unterhält hier ein Asyl für mehr oder weniger vermögende Mitglieder der Lascari-Sippe?«
    Ich unterdrücke mit Mühe ein Erröten. Was sollen solche Sprüche? Das ist dreist.
    Wir mustern uns. Er sieht irgendwie ... ja, verwöhnt aus. Dieses weiße Leinen, das Hemd mit den Rüschen. Sein Haar, eher blond als braun, fällt ihm sogar noch nach dem Schlaf in einer gefälligen Tolle ins Gesicht, und wenn ich das nicht für unmöglich halten würde (außer auf der Bühne natürlich), so würde ich denken, er hat seine Augen (mehr grau als blau) mit Schminke betont, zumindest die Wimpern geschwärzt.
    Bevor ich dazu komme, irgendeine Bemerkung zu machen, ruft es aus dem Empfangssalon: »Gnä’ Fräulein, wo stecken’s denn?« Die Frau Pfleiderer.
    »Ich bin hier«, sage ich, nicke dem jungen Mann zu und gehe durch das Zimmer mit dem Gemälde zurück, dahin, wo ich herkam.
    Die Haushälterin starrt mich mit aufgerissenen Augen an. Offen bar habe ich mich eindeutig falsch aufgeführt. Hätte diesen Raum mit der zu sauren Limonade und den zu staubigen Keksen nicht verlassen sollen.
    »Es ist jetzt alles gerichtet«, sagt sie und muss sich räuspern. »Wenn Sie mir bittschön folgen würden!«
    Beim Gang nach draußen, über den knirschenden Kies zur »Dependance«, frage ich beiläufig: »Ich bin da einem jungen Herrn begegnet – wer ist denn das?«
    Die Dame muss sich wieder räuspern, ehe sie sagt: »Der Edle von Rofrano.«
    Ein Edler? So etwas wie ein Baron auf Österreichisch, vermute ich. Und was sucht der hier? Nein, das frage ich natürlich nicht. Vielleicht, vermute ich mal, ist er eine Art Assistent oder Adlatus der großen Dame von der Burg, der für sie Rollen heraussucht.
    Wozu sonst die Theaterstücke, die er um seinen Schlafsessel verstreut hatte.
    Aber irgendwo habe ich den Namen Rofrano schon einmal gehört.

4
    Die Dependance, wohin irgendwelche dienstbaren Geister den Koffer verschleppt haben, entpuppt sich als ein Anbau; man gelangt dahin, vorbei an einem mit »Domestiken und Lieferanten« beschrifteten unscheinbaren Nebentürchen. Es könnte sein, dass dieser Anbau für ein Hausmeisterpaar bestimmt war.
    Nachdem Frau Pfleiderer ihr ein Schlüsselbund ausgehändigt und sich erkundigt hat, ob alles zum Besten sei, lässt sie Leonie allein, und die ist froh, dass sie Ruhe hat, zunächst einmal ihre Behausung zu erkunden.
    Also, Gold gibt es hier nicht. Das ist dem Palais vorbehalten. Zunächst einmal beruhigend, findet sie. Nicht so anspruchsvoll. Wie sagte die Haushälterin: schlicht, aber nett.
    Es ist eine richtige kleine Wohnung. Von einem gefliesten Flur mit einer Garderobe gehen zwei weiß lackierte Türen ab, eine führt in eine Art Wohnzimmer mit rundem Tisch, Stühlen und einem Büfett, in dem sich hinter Glas ein paar zerlesene Schmöker langweilen, die andere in ein Schlafzimmer mit frisch bezogenem Bett, Kleiderschrank aus hellem Kirschbaumholz, einem Nachttisch, auf dem man sinnigerweise zum Willkommen ein Fliedersträußchen drapiert hat, und einem großen bodentiefen Spiegel ohne Konsole, in welchem man sich von Kopf bis Fuß sehen kann.
    Alles riecht ein bisschen muffig; zum Lüften ist man wohl nicht mehr gekommen.
    Leonie reißt als Erstes die Fenster auf – sie öffnen sich übrigens nach außen, nicht, wie in Berlin, nach innen. Erfreulich: Sie blickt vom »Wohnzimmer« aus ins Grüne. Vor ihren Augen erstrecken sich die Rasenflächen und Rabatten eines Parks, der denAbschluss des Anwesens bildet, und zarte erste Triebe von wildem Wein umspielen den Fensterbogen.
    Ans Schlafzimmer schließt sich ein Bad an, Emaillewanne, Waschbecken, weiße Handtücher, alles blitzsauber. Sauber und einfach. Schlicht. Aber nett ...?
    Leonie setzt sich für

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