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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sie, auf dem Hochplateau in den Pyrenäen kniend, die Hände voller Erdreich ...
    Und dann: »Der Rabbi sprach zu dem Menschen aus Lehm: ›Wisse, dass du aus dem Staub der Erde geschaffen bist, damit du das Volk der Juden vor dem Bösen behütest, das es von seinen Feinden erleidet.‹ Und nachts streifte der Golem nun durch die Straßen Prags, wachsam, um alle aufzuhalten, die etwa ein totes Kind bei sich trugen, um es in die Gassen der Judenstadt zu bringen.«
    Und ein paar Seiten weiter die Worte des Rabbi Löw, die mich so anrührten: »Ich behaupte aber, der Golem wird Anteil am ewigen Leben haben, da er unser Volk aus so schwerer Bedrängnis errettet hat. Er wird die Luft vom Garten Eden atmen jede Stunde, er wird stark sein und behutsam, gehorsam und fest, freundlich zu jedermann, der des Schutzes bedürftig, und die Gabe der Sprache wird ihm, der bisher stumm war, der Allmächtige dann verleihen.«
    Die Luft vom Garten Eden. Die Gabe der Sprache. Drei Zeichen sind die Wahrheit.
    Ich muss das zweite Zeichen finden. Bald. Man drängt mich ...
    Aber am Abend der Soiree mache ich dann eine Entdeckung, die meine Suche nach dem goldenen Buchstaben beendet, noch bevor sie überhaupt begonnen hat.

12
    Im letzten Moment hat sie sich gegen das neue weiße Kleid mit der schwarzen Schleife entschieden, es ist ihr einfach zu niedlich. Sie will kein »fesches Madel« sein, sondern eine junge Frau aus Berlin. Ihr grünes Seidenkleid, wie gesagt, ist kein Heiligtum, nur weil sie darin mit ihrem toten Liebsten Tango getanzt hat. Aber dann findet sie, dass sie die langen seidenen Handschuhe ja ruhig dazu anziehen kann, und als sie sich im großen Spiegel ansieht, in ihrem zur Spielfläche umgemodelten Wohnzimmer, findet sie sich geradezu elegant, mit ihrem kurzen lockigen Haar, ihrem bräunlichen Gesicht, der Mund ungeschminkt.
    Leonie ist neugierig auf das, was da auf sie zukommt, neugierig und ein bisschen aufgeregt. Noch nie in ihrem Leben hat sie so einer Abendgesellschaft beigewohnt; in solchen illustren Kreisen verkehrte sie bisher nicht.
    Natürlich begeht sie den ersten Fehler: pünktlich im Haupthaus aufzukreuzen, das heißt also, viel zu früh. Sie ist die Erste.
    Von Madame Lascari noch keine Spur, stattdessen sieht sie elegante Kellner im Frack, die Frau Pfleiderer, Brille auf der Nase, mit der Miene und den Gesten einer absoluten Herrscherin herumkommandiert, und in der Küche wuseln fremde Gestalten. Fremde Gestalten in weißen Kitteln oder sogar mit Kochmützen. Leihpersonal.
    Als die Haushälterin Leonies ansichtig wird, bleibt ihr vor Schreck erst einmal kurz die Sprache weg. Sie verfällt in den anderen, den für die Herrschaften vorgesehenen Tonfall und säuselt: »Aber gnä’ Fräulein sind ja überpünktlich! Setzen’s sich doch ins Empfangszimmer, es gilt noch einiges zu richten, bittschön!«
    Leonie ist klar: Sie stört.
    Im Empfangszimmer und den angrenzenden Räumen drapieren Lieserl und Nannerl gerade Blumensträuße in alle verfügbaren Vasen (weißer Flieder und dunkelrote Pfingstrosen) und fühlen sich von ihrer Anwesenheit offenbar ebenfalls aufs Äußerste verunsichert. So geht sie in die Küche zu den Leuten in Weiß. Die kennen sie wenigstens nicht und ignorieren sie nach Knicks oder Verneigung einfach. Eben eine von den Herrschaften. Wenn die sich hier aufhalten will, bitteschön.
    Es kann nicht ausbleiben: Hier fühlt sie sich wohl. Sie hat gelernt, wie man sich »klein macht« in einer fremden Küche: In dem Restaurant am Savignyplatz in Berlin, in der Küche ihres Vaters, wo er Chef war, bevor man ihn entlassen hatte, durfte sie als Kind manchmal zugucken. Sie sucht sich eine Ecke und ist sozusagen unsichtbar, weil sie nicht im Wege steht.
    Ein bärtiger Kellermeister mit Lederschürze und gestickter Samtkappe lässt den vorher tatsächlich gähnend leeren Kühlschrank mit Champagnerflaschen füllen und beaufsichtigt, dass Weine und »harte Sachen« an die richtigen Stellen getragen werden, und ein überaus arroganter Maître de Cuisine, dessen Akribie und Strenge Leonie stark an ihren Vater erinnern, dirigiert die Fertigstellung von Platten mit Häppchen, Salaten und Hors d’œuvres; leider wird nichts Warmes gekocht.
    Leonie beobachtet aus ihrer stillen Ecke – durch die wegen des Servierens weit geöffnete Tür –, dass inzwischen Joseph (wieder in der altmodischen dunkelgrünen Samtlivree, in der er sie vom Westbahnhof abholte) an der Eingangstür des Palais’ Aufstellung

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