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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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etwas umsetzen, was man dir sagt!«
    Leonie traut sich vor. »Und? Bin ich gut?«, fragt sie. (Das machte Schlomo auch nach einer gelungenen Vorstellung ...)
    Felice dreht ihr kurz den Kopf zu, sieht dann wieder weg. »Du lernst schnell«, sagt sie. Das dürfte wohl ein Ja sein.
    Plötzlich grinst sie, sagt mehr zu sich selbst: »Ich hab’s doch glatt vergessen.«
    »Was hast du vergessen?«
    »Ach, gar nichts. War nur ein Spiel.«
    Vergessen, dich aufs hohe Ross zu setzen, wenn du mit mir zusammen bist?, denkt Leonie, sagt es nicht.
    Denn nun passiert etwas. Die eindeutig vergnügte Schauspielerin summt etwas vor sich hin; so eine Familieneigenschaft, etwaszu summen. Wenn man traurig ist oder auch wenn man zufrieden ist mit sich selbst. Leonie horcht auf. Kann das sein? Es ist eins der alten jüdischen Lieder, die die Sippe der Laskers verbindet! Also hat sich das bei den »türkischen« Laskers auch erhalten!
    Ihr wird heiß. Was, wenn sie jetzt einfach fragen würde?, schießt es ihr durch den Kopf. Du kennst die Lieder – weißt du um ihre Bedeutung für unsere Familie? Kennst du die ganze Geschichte der zurückliegenden Generationen? Weißt du von den drei Zeichen? Aber sie spürt tief im Innern, dass es noch nicht geht. Bisher ist sie noch nicht so dicht bei ihrer »Cousine« angekommen, um sie etwas Derartiges zu fragen. Wahrscheinlich würde sie sich eine schroffe Abfuhr einhandeln. Immerhin. Vielleicht lässt sich über diese Lieder ja eine Brücke bauen zu dem, was sie erfahren will ...
    Noch mehrmals besucht sie Vorstellungen in der »Burg«; Felice hat in dieser Woche sehr viel zu tun und Leonie möchte sie in all ihren Rollen gesehen haben. Sie erlebt sie also in einer modernen Komödie, wo sie sehr überzeugend das spielt, was man eine »Salonschlange« nennt, also eine mondäne, mit allen Wassern gewaschene Frau. Sie erlebt sie noch einmal als Eve im »Zerbrochenen Krug«; sie spielt mit der gleichen professionellen Kunstfertigkeit, wie Schlomo Laskarow das tat. Man ist einfach jeden Abend gut ...!
    Dann sieht sie sie in einem Drama von Schiller, das Leonie nicht kannte bisher, »Die Braut von Messina«. Das Stück ist wie eine antike griechische Tragödie gemacht, es gibt Sprechchöre und eine düstere Geschichte von einem Fürstenhaus auf Sizilien wird erzählt: zwei Brüder, die sich in ihre eigene ihnen unbekannte Schwester verlieben – mit tödlichem Ausgang.
    Die Inszenierung ist nicht sehr einfallsreich, findet Leonie. Sie ist da Besseres gewohnt aus Berlin. Alles steht mehr oder weniger auf der Bühne herum.
    Felice spielt die Mutter der drei Geschwister, die Fürstin Isabella, eine hoheitsvolle, herbe Frau, mit großen Ausbrüchen, weit ausholenden Gesten. So geht wohl »altes Burgtheater«. Die Isabelladeklamiert, als wenn sie auf der Kanzel stehen würde, scheint jedem Wort nachzulauschen. Was für ein Unterschied zu der kraftvollen und vitalen Eve und der bunt schillernden Figur in dem anderen Stück! Leonie muss zugeben: Sie langweilt sich. Aber Felice scheint mit dieser Spielweise gut zurechtzukommen. Hält sie offenbar für große Kunst.
    Das dritte Stück, das Leonie besucht, ist die »Penthesilea« von Kleist, die Geschichte einer großen Kriegerin, einer jungen Amazonenfürstin, die sich unglücklich in ihren Feind verliebt. Subtile Tragödie, wilde Leidenschaften. Genau das, was einer großen Schauspielerin liegen sollte.
    Aber sie wird enttäuscht. Irgendwie macht Felice mehr oder weniger das Gleiche wie in dem anderen Stück, in der »Braut von Messina«. Die großen Gesten, das hehre Getön, ein Pathos, das hohl auf Leonie wirkt. Wo ist die Vielfalt geblieben, mit der sie ihre Eve ausgestattet hat, die Nuancen, die psychologischen Feinheiten? Warum setzt sie nicht ein, was sie kann?
    Und allerdings: Für eine Frau von dreißig wirkt sie in dieser Rolle – ziemlich alt.
    Übrigens gibt’s jetzt keine Kutsche mehr, die Leonie bringt und abholt. Das gehörte zu den »Prunkstücken« des Anfangs. Sie muss brav zu Fuß gehen, was ihr nicht unlieb ist (die Actrice lässt sich von einem theatereigenen Auto fahren). Der Weg dehnt sich, aber so sieht sie etwas von Wien, und bald wandert sie vom 13. durch den 7. in den 1. Bezirk, als täte sie es ihr Leben lang, meist durch die Märzstraße, die Seiden- und die Lindengasse (sie freut sich an den Namen), und dann vorbei am protzigen Messepalast und am Klotz des Kunsthistorischen Museums direkt auf »die Burg« zu.
    Felices Loge erwartet

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