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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Samt. Zum ersten Mal wird ihr bewusst, dass der Zauber, den er auf der Bühne ausübt, nicht nur auf seiner körperlichen Präsens beruht, sondern derart stark mit seiner Stimme zusammenhängt, den Veränderungen und Nuancen, zu denen sie fähig ist, dem melodischen Klang und den Zwischentönen. Hier vor diesem Mikrofon spricht er ein gestochen klares Hochdeutsch. Trotzdem schwingt ein gewisses Etwas mit, etwas Besonderes, wo man einfach hinhören muss.
    »Also«, sagt der Reporter gerade, »wir wollten uns ja eigentlich nicht in Probleme der Sprachwissenschaft verlieren, Herr Laskarow. Es geht, Sie erwähnten es schon, um etwas anderes, Ihr Theater, das – wie nennt es sich doch gleich – Künstler-Theater Laskarow, das in der letzten Zeit ja für einen handfesten Skandal gut war.«
    »Den Skandal haben andere gemacht, nicht wir.«
    Seibt räuspert sich. »Sie scheinen es zu verstehen, die Dinge zu Ihren Gunsten zu drehen. Nun, das ist man ja gewohnt von Leuten ... Ihrer Herkunft.« Sein Ton wird nun schneidend: »Ist es nicht vielmehr so, dass Sie in Ihrer letzten Aufführung auf empörende Weise provoziert haben?«
    Schlomos Stimme bleibt gleichmütig und sanft. »Was ist provozierend daran, wenn man in einem alten Stück Dinge wiederentdeckt, die uns nahegehen? Ich habe mir sagen lassen, die großen Staatstheater machen das auch.«
    »Was für ein Vergleich, entschuldigen Sie schon! Aber das nur nebenbei: Herr Laskarow, Hand aufs Herz. Sie können doch nicht im Ernst Ihre – hm – volkstümliche Bühne und ihre seichten Stücke mit den Aufführungen der Staatstheater vergleichen!«
    »Das tue ich doch gar nicht. Wir spielen unser Stück für ein völlig anderes Publikum, was nicht bedeutet, dass wir Laien sind. Man braucht uns.«
    »Wozu braucht man Sie, Herr Laskarow? Dass Sie Ihren Glaubensgenossen vormachen, wie man Widersetzlichkeit und Größenwahn praktiziert?«
    »Was ist daran widersetzlich und größenwahnsinnig, wenn man sich gegen Ungerechtigkeit zur Wehr setzt?«, sagt Schlomo. Noch immer reagiert er ganz bewundernswert auf alle Unverschämtheiten, fi ndet Leonie.
    Seibt holt tief Luft. »Sie sind ja wirklich ein Meister darin, mir aalglatt auszuweichen, indem Sie sich immer nur auf dies Stück beziehen. Aber das ist doch nicht die Frage. Es geht darum, dass Sie – als dieser Bar Kochba – und Ihr Haus offenbar die Ordnung in dieser Stadt untergraben wollen!«
    »Ich spiele Theater!«
    »Ja, Sie spielen Theater. Und Sie wissen ganz genau, was Sie damit erreichen. Sie gießen Öl ins Feuer, statt mäßigend zu wirken. Finden Sie nicht, dass es schon genug Probleme zwischen Ihres gleichen und dem deutschen Volk gibt? Warum das noch schüren, indem man sich unverschämt und aufmüpfi g gibt?«
    Leonie auf ihrem Stuhl da im Flur stockt fast der Atem. Das kann unmöglich gut gehen! Wie wird Schlomo reagieren auf eine solche Frech heit?
    Einen Moment ist es still. Dann die wohlklingende Stimme: »Meinesgleichen, verehrter Herr, ist vor ein paar Wochen durch die Straßen des so genannten Scheunenviertels gehetzt worden wie eine Meute Hasen von den Hunden. Ich war dabei, ich habe es selbst erlebt! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, wie Frauen, Kinder, alte Leute gepeinigt und gedemütigt wurden. Vollkommen wehrlos! Sie hatten niemandem etwas getan! Es war entsetzlich, glaubenSie mir. Und da haben wir vom Theater uns einfach gedacht: Wenn sich schon keiner wehrt, dann können wir doch wenigstens zeigen, dass man es kann, in einem alten Stück, einem Theaterstück von früher. Als die Juden noch um ihre Freiheit und um ihr Recht kämpften. Vielleicht gibt das denen im Zuschauerraum ein bisschen Kraft.«
    Leonie hört, wie der Moderator nach Luft schnappt. Sie verpasst seine nächste Frage, denn ein junger Mann in schlottrigem Anzug, der ein großes Cello vor sich her trägt, erscheint im Gang. »Was ist denn heute hier los?«, fragt er statt eines Grußes. »Überall im Haus, wo ein Lautsprecher ist, hängen die Leute davor und lachen sich eins. Sie sagen, Oskar Seibt macht sich gerade zum Obst.« (Leonie hat den Ausdruck noch nie vorher gehört, aber er gefällt ihr gleich. Sich zum Obst machen! Sehr schön.)
    »Hören Sie einfach zu«, sagt sie. Der Mann mit dem Cello nimmt neben ihr auf einem der Wartezimmerstühle Platz. Gerade ertönt Schlomos nächste Antwort aus dem Lautsprecher, und jetzt kommt ein gewisses Bar-Kochba-Pathos in seine Stimme: »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen. Wollen Sie

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