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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Achse. »Und das hier alles? Das lila Zeug und die Decken? War hier Kindergeburtstag mit Kaspertheater?« (Leonie knufft ihn in den Rücken.)
    »Herr Laskarow!« Der Mann vom Rundfunk guckt beleidigt. »Das dient der besseren Akustik. Der Schallisolierung.«
    »Hm. Und wo werde ich sprechen?«
    »Sie sitzen mit Herrn Seibt vor den Mikrofonen. Hier.« »Ewiger!«, entfährt es Schlomo. Er hält sich die Hand vor den Mund, um nicht loszuprusten.
    Auf einem Küchenstuhl, durch drei untergelegte Berliner Te - le fon bücher auf die richtige Höhe gebracht, stehen auf einem Sperrholzbrett zwei fette schwarze Ungetüme in einer Art Strahlenkranz – die Mikrofone. Rechts und links von dieser Vorrichtung zwei Schemel für die Sprecher.
    »Wenn Sie nun bitte draußen warten würden? Herr Seibt muss jeden Augenblick kommen, für die letzten Vorbereitungen. Wir senden in sechs Minuten.« Er komplimentiert die beiden hinaus.
    Schlomo lehnt sich an die Wand, steckt die Hände in die Hosentaschen. »Soll man diese Leute etwa ernst nehmen? Jede schofl ige Probebühne bei uns war besser ausgestattet!«
    »Sie haben vielleicht kein Geld, aber sie haben einen Auftrag.« »Was für einen Auftrag?«
    »Dein Vater sagt, es gibt eine Weisung von der Regierung, das hier auszuprobieren. Und immerhin hält sich die Sache schon seit vier Wochen.«
    »Na gut!«, seufzt der Hauptdarsteller. »Ich bin so enttäuscht! Ich dachte, das ist was Großes.«
    Ein rundlicher Herr kommt geschäftig den Gang entlang. »Das ist bestimmt der Reporter.«
    »Ich bin Oskar Seibt!«, erklärt er denn auch und verneigt sich leicht. »Habe ich die Ehre mit Herrn Laskarow?« (Schlomos ausgestreckte Hand übersieht er.) »Gnädiges Fräulein – schön, dass Sie mitgekommen sind als moralische Unterstützung.« Er lächelt sie an.
    Er hat nicht nur eine rundliche Figur, sondern auch ein rundlichesGesicht und trägt eine Brille mit runden Gläsern wie Insektenaugen (erst der mit dem Kneifer und nun der hier ...). Nun holt er eine Taschenuhr von der Größe einer Billardkugel vor. »Noch drei Minuten. Pünktlichkeit ist alles beim Rundfunk!«
    Leonie wirft einen Blick auf Schlomo neben ihr. Er kommt geradezu ins Schielen und die Narbe schräg über seiner Braue rötet sich. Als sie seinem Blick folgt, sieht sie es. Dieser Reporter trägt am Revers seines Jacketts ein schwarzes Band mit zwei Silberstreifen: den Orden »Pour le Mérite«. Herr Oskar Seibt ist im Krieg hoch dekoriert worden; dass er ihn hat, diesen Orden, dagegen sagt ja keiner was, aber dass er ihn hier demonstrativ spazieren trägt, bei seiner Arbeit, das kann kein Zufall sein. Und er hat Schlomo nicht die Hand gegeben ...
    Sie kriegt einen Schrecken. Daher weht also der Wind. Das ist wohl kaum als ein freundliches Gespräch geplant hier ... »Mach keinen Fehler, Schlomo!«, sagt sie leise.
    »Keine Sorge!«
    Er verschwindet hinter dem Mann durch die Tür zur Dachkammer, und sie sinkt auf einen der Stühle, die man hier im Flur aufgestellt hat (wie im Warteraum beim Zahnarzt), und verschränkt die Finger. Nicht einmal Massel und Broche hat sie ihm gewünscht!
    Sie zuckt zusammen. Aus dem Lautsprecher an der Wand dringt ein ohrenbetäubendes Pfeifen, Krächzen, Scheppern. Dann wird es leiser, und eine blechern klingende Stimme (die des Reporters) begrüßt die lieben Hörerinnen und Hörer zur heutigen Sendung des Rundfunks aus dem Funkhaus in Berlin. ( Funkhaus ? Diese schäbige Dachkammer? Leonie glaubt, sich verhört zu haben.) »Zu Beginn unserer Sendung haben wir heute, liebe Hörerinnen und Hörer, eine Rarität für Sie. Vor mir sitzt ein Wesen besonderer Art. Man höre und staune: ein jiddischer Schauspieler. Ich begrüße Sie, Moische Laskarow.«
    Und dann ein leises Lachen und Schlomos Stimme: »Danke, aber nicht alle Juden heißen Moische. Mein Name ist Schlomo, die jiddische Form von Salomon, Herr Seibt.«
    Der andere räuspert sich. »Nun, es sei mir verziehen. Apropos Jiddisch? Sie sprechen, wie ich merke, sehr gut Hochdeutsch?«
    »Ich bin hier geboren. Deutsch ist die eine meiner Muttersprachen.«
    »Neben Hebräisch, nehme ich an.«
    »Nein. Neben Jiddisch.«
    »Aber das ist doch keine ...«, wieder räuspert sich der Reporter.
    »... keine Sprache?«, fällt Schlomo ein. »Oh doch. Und deswegen spielen wir ja auch jiddisches Theater. In dieser Tradition.«
    Leonie entspannt sich. Schlomo spricht ruhig und überlegen und neben dem blechernen Organ des Reporters klingt seine Stimme wie

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