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Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Dreibettzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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hatte. Das »Wilde Mannle« war den jungen Familien zum Opfer gefallen. Weil die nämlich unglaublich gern wandern, regionale Spezialitäten essen, abends beim teuren Lokalwein über Nachhaltigkeit plaudern und danach Kinder zeugen, hat das »Wilde Mannle« reagiert und sich in ein Familienhotel verwandelt.
    Zwischen schreienden Babys, schwangeren Frauen und offenen Windeleimern verlor mein Chefredakteur die Lust und seine Geliebte ihren Sex-Appeal. Bereits nach der ersten Nacht reiste Dr. Schade erbost ab und macht seitdem seinem Hass auf junge Familien bei jeder Gelegenheit gehörig Luft. Die ganze Redaktion leidet seit Wochen unter seiner schlechten Laune.
    Nadine, unsere attraktive Langzeitpraktikantin, wollte auch mal mit mir in ein Hotel fahren, zwecks Zukunftsplanung. Dabei habe ich ihr schon tausendmal erklärt, dass wir keine Zukunft haben. Zumindest nicht zusammen. Aber sie meint, so etwas Wichtiges könnten wir nur gemeinsam entscheiden. Außerdem hätte sie gern bald Kinder. Dabei haben wir nur ein- oder zweimal rumgeknutscht, als wir uns zufällig getroffen haben. Seitdem erzählt sie in der Redaktion herum, wir wären ein Paar. Ich habe schon versucht, sie bei Betriebsrätin Anne Germoser als Stalkerin anzuzeigen, aber die hat mich nur ausgelacht.
    Nadine hat Jura und Journalismus an einer internationalen Uni in Budapest studiert, spricht vier oder fünf Sprachen und ist eine fiese Mischung aus schlau und schön. Wahrscheinlich hat Herr Dr. Schade ihr Praktikum aus Vorfreude auf einen Betriebsausflug im ganz kleinen Kreis einfach verlängert. Allerdings könnte sich auch Kollegin Anne Germoser für ihre Aufenthaltsgenehmigung beim »Münchner« eingesetzt haben. Sie hätte nämlich lieber einen Halbtagsvertrag und würde Nadine gern den Großteil ihrer Arbeit abtreten. Weiß jeder, außer Nadine.
    Die sieht mir jetzt direkt in die Augen und schlägt vor, über »den Unterschied zwischen Männern und Frauen« zu diskutieren. »Ihr habt doch alle Beziehungen«, ermuntert sie die Runde. »Erzählt mal davon!«
    »Wir verraten auch euren Frauen nichts«, ergänzt Anne. »Dann schlagen sie euch nicht zu Hause.« Sie klatscht mit Nadine ab.
    Anne ist über dreißig, das nicht erst seit gestern, ungeschminkt, das jeden Tag, Mutter einer Tochter – und wenn sie sich nicht immer so über Männer aufregen würde, könnte sie locker die neue Familienministerin werden: Sie ist klug, kampflustig und so dermaßen politisch korrekt, dass es selbst die von ihr verteidigten Randgruppen nervt. In ihrer Freizeit meißelt sie die Kurven der großen Emanzen aus Stein.
    »Beziehungen machen keinen Sinn«, kontere ich. »Das Überleben der Menschheit steht und fällt damit, dass wir regelmäßig unsere Sexualpartner wechseln.«
    Nadine funkelt mich böse an. »Du bist echt so gestört!«
    Nur weil ich nicht auf Beziehungen stehe? Okay, es gab da mal eine Frau, Adoré, die war so wunderschön und derart beknackt, dass ich mich Hals über Kopf in sie verliebte. »Amour fou« nennen die Franzosen das. Und die Franzosen müssen es wissen. Als ich mal kurz nicht aufpasste, hat Adoré mir das Herz herausgerissen. Kaum hatte es aufgehört, übermütig zu klopfen, ließ sie es fallen und schnappte sich das nächste.
    Keine Ahnung, was aus Adoré geworden ist. Angeblich arbeitet sie irgendwo im Ausland. Genau wie mein Herz.
    Landgraf seufzt, steckt sein Smartphone ein und steht auf.
    »Sorry, Leute, ich will eure Diskussion ja nicht unterbrechen, aber ich muss meine Tochter aus der Kita abholen, ist ein Notfall. Die Kleine hat leichtes Fieber.«
    Leichtes Fieber? Ein Notfall? Ich habe seit drei Tagen nicht geschlafen und schon wieder einen mordsmäßigen Kater – was würde ich für »leichtes Fieber« geben!
    Hektisch stapelt Landgraf seine Unterlagen übereinander. Dabei segelt ein fliederfarbener Umschlag auf den Konferenztisch. Er sieht aus, als steckte darin die seit Jahrhunderten verschollene Einladung zur Hochzeit von Barbie und Ken.
    »Ach ja.« Landgraf deutet auf den Umschlag. »Ich habe hier noch die Einladung zu einer zweiwöchigen Pressereise ins Hotel ›Zum Wilden Mannle‹.«
    Er verstummt schlagartig, als ihm klar wird, dass jede Erwähnung des Ortes, an dem Herr Dr. Schade sein erotisches Waterloo erlebte, ihn endgültig den Kopf kosten kann. Ruckartig steht er auf.
    »Na ja. Ich muss dann mal los.« Mit gebeugtem Rücken schleicht Landgraf von dannen, als würde er mit dieser Gangart weniger Aufsehen

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