Dreibettzimmer: Roman (German Edition)
öfter vor«, erklärt er mir. »Manche Männer führen jahrelang Scheinehen, und irgendwann werden sie mit einem Kumpel in der Sauna erwischt. Da denkt niemand an die Spätfolgen für unsere Kinder.« Er schaut mich eindringlich an.
»Aber er ist nicht schwul!«, insistiere ich.
Der Psychologe nickt nachdenklich und schaut wieder über seine Gläser ins Leere. »Natürlich ist er das nicht.«
Beim Frühstück setze ich mich zwischendurch zu Stanley Fröhlich und seiner Familie. Als die Kinder und seine Frau Nachschub am Büfett holen, befrage ich ihn zum neuesten Hotelflurfunk. Stanley ist sogar richtig erleichtert, dass ich ihn darauf anspreche.
»Es geht das Gerücht um, dass Anne bloß eine Leihmutter sei.« Seit der Schlägerei in der Therme gelten Mr. Perfect und ich als heimliches Männerpaar. Aber da moderne Eltern ja generell tolerant sind, hat mich bisher niemand darauf angesprochen.
Die große Langeweile mit Kind führt zu Verleumdungen und Rufmord. Ein weiterer Punkt für meine Reportage: Vielleicht unterstelle ich den Familien auch noch Schwulenfeindlichkeit – wegen nicht auf Zeugung ausgerichteten Geschlechtsverkehrs oder so. Klingt fies katholisch.
»Und was denkst du?«, frage ich Stanley.
»Mir ist das so egal wie zweisprachige Elterninitiativen. Es gab mal eine Zeit, da habe ich in einem Klub gearbeitet, wo Männer sich gegenseitig …« Ich winke ab, so genau wollte ich das auch wieder nicht wissen.
Anne scheint nach dem Joggen bester Laune zu sein. Als wir gefrühstückt haben, bitte ich sie, noch einen Moment sitzen zu bleiben. Wenn ich ihr hier in aller Öffentlichkeit von Dr. Schades teuflischen Plänen berichte, flippt sie hoffentlich nicht ganz so schlimm aus. Leonie sitzt da und rührt versonnen in ihrem Kindermüsli.
»Ich muss da noch etwas mit dir besprechen.«
Anne schaut überrascht. »Hast du Leonie nach dem Wickeln mit Rheumasalbe eingecremt?«
Ich schüttele den Kopf.
»Ins Bidet gepinkelt?«
Die hat ja eine Phantasie – was denkt die denn von mir?
Jetzt schüttelt sie entsetzt den Kopf und schaut mich voller Abscheu an. »Du hast nicht mit einer der hoteleigenen Milchpumpen masturbiert und dich dabei verletzt?«
»Nein!«, entgegne ich entrüstet.
»Wenn es schon wieder um Leonhardt geht, dann regelt eure Angelegenheiten bitte allein.«
Ich schüttele den Kopf, schaue auf meinen Teller, auf die Eierschalenreste, die Marmelade, die Obstschalen. Aber die helfen mir auch nicht. Also nehme ich all meinen Mut zusammen und sehe Anne an. Sie erbleicht.
»Herr Dr. Schade!«, stellt sie fest.
Ich nicke. »Genau.«
Doch Anne starrt nur über meine Schulter in Richtung Nachbartisch.
»Mein Auftrag …«, beginne ich, aber ihrem erschrockenen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hat Anne hinter mir soeben einen Yeti erblickt. Ich drehe mich um. Da steht mein Chef und schaut so erfreut, als hätte er mir seit zehn Minuten mit Zeige- und Mittelfinger unbemerkt Hasenohren an den Hinterkopf gehalten.
»Haben Sie mich erwartet?«, fragt er mit jovialem Grinsen und wuschelt Leonie durch die Löckchen. Die zieht Sicherheitshalber ihr Kindermüsli zu sich heran und legt die Arme darüber.
Anne bringt ihre entgleisten Gesichtszüge wieder unter Kontrolle, indem sie in ein Schokocroissant beißt.
»Wir denken ständig an Sie«, lügt sie mit vollem Mund. Schade ist entweder zu gut gelaunt oder zu abgebrüht, um ironische Zwischentöne herauszuhören.
»Entschuldigen Sie bitte: Was machen Sie hier?«, will ich wissen. »Wir haben alles im Griff!«
»Darf ich mich setzen?«, fragt Schade und nimmt Platz. Leonie zieht ihr Kindermüsli noch näher an sich heran und mustert Schade argwöhnisch.
»Ich habe Sie telefonisch nicht erreicht«, sagt mein Chef, während er Anne und mich vorwurfsvoll ansieht. »Nach meinen letzten Informationen wollen Sie, Caspar, sich um das Familienthema drücken.« Anne verschluckt sich. Ich haue ihr gern auf den Rücken.
Schade fährt fort: »Da habe ich beschlossen, Sie nach besten Kräften zu unterstützen.«
Ich glaube ihm kein Wort. Wahrscheinlich will der mich einfach kontrollieren. »Wollen Sie die Geschichte jetzt selbst schreiben? Dazu gibt es keinen Anlass, unsere Recherche geht gut voran, das sehen Sie ja.«
Ich erzähle meinem Chef von unseren Abenteuern und dem Ziel, den Bubsi in Platin zu gewinnen. Dabei wische ich Leonie wie zum Beweis mit meiner Serviette über den Mund. Sie streckt die Arme aus.
»Bitte Schoß.« Den Wunsch
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