Dreifach
lehnte den Kopf an die Wand.
»Hören Sie«, flüsterte er, »man kann Schiffe über den Sender erreichen ... oder ihnen ein Telegramm schicken ... wir können ihn immer noch erreichen ...«
»Sitzen Sie eine Minute lang still. Sprechen Sie nicht.«
»Fragen Sie meine Cousins ... Wer ist da?«
Suza wirbelte herum. Ein paar Kronleuchterscherben hatten geklirrt, und nun erkannte sie die Ursache.
Yasif Hassan kam durch die Diele auf sie zu.
Plötzlich stand Cortone mit größter Anstrengung auf.
Hassan blieb stehen.
Cortones Atemzüge waren keuchend und stoßhaft. Er kramte in seiner Tasche.
»Nein –«, rief Suza.
Cortone zog die Pistole.
Hassan stand wie angewurzelt auf der Stelle.
Suza schrie. Cortone taumelte, und die Pistole in seiner Hand wedelte durch die Luft.
Er drückte den Abzug. Zwei Schüsse ertönten mit einem gewaltigen, ohrenbetäubenden Doppelschlag. Sie schlugen ziellos in die Decke. Cortone sank zu Boden, sein Gesicht war dunkel wie der Tod. Die Pistole entfiel seiner Hand und krachte auf den gespaltenen Marmorboden.
Yasif Hassan übergab sich.
Suza kniete neben Cortone nieder.
Er öffnete die Augen. »Hören Sie mich an«, bat er heiser.
»Lassen Sie ihn, wir müssen gehen«, sagte Hassan.
Suza wandte ihm das Gesicht zu. Sie schrie so laut wie sie konnte: »Zur Hölle mit Ihnen.« Dann drehte sie sich wieder zu Cortone um.
»Ich habe viele Männer getötet«, sagte Cortone. Suza beugte sich näher zu ihm. »Elf Männer, die ich eigenhändig getötet habe ... Ich habe mit vielen Frauen geschlafen ...« Seine Stimme verklang, seine Augen schlossen sich, und dann sprach er nach einer mächtigen Anstrengung weiter. »Mein ganzes verfluchtes Leben hindurch bin ich ein Dieb und ein Tyrann gewesen. Aber ich sterbe für meinen Freund, nicht wahr? Das ist doch etwas wert? Ja?«
»Ja, es ist etwas wert.«
»Okay.«
Dann war er tot.
Suza hatte nie einen Menschen sterben sehen. Es war fürchterlich. Plötzlich war nichts mehr da, nichts außer einer Leiche – die Person war entschwunden. Kein Wunder, daß der Tod uns weinen läßt, dachte sie. Ihr wurde bewußt, daß ihr selbst Tränen über das Gesicht liefen. Dabei hatte sie ihn nicht einmal gern gehabt – bis eben.
»Sie haben gute Arbeit geleistet. Wir müssen uns davonmachen«, sagte Hassan.
Suza verstand nicht. Gute Arbeit? Plötzlich begriff sie. Hassan wußte nicht, daß sie Cortone von einem Verfolger erzählt hatte. Seiner Ansicht nach hatte sie genau das getan, was er von ihr erwartet hatte, das heißt, sie hatte ihn hierhergeführt.
Nun mußte sie versuchen, die Illusion, daß sie auf seiner Seite war, aufrechtzuerhalten, bis sie einen Weg gefunden hatte, Verbindung mit Nat aufzunehmen.
Ich kann nicht mehr lügen und betrügen, ich kann es nicht, es ist zuviel, ich bin müde, dachte sie.
Aber Cortone hatte gesagt, daß man ein Schiff über den Sender oder zumindest telegrafisch erreichen konnte.
Es war immer noch möglich, Nat zu warnen.
Oh Gott, wann darf ich schlafen?
Sie stand auf. »Worauf warten wir noch?«
Sie verließen das Haus durch den hohen, baufälligen Eingang. »Wir nehmen meinen Wagen«, befahl Hassan. Sie erwog, ihm davonzulaufen, aber es war eine närrische Idee. Er würde sie bald gehen lassen. Schließlich hatte sie getan, was er wollte. Nun würde er sie nach Hause schicken.
Suza stieg in den Wagen.
»Warten Sie«, sagte Hassan. Er lief zu Cortones Auto, zog den Zündschlüssel ab und warf ihn in die Büsche. Danach kehrte er zu seinem Wagen zurück. »Damit der Mann im Motorboot uns nicht folgen kann«, erklärte er. Während das Auto sich in Bewegung setzte, bemerkte er: »Ich bin über Ihre Haltung enttäuscht. Der Mann hat unseren Feinden geholfen. Sie sollten sich freuen, nicht weinen, wenn ein Feind stirbt.«
Sie bedeckte die Augen mit einer Hand. »Er hat seinem Freund geholfen.«
Hassan tätschelte ihr Knie. »Sie haben ausgezeichnet gearbeitet, ich sollte Sie nicht kritisieren. Durch Sie habe ich die Information, die ich brauchte.«
Suza blickte ihn an. »Durch mich?«
»Sicher, das große Schiff, das die Bucht verließ, war die Stromberg. Ich kenne ihre Abfahrtszeit und ihre Höchstgeschwindigkeit. Nun kann ich also ausrechnen, wann sie frühestens mit der Coparelli zusammentreffen wird. Und ich kann dafür sorgen, daß meine Leute einen Tag früher dort sind.« Er tätschelte ihr Knie von neuem und ließ diesmal die Hand auf ihrem Schenkel ruhen.
»Rühren Sie mich nicht an«,
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