Dreifach
Rückseite des Skalenblattes. Nur eine sehr genaue Prüfung würde verraten, daß der Draht nicht mit dem Meßinstrument verbunden war. Darauf brachte er den Rahmen wieder an und sicherte ihn mit den vier Schrauben.
Als Larsen hereinkam, goß er Getriebeöl nach.
»Kann ich das machen?« fragte Larsen. Er war der Bedienungsmann, und Schmieren gehörte zu seinen Aufgaben.
»Ich bin schon fertig.« Koch brachte den Schraubverschluß wieder an und verstaute die Büchse in einem Schrank.
Larsen rieb sich die Augen und steckte sich eine Zigarette an. Er warf einen Blick auf die Skalen, sah genauer hin und sagte: »Öldruck ist Null!«
»Null?«
»Ja.«
»Maschinen stoppen!«
»Aye, aye.«
Ohne Öl würde die Reibung zwischen den Metallteilen der Maschine sehr schnell eine solche Überhitzung verursachen, daß die Teile sich verformten, die Maschine stehenblieb und nie wieder zu reparieren war. Das plötzliche Fehlen des Öldrucks war so gefährlich, daß Larsen die Maschine sogar aus eigener Befugnis – ohne Kochs Genehmigung – hätte stoppen können.
Alle an Bord hörten, wie die Maschine stehenblieb und die Coparelli an Geschwindigkeit verlor; sogar jene Tagesarbeiter, die noch in ihren Kojen schliefen, hörten es durch ihre Träume hindurch und wachten auf. Bevor die Maschine ganz stillstand, war die Stimme des Ersten Ingenieurs durch das Sprachrohr zu hören. »Brücke! Was ist da unten los?«
Koch antwortete: »Plötzlicher Abfall des Öldrucks.«
»Haben Sie eine Ahnung, weshalb?«
»Noch nicht.«
»Halten Sie mich auf dem laufenden.«
»Aye, aye.«
Koch wandte sich an Larsen. »Wir müssen die Ölwanne abnehmen.«
Larsen holte einen Werkzeugkasten und folgte Koch ein halbes Deck hinunter, wo sie die Maschine erreichen konnten. »Wenn die Hauptlager oder die großen Endlager im Eimer wären«, fuhr Koch fort, »hätte der Öldruck nur allmählich fallen dürfen. Ein plötzliches Sinken bedeutet, daß es an der Ölzufuhr liegt. Das Aggregat enthält genug Öl – ich hab schon nachgesehen –, und es gibt kein Anzeichen für ein Leck. Wahrscheinlich ist eine Leitung blockiert.«
Koch schraubte die Ölwanne mit einem Elektroschlüssel los, und die beiden ließen sie auf das Deck nieder. Sie kontrollierten das Ölsieb, den Durchlauffilter, den Überdruckventilfilter und den Hauptüberdruckventilfilter, ohne ein Hindernis zu finden.
»Wenn nichts blockiert ist, muß es an der Pumpe liegen«, sagte Koch. »Holen Sie die Reservepumpe.«
»Sie muß in dem Speicher auf dem Hauptdeck sein«, sagte Larsen.
Koch reichte ihm den Schlüssel, und Larsen ging nach oben.
Nun mußte Koch sich beeilen. Er nahm die Verschalung der Ölpumpe ab, so daß zwei Zahnräder mit breiten Zacken freilagen. Dann zog er den Schraubenschlüssel von der elektrischen Bohrmaschine, setzte einen Bohrer auf und rückte den Zahnrädern zu Leibe. Er brach so viele Zacken heraus, daß die Räder fast unbrauchbar waren. Darauf legte er den Bohrer hin, griff zu einer Brechstange und einem Hammer, zwängte das Metall zwischen die beiden Räder und hebelte so lange, bis etwas mit einem lauten, dumpfen Krachen nachgab. Schließlich holte er eine Schraube aus gehärtetem Stahl, zerbeult und zerkratzt, aus der Tasche. Er hatte sie in Antwerpen mit an Bord des Schiffes genommen. Diese Schraube ließ er in die Ölwanne fallen.
Fertig.
Larsen kam zurück.
Koch merkte, daß der Bohrer immer noch auf der Maschine steckte. Als Larsen fortgegangen war, hatte das Gerät den Schraubenschlüsselaufsatz getragen. Er betete, daß es Larsen nicht auffallen würde.
»Die Pumpe ist nicht da«, meldete Larsen.
Der Ingenieur fischte die Schraube aus der Ölwanne. »Sehen Sie sich das an«, sagte er, um Larsen von dem verdächtigen Bohrer abzulenken. Er zeigte Larsen die kaputten Zahnräder der Ölpumpe. »Die Schraube mußhineingefallen sein, als die Filter zum letztenmal ausgetauscht wurden. Sie geriet in die Pumpe und ist seitdem immer wieder zwischen diesen Zahnrädern herumgewirbelt worden. Mich überrascht, daß wir das Geräusch trotz des Maschinenlärms nicht gehört haben. Egal, die Ölpumpe ist nicht mehr zu reparieren. Also müssen Sie die Ersatzpumpe unbedingt finden. Ein paar Leute sollen Ihnen beim Suchen helfen.«
Larsen verschwand. Koch entfernte den Bohrer und setzte den Schraubenschlüssel wieder auf das Gerät. Er rannte die Stufen zum Hauptmaschinenraum empor, um das andere Indiz zu beseitigen. Er arbeitete so schnell, wie er
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