Dreifach
spähte hinaus.
Niemand.
Koch schaltete das Licht aus, trat hinaus, zog die Tür hinter sich zu und schloß sie ab. Er ging an der Passage entlang und erreichte das Deck.
Niemand.
Es regnete immer noch. Er konnte nur ein paar Meilen weit sehen, was ihn freute, weil auch jeder andere eine so schlechte Sicht haben würde.
Er überquerte das Deck zum Schandeckel, beugte sich über die Reling, ließ die Ölpumpe ins Meer fallen, drehte sich um und stieß jemanden an.
Ein Kuchen, den mir meine Mutter geschickt hat. Er war so trocken ...
»Wer ist da?« fragte eine Stimme in fremdländischem Englisch.
»Der Ingenieur. Und Sie?« Während Koch sprach, wurde das Profil des anderen Mannes in der Decksbeleuchtung sichtbar, und er erkannte die rundliche Gestalt und das großnasige Gesicht des Funkers.
»Ich konnte nicht schlafen«, sagte der Funker. »Ich ... ich wollte etwas frische Luft schnappen.«
Er ist genauso schuldbewußt wie ich, dachte Koch. Warum wohl? »Eine lausige Nacht. Ich lege mich hin.«
»Gute Nacht.«
Koch machte sich zu seiner Kabine auf. Merkwürdiger Bursche, dieser Funker. Er gehörte nicht zur Stammbesatzung, sondern war in Cardiff angeheuert worden, nachdem der erste Funker sich das Bein gebrochen hatte. Wie Koch war er so etwas wie ein Außenseiter. Gut, daß er auf ihn, und nicht auf einen der anderen, gestoßen war.
In seiner Kabine zog er seine nasse Oberbekleidung aus und legte sich auf seine Koje. Er wußte, daß er keinen Schlaf finden würde. Sein Plan für morgen stand fest, eshatte wenig Sinn, ihn noch einmal durchzugehen. Also versuchte er, an andere Dinge zu denken: an seine Mutter, die die besten Reibekuchen der Welt machte; an seine Verlobte, deren Lippen Unglaubliches anstellen konnten; an seinen geistesgestörten Vater, der nun in einer Anstalt in Tel Aviv lebte; an das finessenreiche Tonbandgerät, das er sich nach diesem Auftrag von seinem ausstehenden Gehalt kaufen würde; an seine schöne Wohnung in Haifa; an die Kinder, die er haben würde, und daran, daß sie in einem Israel aufwachsen sollten, das von künftigen Kriegen verschont bleiben würde. Zwei Stunden später stand er auf. Er ging nach achtern in die Kombüse, um sich etwas Kaffee zu holen. Der Gehilfe des Schiffskochs stand in mehrere Zentimeter hohem Wasser und briet Schinken für die Mannschaft.
»Scheißwetter«, sagte Koch.
»Es wird noch schlimmer werden.«
Koch trank seinen Kaffee, füllte seinen Becher und einen zweiten von neuem und nahm sie mit zur Brücke hinauf. Dort traf er den Ersten Offizier an. »Guten Morgen.«
»Kann man nicht sagen«, antwortete der Erste Offizier, der den strömenden Regen beobachtete.
»Kaffee?«
»Sehr freundlich von Ihnen. Vielen Dank.« Koch reichte ihm den Becher. »Wo sind wir?«
»Hier.« Der Offizier zeigte ihm ihre Position auf einer Karte. »Genau nach Fahrplan, trotz des Wetters.«
Koch nickte. Es bedeutete, daß er das Schiff in fünfzehn Minuten zum Stehen bringen mußte. »Bis später.« Er verließ die Brücke und ging nach unten in den Maschinenraum.
Der Zweite Ingenieur wartete schon. Er wirkte recht frisch, als wenn er während des Nachtdienstes ein ausgiebiges Schläfchen gemacht hätte. »Wie ist der Öldruck?« fragte Koch.
»Konstant.«
»Gestern schwankte er ein bißchen.«
»Nun, heute nacht gab es jedenfalls keine Probleme«, sagte der Zweite Ingenieur. Er sprach etwas zu lebhaft, als fürchte er, man könnte ihm vorwerfen, er habe geschlafen, während der Anzeiger schwankte.
»Gut. Vielleicht gibt es sich von selbst.« Koch stellte seinen Becher auf eine gerade Motorhaube und nahm ihn schnell wieder hoch, als das Schiff schlingerte. »Wecken Sie Larsen auf dem Weg in Ihre Kabine.«
»In Ordnung.«
»Schlafen Sie gut.«
Der Zweite Ingenieur ging hinaus. Koch trank seinen Kaffee aus und machte sich an die Arbeit.
Der Öldruckanzeiger lag in einer Reihe von Skalen hinter der Maschine. Die Skalen waren von einem dünnen Metallrahmen eingefaßt, der mattschwarz angemalt und von vier Schrauben gesichert war. Koch entfernte sie mit einem großen Schraubenzieher und zog den Rahmen ab. Dahinter lag ein Gewirr vielfarbiger Drähte, die zu verschiedenen Anzeigen führten. Koch tauschte seinen gro- ßen Schraubenzieher gegen einen kleinen elektrischen mit isoliertem Griff aus. Mit ein paar Drehungen löste er einen der Drähte zum Öldruckanzeiger. Er wickelte ein paar Zentimeter Isolierband um das bloße Ende des Drahtes und klebte es an die
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