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Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Oberst. Viele hochbegabte Kinder bewerben sich hier um einen Platz ...«
    »Haben sie alle in der Prüfung hundert Prozent erzielt?«
    »Dazu kann ich mich leider nicht ...«
    »Sie wissen, wer ich bin«, unterbrach Rostow schroff. »Sie wissen, daß ich es herausfinden kann.«
    »Genosse Oberst, Sie sind mir sympathisch, und ich möchte Ihren Sohn in meiner Schule haben. Bitte, machen Sie sich nicht selbst Schwierigkeiten, indem Sie einen Skandal anzetteln. Wenn Ihr Sohn sich in einem Jahr wieder bewirbt, hat er eine ausgezeichnete Chance, aufgenommen zu werden.«
    Man warnte KGB-Offiziere nicht davor, sich selbst Schwierigkeiten zu machen. Rostow begann zu begreifen. »Aber er hat wirklich hundert Prozent geschafft.«
    »Mehrere Bewerber haben in der schriftlichen Prüfung hundert Prozent erzielt ...«
    »Vielen Dank«, sagte Rostow und legte den Hörer auf. Es war dunkel im Wohnzimmer, aber er knipste das Licht nicht an. Er saß in seinem Sessel und dachte nach. Der Direktor hätte mühelos behaupten können, alle Bewerberseien fehlerlos geblieben, aber den meisten Menschen fällt es nicht leicht, eine Lüge zu improvisieren. Ausflüchte sind einfacher. Rostow würde sich jedoch Probleme schaffen, wenn er das Ergebnis in Frage stellte.
    Jemand hatte also seine Beziehungen spielen lassen. Weniger begabte Kinder waren aufgenommen worden, weil ihre Väter mehr Druck ausgeübt hatten. Rostow beherrschte seinen Zorn. Ärgere dich nicht über das System, redete er sich zu, sondern nutze es aus.
    Auch er konnte einige Beziehungen spielen lassen. Er hob den Telefonhörer ab und rief seinen Chef, Felix Woronzow, zu Hause an. Dessen Stimme klang etwas seltsam, aber Rostow achtete nicht darauf. »Hör zu, Felix, mein Sohn ist von der Physikalisch-Mathematischen Schule abgelehnt worden.«
    »Das ist bedauerlich«, sagte Woronzow. »Aber schließlich kann nicht jeder es schaffen.«
    Das war nicht die erwartete Reaktion. Jetzt schenkte Rostow dem Tonfall seines Chefs mehr Aufmerksamkeit. »Was meinst du damit?«
    »Mein Sohn wurde angenommen.«
    Rostow schwieg einen Moment lang. Er hatte gar nicht gewußt, daß Felix’ Sohn sich beworben hatte. Der Junge war gescheit, aber nicht halb so intelligent wie Wladimir. Rostow riß sich zusammen. »Dann erlaube mir, daß ich dich als erster beglückwünsche.«
    »Danke«, erwiderte Felix verlegen. »Aber weshalb hast du mich angerufen?«
    »Oh ... ich möchte eure Feier nicht unterbrechen. Es kann noch bis morgen warten.«
    »In Ordnung. Bis morgen.«
    Rostow hängte ein und stellte das Telefon sanft auf den Fußboden. Wenn der Sohn irgendeines Bürokraten oder Politikers aufgrund von Beziehungen aufgenommen worden wäre, hätte Rostow dagegen ankämpfen können. Jede Akte hatte irgendeinen dunklen Punkt. Die einzige Person,gegen die er nichts ausrichten konnte, war ein höherer KGB-Mann. Es gab keine Möglichkeit für ihn, etwas an der diesjährigen Platzvergabe zu ändern. Also würde Wladimir sich im nächsten Jahr wieder bewerben. Aber dann konnte das gleiche geschehen. Irgendwie mußte er innerhalb eines Jahres eine Position erreichen, in der die Woronzows dieser Welt ihm nichts mehr anhaben konnten. Beim nächstenmal wurde er die ganze Sache anders anfassen. Als erstes würde er die KGB-Akte des Direktors konsultieren. Er würde sich die vollständige Liste der Bewerber besorgen und jedem zusetzen, der sich als Bedrohung erweisen konnte. Daneben würde er Telefone abhören und Briefe öffnen lassen, um herauszufinden, wer Druck ausübte.
    Zunächst einmal mußte er diese Position der Stärke aber erreichen. Nun sah er ein, daß er sich Selbstgefälligkeiten hinsichtlich seiner Karriere nicht leisten konnte. Wenn man so mit ihm umsprang, mußte sein Stern schon am Verblassen sein.
    Der Coup, den er so beiläufig für die nächsten zwei oder drei Jahre geplant hatte, mußte vorgezogen werden.
    Er saß in dem dunklen Wohnzimmer und überlegte sich seine ersten Schritte.
    Marja kam nach einer Weile herein und setzte sich schweigend neben ihn. Später brachte sie ihm Essen auf einem Tablett und fragte ihn, ob er fernsehen wolle. Er schüttelte den Kopf und schob die Mahlzeit beiseite. Kurz darauf zog sie sich leise ins Schlafzimmer zurück.
    Jurij – er war angeheitert – kam um Mitternacht zurück. Er betrat das Wohnzimmer und schaltete das Licht an. Überrascht und erschrocken, seinen Vater vor sich zu sehen, machte er einen Schritt zurück.
    Rostow stand auf und schaute seinen

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