Dreifach
Rostow, wie sich versteht, nicht den gleichen großen Überblick über die Dinge wie seine Vorgesetzten. Deshalb hat er versäumt, Sie auf einen anderen Aspekt der Situation aufmerksam zu machen. Die gegenwärtige Beobachtung Dicksteins wurde von unseren ägyptischen Verbündeten eingeleitet und ist bis jetzt ausschließlich in deren Hand.
Aus politischen Gründen würde ich nicht empfehlen, uns da einzumischen, was Rostow für möglich zu halten scheint. Wir sollten ihnen höchstens unsere Kooperation anbieten.
Unnötig zu erwähnen, daß diese Aktion, die internationale Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten erfordert, von Abteilungsleitern und nicht von ihren Stellvertretern koordiniert werden sollte.
(Unterschrift)
Felix Woronzow
An:
Leiter, Europäische Abteilung
Von:
Amt d. Vorsitzenden, Komitee für Staatssicherheit
Kopie:
Stellvertretender Leiter, Europäische Abteilung
Datum:
28. Mai 1968
Genosse Woronzow,
Genosse Andropow hat mich beauftragt, Ihr Memorandum vom 26. Mai zu beantworten.
Auch er meint, daß die politischen Konsequenzen von Rostows Plan berücksichtigt werden müssen, aber er ist dagegen, den Ägyptern die Initiative zu überlassen, während wir nur »kooperieren«. Ich habe mit unseren Verbündeten in Kairo gesprochen, und sie haben zugestimmt, daß Rostow die Ermittlungen gegen Dickstein unter der Bedingung leiten soll, daß einer ihrer Agenten als vollwertiges Mitglied in die Gruppe aufgenommen wird.
(Unterschrift)
Maxim Bykow, persönlicher Assistent des Vorsitzenden
(Mit Bleistift geschriebener Zusatz)
Felix, laß mich mit dieser Sache in Ruhe, bis du ein Ergebnis hast. Und behalte Rostow im Auge – er hat es auf deinen Posten abgesehen.
Wenn du dich nicht zusammenreißt, werde ich ihn Rostow geben.
Jurij.
An:
Stellvertretenden Chef, Europäische Abteilung
Von:
Amt d. Vorsitzenden, Komitee für Staatssicherheit
Kopie:
Datum:
29. Mai 1968
Genosse Rostow,
Kairo hat jetzt den Agenten nominiert, der in den Dickstein-Ermittlungen zu Ihrer Gruppe gehören wird. Es ist der Agent, der Dickstein in Luxemburg entdeckte. Sein Name ist Yasif Hassan.
(Unterschrift)
Maxim Bykow, persönlicher Assistent des Vorsitzenden
*
Wenn er Vorträge im Ausbildungszentrum hielt, sagte Pierre Borg immer: »Meldet euch, meldet euch dauernd – nicht erst, wenn ihr etwas benötigt, sondern möglichst jeden Tag. Wir müssen wissen, was ihr tut, und wir könnten wichtige Informationen für euch haben.« Dann gingen die Rekruten in die Bar und hörten Nat Dicksteins Motto: »Meldet euch erst, wenn ihr mehr als 100 000 Dollar braucht.«
Borg ärgerte sich über Dickstein. Er ärgerte sich leicht, besonders dann, wenn er nicht wußte, was anderswo vorging. Zum Glück beeinträchtigte der Ärger nur selten sein Urteil. Er ärgerte sich auch über Kawash. Zwar konnte er einsehen, daß Kawash ihn in Rom hatte treffen wollen – die Ägypter hatten dort eine große Mannschaft, so daß Kawash leicht einen Vorwand finden konnte, um dorthin zu fliegen –, aber es gab keinen Grund, sich in einem gottverdammten Badehaus zu treffen.
Borg ärgerte sich auch, wenn er in seinem Büro in Tel Aviv saß, sich über Dickstein, Kawash und die anderen Sorgen machte und vergeblich auf Botschaften wartete, bis er glaubte, sie meldeten sich nicht, weil er ihnen unsympathischwar. Dann wurde er wütend, zerbrach Bleistifte und feuerte seine Sekretärin.
Ein Badehaus in Rom, um Himmels willen – dort würde es nur so von Schwulen wimmeln. Außerdem gefiel Borg sein Körper nicht. Er schlief in Pyjamas, ging nie zum Schwimmen, probierte nie in Geschäften Kleidungsstükke an, war nie nackt, außer wenn er sich morgens rasch duschte. Nun stand er in der Sauna und hatte sich das größte Handtuch, das zu finden war, um die Hüfte geschlungen. Ihm war unangenehm bewußt, daß er, abgesehen von seinem Gesicht und seinen Händen, weiß war, sein Fleisch weich und wabbelig und daß sich ein Pelz ergrauender Haare über seine Schultern zog.
Er entdeckte Kawash. Der Körper des Arabers war schlank, dunkelbraun und kaum behaart. Ihre Augen trafen sich durch den Dampf hindurch, und wie ein geheimes Liebespaar gingen sie Seite an Seite, ohne sich anzusehen, in ein separates Zimmer mit einem Bett.
Borg war erleichtert, sich nicht mehr zur Schau stellen zu müssen, und wartete ungeduldig auf Kawashs Neuigkeiten. Der Araber schaltete die Maschine ein, die das Bett vibrieren ließ. Ihr Summen würde Wanzen, falls es hier welche
Weitere Kostenlose Bücher