Dreifach
hatte keine Ahnung, wo er in drei Wochen sein würde – er wußte also nicht, wann er sie wiedersehen konnte. Doch er würde sie wiedersehen, wenn er überlebte.
Alles – Vergangenheit und Zukunft – sah jetzt anders aus. Die letzten zwanzig Jahre seines Lebens schienen eintönig, obwohl er Menschen erschossen hatte und auf ihn geschossen worden war, obwohl er durch die ganze Welt gereist war, sich verkleidet, Menschen betrogen und unglaubliche Taten vollbracht hatte. Alles kam ihm jetzt sinnlos vor.
Während er in der Badewanne saß, überlegte er, was er mit dem Rest seines Lebens anfangen sollte. Er hatte sich entschieden, nicht mehr als Spion zu arbeiten – aber was würde er tun? Alle Möglichkeiten schienen ihm offenzustehen. Er konnte für die Knesset kandidieren, sein eigenes Geschäft gründen oder einfach im Kibbuz bleiben und den besten Wein in Israel herstellen. Würde er Suza heiraten? Wenn ja – würde sie in Israel leben? Er genoß die Ungewißheit; es war, als grübelte man darüber nach, welche Geburtstagsgeschenke man bekommen würde.
Wenn ich überlebe, dachte er. Plötzlich stand noch viel mehr auf dem Spiel. Er hatte Angst zu sterben. Bis jetzt war der Tod etwas gewesen, dem man mit allem Geschick aus dem Weg gehen mußte, weil es sozusagen ein schlechterSchachzug war. Aber nun wollte er unbedingt leben: um wieder mit Suza zu schlafen, um ein gemeinsames Heim mit ihr zu haben, um alles über sie zu erfahren – ihre Eigenheiten, ihre Angewohnheiten und Geheimnisse, die Bücher, die sie mochte, was sie von Beethoven hielt und ob sie schnarchte.
Es wäre schrecklich, wenn er so bald sein Leben verlöre, nachdem sie es ihm gerade wiedergegeben hatte.
Dickstein stieg aus der Wanne, trocknete sich mit einem Handtuch ab und zog sich an. Er mußte diesen Kampf gewinnen, um am Leben zu bleiben.
Als nächstes hatte er zu telefonieren. Er erwog, vom Hotel aus anzurufen, beschloß aber, jetzt besonders vorsichtig zu sein, und ging hinaus, um eine Telefonzelle zu suchen.
Das Wetter hatte umgeschlagen. Gestern war die Wolkendecke aufgerissen, und nun schien die Sonne angenehm warm. Er beachtete die Telefonzelle, die dem Hotel am nächsten war, nicht und schlenderte weiter zur nächsten: besonders vorsichtig. Dann schlug er die Nummer von Lloyd’s of London im Telefonbuch nach und wählte sie.
»Lloyd’s, guten Morgen.«
»Ich benötige ein paar Informationen über ein Schiff.«
»Dafür ist Lloyd’s of London Press zuständig. Ich verbinde.«
Dickstein wartete, betrachtete den Londoner Verkehr durch die Glasscheiben der Telefonzelle und überlegte, ob Lloyd’s seinen Wunsch erfüllen würde. Er hoffte es, denn er wußte nicht, an wen er sich sonst wenden sollte. Nervös wippte er mit dem Fuß.
»Lloyd’s of London Press.«
»Guten Morgen, ich hätte gern eine Auskunft über ein Schiff.«
»Was für eine Auskunft?« fragte die Stimme mit, wie es Dickstein schien, einer Spur von Mißtrauen.
»Ich möchte wissen, ob es Teil einer Bauserie ist. Wenn das der Fall ist, brauche ich die Namen der Schwesterschiffe, der Eigner und ihrer gegenwärtigen Aufenthaltsorte. Und am besten auch ihre Grundrisse.«
»Leider kann ich Ihnen nicht helfen.«
Dickstein wurde beklommen zumute. »Weshalb nicht?«
»Wir haben keine Grundrisse – das ist Lloyd’s Register, und sie geben die Pläne nur an die Eigner weiter.«
»Aber die anderen Auskünfte? Die Schwesterschiffe?«
»Auch dabei kann ich Ihnen nicht helfen.«
Dickstein hätte den Mann an der Gurgel packen mögen. »Wer denn?«
»Wir sind die einzigen, die solche Informationen haben.«
»Und Sie halten sie geheim?«
»Wir geben keine telefonische Auskunft.«
»Einen Moment, Sie meinen, daß Sie mir telefonisch nicht weiterhelfen können.«
»Genau.«
»Aber Sie können es, wenn ich Ihnen schreibe oder persönlich vorbeikomme.«
»Äh ... ja, diese Frage dürfte sich rasch erledigen lassen. Sie können also persönlich vorsprechen.«
»Geben Sie mir Ihre Adresse.« Er machte sich eine Notiz. »Und Sie wären in der Lage, diese Einzelheiten zu finden, während ich warte?«
»Ich glaube schon.«
»In Ordnung. Ich gebe Ihnen jetzt den Namen des Schiffes, damit Sie die Informationen bereithalten, wenn ich eintreffe. Es heißt Coparelli .« Er buchstabierte.
»Und Ihr Name?«
»Ed Rodgers.«
»Firma?«
»Science International.«
»Sollen wir Ihrer Firma eine Rechnung ausstellen?«
»Nein, ich bezahle mit einem persönlichen
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