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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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Stirn fasste – doch, er hatte Fieber –, und dann behutsam das nasse Tuch darauf legte.
    Fionas Blick fiel auf seinen linken Arm, den sie mühevoll verbunden hatte. Sie fragte sich, ob sie alles richtig gemacht hatte bei dem Versuch, Nannas Vorbild zu folgen. War sie überhaupt in der Lage, Lex gesund zu pflegen? Was sollte sie tun, wenn sich die Wunde entzündete?
    Weil sie ihm gern helfen wollte, aber nicht wusste, was sie noch für ihn tun könnte, fiel ihr nur ein, ihm einen Rat zu geben, den sie so oft von Nanna gehört hatte.
    »Schlaf dich gesund.«
    Lex blickte zur Seite und seufzte. »Mir ist nicht so nach Schlafen.«
    Sie brauchte einen Moment, um zu verstehen, warum er mit einem Mal so besorgt klang.
    »Ich weck dich«, versprach sie entschlossen. »Wenn der Albtraum wieder kommt, dann weck ich dich. Versprochen!«
    Er lächelte spöttisch. Und doch fand sie, dass Lex erleichtert wirkte, als er schließlich die Augen schloss. Bald darauf war er eingeschlafen.
     
    *
     
    Verstohlen löste sich Carras von der angelehnten Zimmertür und schlich die Treppe hinunter. Er hatte nicht lauschen wollen, nur einmal nach dem Rechten sehen. Doch seine Sorgen hatten sich bestätigt. Der schlechte Zustand seines sonst so kraftstrotzenden Freundes verunsicherte ihn. Ausgerechnet Lex, schwach und blass in einem Bett? Das passte überhaupt nicht zusammen. Das fühlte sich falsch an. Und was noch schlimmer war: Es machte ihm Angst.
    Wenigstens schien sich Lex mittlerweile etwas besser mit dem Menschenmädchen zu verstehen.
    Carras seufzte leise. Wo war eigentlich Serafin? Er fühlte eine Hand auf seiner Schulter, warf sich herum in die Arme des großen, dunklen Mannes, der wie ein Vater für ihn war. Er spürte, wie ihm die warme, schwere Hand tröstend durchs Haar fuhr.
    »Alles wird gut. Bald geht es ihm besser.«
    Carras schmiegte sich noch enger an den Leitwolf und sog seinen vertrauten Duft ein.
    »Geh hinaus in den Wald«, fuhr der schwarze Wolfsmann beruhigend fort. »Glaub mir, der Wald hilft immer!«
    Aufmunternd drehte er ihn in Richtung Haustür.
     
    *
     
    Draußen empfing ihn ein Stoß Blätter, den der auffrischende Herbstwind übermütig aufgewirbelt hatte. Carras atmete tief ein. Er drehte sich in der goldenen Sonne mit dem tanzenden Laub im Kreis. Das hier war doch etwas anderes, als in dem düsteren Forsthaus zu sitzen, Serafin hatte recht gehabt. Wie immer!
    Carras Nase zuckte. Nein, jetzt nicht. Er pfiff vor sich hin und tat so, als hätte er das kleine Borstenvieh, dessen Ringelschwanz gerade hinter der Scheune verschwand, gar nicht bemerkt. Er hatte keine Lust, Verstecken zu spielen. Stattdessen beobachtete er die Flugkünste der Schwalben. Es war unglaublich, wie flink sie hin und her jagten und wie elegant sie ihre Kreise über seinem Kopf zogen.
    Mit einem Ruck riss er einen Arm hoch. Verdammt! Knapp daneben. Neulich, kurz bevor der Mond rund und schön am Himmel gestanden hatte, war es ihm doch so gut gelungen. Das musste doch auch jetzt klappen!
    Carras blieb still stehen . Aus den Augenwinkeln verfolgte er das geschäftige Treiben der Vögel. Eine der Schwalben kam ihm besonders hochnäsig vor. Gerade vollführte sie wieder ein zirkusreifes Wendemanöver über ihm, da sprang er mit einem Satz in die Höhe – schon hatte er das Tier gepackt und in seiner Hand eingeschlossen.
    Tja, Vögelchen, du hast dich wohl ein bisschen überschätzt, was?
    Carras betrachtete das zitternde Tierchen, fühlte dessen wild pochendes Herz, öffnete die Hand und entließ es wieder in die Freiheit. Zufrieden sah er den Vogel davonfliegen. Da vernahm er weit unten vom Abhang her ein Schnaufen.
    Ein Eindringling! Er musste Serafin warnen!
    Er hielt die Nase in die Luft und erkannte den Geruch einer Menschenfrau. Doch nicht nur das, es roch zudem nach Obst, frischgebackenem Brot und geräuchertem Schinken …
    Carras grinste. Vielleicht sollte er sich den Stand der Dinge zunächst allein ansehen. Vorsichtig lief er der Fremden entgegen, erkannte bald eine – nicht gerade furchterregende – Frau mittleren Alters, der das dünne blonde Haar, immer wieder ins Gesicht wehte, während sie sich auf einem wackligen Drahtesel den Hang hinaufkämpfte.
    Das Fahrrad – eines der seltsamsten Erfindungen des Menschen.
    Carras hatte es einmal ausprobiert. Drahtesel fielen ständig um! Doch noch mehr als die Frau und ihr Rad interessierte ihn der große, wohlriechende Korb, festgebunden am Gepäckträger. Jetzt hielt die

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