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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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reichlich zu essen und zu trinken, und jeder hofierte ihn.
    Zwieker spuckte auf die staubige Straße. Besonders seine Angetraute. Er fragte sich, ob sie eigentlich noch etwas anderes als die Kirche im Kopf hatte. Kaum hatte sie die eigene Hausarbeit in dieser armseligen Bruchbude, die sie gemeinsam bewohnten, erledigt, war sie auch schon auf dem Weg nach Coms, um dort noch den Haushalt des Pfaffen zu schmeißen.
    Wir brauchen das Geld, Karl , hatte sie kurz angemerkt und ihn dabei vorwurfsvoll angesehen. Er hasste diesen abschätzigen Blick, denn er wusste, was sie damit eigentlich sagen wollte. Dass er eine Niete war, ein heruntergekommener Trunkenbold, den sie verachtete. Allem Anschein nach hatte sie vergessen, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, in der sie noch etwas von ihm hielt. Als er noch fesch gewesen war und Verwalter bei einem der großen Bauern. Ja, da hatte sie sich gern mit ihm sehen lassen.
    Er wurde unruhig. Diese Gedanken gefielen ihm nicht. Was konnte er dazu, dass alles anders gekommen war, als sie es sich einmal erhofft hatten?
    Ein junger Bursche kam an ihm vorbei. Emerald hieß er, wenn er sich nicht irrte. Er und seine Freunde machten sich oft einen Spaß daraus, ihn zu verhöhnen. Wie oft schon war er ihnen nachgerannt. Doch immer wieder waren sie mit ihren jungen Beinen und den großen Klappen schneller gewesen als er. Wie gern hätte er ihnen ihre großen Mäuler einmal gestopft.
    Zwieker schüttelte den Kopf. Verdammt, wann machte diese blöde Kneipe endlich auf?
    Von der gegenüberliegenden Straßenseite glotzte ihn eine klapperdürre schwarze Katze an.
    »Hau ab, du Missgeburt!«, schimpfte er und bückte sich mühsam nach einem Stein, um ihn nach der Katze zu schleudern. Das Mistvieh trollte sich und Zwiekers Gedanken kreisten wieder um die blasse Göre. Reich war sie, das war ihr anzusehen, lebte im Forsthaus wie eine Königin. Oh! Er musste an die reich bestückten Körbe denken, die seine Frau Woche für Woche hoch ins Forsthaus schleppte. Viel zu viel für ein einzelnes Mädchen, während er und Rosa kaum über die Runden kamen. So ungerecht …
    Unwillkürlich folgte er dem Weg, den Fiona gegangen war …
     
    *
     
    Gerade noch rechtzeitig verbarg sich Emerald hinter einem breiten Felsen, als Fiona und Nanna das Haus verließen. Gespannt beobachtete er die beiden. Warum wirkte das Mädchen so aufgeregt? Kurz vorm Gartentor blieb die zu kurz geratene Bohnenstange stehen und griff nach der Hand der Heilerin. Sie sprach sehr leise, und doch konnte Emerald sie verstehen.
    »Nanna … Ich … Ich weiß nicht, wie viel du ahnst, aber ich möchte dich bitten, ihm keine Fragen zu stellen.«
    Die Alte nickte.
    »Mach dir keine Sorgen.«
    Ihm? Emerald spitzte die Ohren. Von wem war die Rede? Fiona lebte doch allein im Forsthaus. Er pirschte sich näher heran, atemlos, darauf bedacht, jedes weitere Wort zu verstehen.
    »He du Drecksbengel, was treibst du da?«
    Emerald fuhr herum. Karl Zwieker.
    Nanna und Fiona verließen den Garten.
    »Lass den Jungen zufrieden«, rief Nanna dem Trunkenbold zu. »Du siehst doch, dass er verletzt ist.«
    Emerald atmete auf. Offenbar hatten die beiden keinen Verdacht geschöpft.
    »Ich will nichts von dem Balg«, lallte Karl Zwieker. »Lasst mich doch alle zufrieden!«
    Nanna und Fiona gingen weiter.
    Emerald blickte den Trunkenbold ärgerlich an, doch dessen Blick galt nicht mehr ihm.
    Zwieker starrte dem Mädchen nach, so seltsam, so gierig, dass es Emerald kalt den Rücken hinunterlief. Auf einmal graute es ihm vor dem alten Säufer. Er verdrückte sich schleunigst in die nächste Gasse, bevor der Kerl sich wieder ihm zuwenden konnte.
     
    *
     
    Rosa Zwieker stieg vom Rad, kaum dass sie das Dorf erreicht hatte. Langsam schob sie es in den halb verwitterten Heuschober gleich hinter dem Ortsschild und lehnte es vorsichtig an einen Strohballen. Sie hatte weiß Gott wie lange darauf gespart. Nie fuhr sie bis zu ihrer armseligen Hütte am anderen Ende des Dorfes. Sie wollte nicht riskieren, dass ihr Ehemann das Rad benutzte, stürzte und es dabei ruinierte.
    Rosa bekreuzigte sich. So weit war es schon gekommen. Sie dachte zuerst an ihr Rad und dann erst an Karl.
    »Gott schütze ihn«, murmelte sie schuldbewusst. »Verzeih mir Herr, ich bin nur eine arme, unwürdige Sünderin.«
    Mit gesenktem Kopf ging sie weiter. Es war wie an jedem anderen Tag. Sie hatte bis zum Umfallen geschuftet, aber das war in Ordnung. Genauso wollte sie es. Einfach arbeiten und

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