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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Adresse des Arztes, den Sie geholt haben.«
    »Dr. Heath, 17 Carlisle Street.«
    »Und Ihr eigener Name?«
    »Bennett – Alice Bennett.«
    »Sie hatten Miss Adams ins Herz geschlossen, wie ich sehe, Miss Bennett?«
    »Oh, ja. Sir. Kein Wunder, wo sie so gut und nett war. Ich habe schon vergangenes Jahr, als sie in London auftrat, für sie gesorgt. Sie war eine echte Dame – kein Leichtsinn, keine Kapricen wie bei anderen Schauspielerinnen.«
    Hercule Poirot hörte aufmerksam und voll Mitgefühl zu, ohne das geringste Zeichen von Ungeduld. Er als Menschenkenner wusste natürlich, dass Freundlichkeit das beste Mittel war, um die Auskünfte, die er benötigte, zu bekommen.
    »Arme Miss Bennett – Sie müssen sich ja entsetzlich aufgeregt haben!«, bemerkte er sanft.
    »Ja, Sir. Ich brachte ihr wie gewöhnlich um halb zehn den Tee hinein, und sie lag, wie ich meinte, in festem Schlaf. Da setzte ich das Tablett nieder und ging zum Fenster, um die Vorhänge zurückzuziehen. Einer der Ringe verfing sich, Sir, sodass ich heftig reißen und zerren musste. Es verursachte einen ziemlichen Lärm, und als ich mich umwandte, wunderte ich mich, dass sie nicht davon erwacht war. Und dann, Sir, packte mich plötzlich die Angst. Irgendwie erschien mir ihre Lage im Bett unnatürlich. Ich ging hin zu ihr, berührte ihre Hand. Eisig kalt war sie, Sir.«
    Sie machte eine Pause, um die Tränen abzuwischen.
    »Ich kann mir Ihren Schrecken vorstellen. Nahm Miss Adams öfters Schlafmittel?«
    »Hin und wieder nahm sie etwas gegen Kopfschmerzen, Sir. Kleine Tabletten aus einer Flasche. Aber der Doktor sagt, dass sie gestern Abend ein anderes Mittel geschluckt hat.«
    »So. Hatte sie gestern Abend noch Besuch?«
    »Nein. Sie ging ja gegen sieben Uhr fort.«
    »Und wohin?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wie war sie gekleidet, Miss Bennett?«
    »Sie trug ein schwarzes Kleid und einen schwarzen Hut.«
    Poirot warf mir einen viel sagenden Blick zu.
    »Und irgendwelchen Schmuck?«
    »Nur die Perlenschnur, die sie immer trägt, Sir.«
    »Und graue Handschuhe?«
    »Ja, graue, Sir.«
    »Ah! Nun beschreiben Sie mir bitte, in welcher Stimmung sie sich befand. War sie froh? Aufgeregt? Traurig? Nervös?«
    »Mir war, als ob sie sich über etwas freute. Sie lächelte so stillvergnügt wie über einen Scherz.«
    »Wann kehrte sie heim?«
    »Kurz nach zwölf, Sir.«
    »Und in derselben frohen Stimmung?«
    »Sie war furchtbar müde, Sir.«
    »Aber nicht angegriffen? Oder betrübt?«
    »Nein, nein, Sir. Nur todmüde. Sie ging auch noch zum Telefon, um jemanden anzurufen, doch da der Teilnehmer sich nicht sofort meldete, legte sie mit der Bemerkung, ihre Müdigkeit sei zu groß, sie wolle das Gespräch lieber auf morgen verschieben, gähnend den Hörer auf.«
    »Ah, das ist wichtig!« Poirots Augen glühten vor Erregung. Er lehnte sich weit nach vorn und fragte mit gewollt gleichgültiger Stimme: »Erinnern Sie sich an die Nummer, Miss Bennett?«
    »Tut mir leid, Sir. Es war eine Nummer in Victoria – mehr weiß ich nicht. Ich habe nicht achtgegeben, verstehen Sie.«
    »Hat sie irgendetwas gegessen oder getrunken, bevor sie zu Bett ging?«
    »Wie immer ein Glas heiße Milch.«
    »Wer bereitete es ihr?«
    »Ich, Sir.«
    »Und niemand sonst betrat die Wohnung?«
    »Niemand, Sir.«
    »Auch früher am Tag nicht?«
    »Nein, auch im Laufe des Tages nicht. Miss Adams nahm den Lunch in der Stadt ein und kam erst um sechs Uhr wieder.«
    »Wann brachte man die Milch?«
    »Die Milch, die sie abends trank? Sie stammte von der Nachmittagslieferung, Sir. Der Junge stellte sie um vier Uhr vor die Tür. Aber dafür lege ich meine Hand ins Feuer, dass die Milch nicht verdorben oder mit einem Gift vermischt war, denn ich habe heute Früh einen Schuss in meinen Tee geschüttet. Und außerdem sagte der Doktor ausdrücklich, dass Miss Adams das gefährliche Zeug selbst eingenommen habe.«
    »Ich will mich mit dem Doktor in Verbindung setzen, Miss Bennett. Vielleicht befinde ich mich auf einer falschen Fährte. Aber sehen Sie, Miss Adams hatte Feinde. In Amerika liegen die Dinge anders als bei uns…«
    Er zögerte, doch die gute Alice biss sofort an.
    »Oh, das weiß ich, Sir. Von Chicago und der Verbrecherwelt dort habe ich gelesen. Es muss ein gottloses Land sein und die Polizei keinen Pfifferling wert. Nicht zu vergleichen mit der unsrigen!«
    Poirot widersprach diesem Werturteil nicht, da er sich sagte, dass Alice Bennetts Patriotismus ihn von weiteren Erklärungen entband.

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