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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Poirot. Er liegt mir nicht. Ihm fehlt es an Ernst, obwohl ich nicht leugnen kann, dass seine spaßhafte, vergnügte Art manchmal sehr nett ist. Ich hätte es nur lieber gesehen, wenn Geraldine ihr Herz einem Menschen mit etwas mehr Rückgrat geschenkt hätte.«
    »Einem Menschen von der Art des Herzogs von Merton?«
    »Ich kenne den Herzog nicht, immerhin scheint er die Pflichten seiner Stellung ernst zu nehmen. Leider läuft er jetzt jenem Frauenzimmer nach – jener Jane Wilkinson.«
    »Seine Mutter – «
    »Oh, seine Mutter würde fraglos Geraldine als Schwiegertochter vorziehen. Doch was können Mütter tun? Söhne wollen nie die Mädchen heiraten, die die Mütter für sie aussuchen.«
    »Glauben Sie, dass Miss Marshs Vetter ihre Neigung erwidert?«
    »Das spielt doch in seiner jetzigen Lage keine Rolle.«
    »Ah, Sie denken, dass man ihn schuldig sprechen wird?«
    »Kann ich das wissen? Jedenfalls halte ich ihn nicht für den Mörder.«
    »Nun, ich will Sie nicht länger stören, Mademoiselle.« Poirot erhob sich. »Kannten Sie übrigens Carlotta Adams?«
    »Ich sah sie auf der Bühne. Sehr witzig und gescheit.«
    »Ja, sie war gescheit.« Er versank in Nachdenken. »Ah, ich habe meine Handschuhe dort drüben hingelegt.«
    Während er den Arm ausstreckte, um sie von der Tischplatte zu nehmen, verfing sich sein Ärmelaufschlag in der Kette von Miss Carrolls Kneifer und riss ihn herab. Poirot erging sich in einem Schwall von Entschuldigungen, hob ihn samt den Handschuhen, die ebenfalls hinuntergefallen waren, auf und gab ihn seiner Eigentümerin zurück.
    »Seien Sie mir nicht böse, Mademoiselle«, entschuldigte er sich. »Erst die späte Störung und jetzt noch diese Ungeschicklichkeit! Übrigens, die Störung: Ich gab mich der Hoffnung hin, von Ihnen eine Andeutung zu erhalten, dass Lord Edgwares Reise nach Paris mit persönlichen Schwierigkeiten zusammengehangen habe. Nein, nichts Derartiges? Also eine verlorene Hoffnung! Nun, dann gute Nacht, Mademoiselle. Und tausendmal Pardon für die Belästigung.«
    Wir hatten die Tür erreicht, als Miss Carrolls Stimme uns zurückrief.
    »Monsieur Poirot, das ist nicht meine Brille. Ich kann mit ihr nichts sehen.«
    »Comment?« Hercule Poirot blickte sie bestürzt an. Aber dann verzog sich sein Mund zu einem breiten Lächeln. »Oh, ich unglaublicher Dummkopf! Als ich mich nach Ihrem Kneifer und meinen Handschuhen bückte, fiel mein eigener mir aus der Tasche, und da habe ich die beiden Paare verwechselt. Sie gleichen sich nämlich sehr. Bitte, überzeugen Sie sich.«
    Mit Lächeln auf beiden Seiten wurde der Austausch vollzogen, worauf wir endgültig Abschied nahmen.
    »Poirot«, sagte ich, als wir draußen waren, »Sie tragen doch gar keine Brille!«
    Er blinzelte mir zu. »Welch durchdringender Scharfsinn, Hastings!«
    »Also war es der Kneifer aus Carlottas Täschchen. Glaubten Sie, er könnte Miss Carroll gehören?«
    Poirot zuckte die Achseln. »Sie ist die einzige Person aus Lord Edgwares Umgebung, die eine Brille trägt.«
    »Aber es ist nicht die ihrige.«
    »So sagt sie.«
    »Oh, Sie argwöhnischer alter Teufel!«
    »Durchaus nicht. Höchstwahrscheinlich sagte sie die Wahrheit, denn sonst wäre ihr die Verwechslung schwerlich aufgefallen. Ich machte es doch sehr geschickt, was?«
    Wir schlenderten durch die Straßen, mehr oder weniger aufs Geratewohl. Einmal schlug ich vor, ein Taxi zu nehmen, aber Poirot schüttelte den Kopf.
    »Ich muss nachdenken, mon cher. Und das Gehen hilft mir.«
    Folglich schwieg ich. Die Nacht war schwül, daher hatte ich keine Eile heimzukommen.
    »Das Rätsel um den Buchstaben D ist noch völlig ungelöst«, warf ich nach einer Weile hin. »Seltsam, dass keine einzige der in den Fall verwickelten Personen einen Namen hat, der mit D beginnt; ganz egal, ob Tauf- oder Familienname. Halt! Einer doch! Nämlich Donald Ross. Und der ist tot.«
    »Ja«, sagte Poirot düster. »Der ist tot.«
    Ich dachte an eine andere Nacht, als wir zu dritt heimgewandert waren. Und plötzlich erinnerte ich mich noch an mehr.
    »Bei Gott, Poirot«, meinte ich. »Entsinnen Sie sich, was Ross über den dreizehnten Tischgast sagte? Er war der dreizehnte!«
    Mein Freund erwiderte nichts. Ich selbst aber fühlte mich ein wenig unbehaglich, wie man sich stets fühlt, wenn sich ein Aberglauben bewahrheitet.
    »Sonderbar ist es… das kann niemand leugnen«, murmelte ich.
    »Eh?«
    »Ich sagte, dass es sonderbar sei – Ross und die Nummer dreizehn. Poirot, worüber

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