Dreizehn Stunden
aus dem Wie ergab sich zwangsläufig das Wer.
Er musste nach den Drahtziehern suchen. So schnell wie möglich. Hatte sie sonst noch jemanden angerufen? Er musste es wissen.
Schon zückte er sein Handy, um bei der Telkom anzurufen.
Nein, erst John Afrika. Mist. Er wusste jetzt schon, was der Distriktkommissaris Fahndung und Verbrechensaufklärung sagen
würde. Er hörte schon seine Stimme im Ohr, die Bestürzung.
Wie, Bennie? Wie?
Griessel seufzte. Er atmete schnell, flach, hastig. Dieses ungute Gefühl von heute Morgen, dass es Ärger geben würde …
Und der Tag war noch lange nicht vorbei.
Mouton schob seinen Luxus-Lederchefsessel neben Groenewald, setzte sich und sagte: »Die Spiele mögen beginnen.«
»Am besten erzähle ich erst mal etwas über Sammelalben«, sagte Steenkamp. Er lehnte sich über den Schreibtisch, griff nach
einem Bleistift und drehte ihn zwischen den Fingern. »Irgendein Typ beschließt, aus dem Valentinstag oder Weihnachten Geld
zu schlagen. Er ruft ein paar Leute an und fragt: ›Hast du einen Song für mich?‹ Er hat keine Studiokosten, nicht einen Cent,
denn die Aufnahmen kriegt er fix und fertig geliefert. Er muss nichts weiter tun, als das Album ein bisschen zu vermarkten.
Er sorgt schnell für ein paar Fernsehspots, die er sich von einem |330| Bekannten mit Apple und Final Cut-Programm zusammenschustern lässt, damit er praktisch nur die Sendezeit zahlen muss, lässt
die Spots drei Tage lang fünfzehn Sekunden während einer Seifenoper laufen, und schon kaufen die Weiber das Album wie verrückt.«
»Und die Buchhaltung erledigt er nebenbei auf der Rückseite einer Zigarettenschachtel«, warf Mouton gereizt ein.
»Keine Nebenkosten. Wir dagegen haben eine Verwaltung, eine Finanzabteilung, eine Marketing- & Promotionsabteilung, und wir
tragen vierzig Prozent von einem Vertriebsnetz, denn wir stehen langfristig zu einem Künstler. Wir bauen eine Marke auf, wir
verkaufen nicht einfach nur ein paar CDs«, sagte Steenkamp.
»Erzähl ihm von RISA und NORM«, verlangte Mouton.
Steenkamp zog ein DIN-A-4-Blatt aus dem Drucker neben ihm, zeichnete einen Stern darauf und schrieb
RISA
daneben. »
Recording Industry of South Africa
…«
»Verdammte Mafia!«, schimpfte Mouton.
»Aber die kümmern sich wenigstens um die Gebühr für die SAMA«, wandte Groenewald ein, doch Mouton schnaubte verächtlich.
»Von jeder CD, die wir verkaufen, werden 25 Cent an die SAMA abgeführt, die uns angeblich gegen Piraterie beschützt«, erklärte
er sarkastisch.
»Ha!«, fauchte Mouton.
»Aber glauben Sie vielleicht, der Unabhängige, der das Sammelalbum herausgibt, würde dasselbe tun? Für jede CD bezahlen? Nein,
denn das ist Arbeit, das ist lästig, es steigert die Kosten und senkt den Gewinn.« Steenkamp kritzelte noch einen Stern und
schrieb
NORM
auf das Papier. »NORM ist die Verwertungsgesellschaft der Künstler. Wenn ich einen Song schreibe und Sie wollen ihn covern,
müssen Sie mich bezahlen. Mit sechs Komma sieben Prozent von Ihrem Erlös. Aber das ist graue Theorie, denn in der Praxis bezahlen
nur die großen Labels korrekt für alles. Wenn man unabhängig ist, zahlt man nur für die produzierten CDs. Also lässt man fünftausend
Stück hier herstellen und fünftausend dort, legt die Belege für fünftausend |331| Stück vor und zahlt nur die Hälfte. NORM wird betrogen, der Komponist wird betrogen, und der Unabhängige lacht sich auf dem
Weg zur Bank ins Fäustchen.«
»Wir müssen Gebühren an NORM abführen, wenn die Verkaufszahlen reinkommen«, ergänzte Mouton, »geprüfte Angaben, alles hieb-
und stichfest. Aber der Künstler beschwert sich: ›Warum ist mein Anteil so gering?‹« Wieder äffte er Nells Stimme nach. »Und
dann muss ich Ihnen noch etwas erklären. Die Hälfte der Hits in unserem Land kommt aus Deutschland, Holland oder Belgien.
Adam hatte eine brillante Strategie: Er kannte Leute in Europa, die ihm die besten europäischen Schlager-Hits per E-Mail im
Mp3-Format zuschickten. Adam hat sich dann hingesetzt und schnell die Texte ins Afrikaans übersetzt. Er brauchte nicht länger
als eine Dreiviertelstunde, dann war er fertig. Anschließend hat er Nerina Stahl angerufen oder …«
»Das war vor ihrem Weggang.«
»Ihre ganzen Hits waren deutsche Schlager, und wer, glauben Sie, wird so was jetzt für sie ranschaffen? Jedenfalls haben wir
den Schwarzen Peter, denn wir müssen das alles organisieren und verwalten. Die
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