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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Danach sind sie einfach wieder abgehauen.«
    »Miss, wo haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?«
    »Hier«, sagte sie mit einer weitläufigen Geste. Griessel hatte keine Ahnung, was »hier« alles beinhaltete.
    »In der Jugendherberge?«
    »Na ja, er könnte auch schon mal hier gewesen sein, aber auf jeden Fall habe ich ihn hier in der Gegend schon gesehen, er
     ist in der Branche, da bin ich mir ganz sicher.«
    »In welcher Branche?«
    »Na, in der Tourismusbranche!«, erwiderte sie, als sei das ganz selbstverständlich.
    |388| »Nur, um das noch mal klarzustellen«, sagte Griessel in der verzweifelten Ahnung, dass ihn hier wiederum eine Enttäuschung
     erwartete. »Das Leben einer jungen Frau hängt davon ab, dass wir diesen Mann identifizieren und dass Sie sich daran erinnern,
     wo Sie ihn gesehen haben, also bitte …«
    »Wirklich?« Die Verantwortung legte sich wie eine schwere Last auf ihre Schultern, ihre Empörung wich, und sie strengte sich
     jetzt ernsthaft an. »Oh, okay, also … ich … ich weiß, dass ich ihn schon mal im Café gesehen habe …«
    »In welchem Café?«
    »Dem Long Street Café.«
    »Arbeitet er da?«
    »Nein, er war wohl nur ein Gast.« Sie dachte angestrengt nach, die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, voll konzentriert.
     Griessel versuchte einen anderen Ansatz. »Na schön. Können Sie ihn beschreiben?«
    »Er ist schwarz. Groß. Ein gutaussehender Typ, etwas über zwanzig …« Dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Er ist durchtrainiert,
     wissen Sie, er sieht aus wie … wie all die anderen Fremdenführer, und da muss ich ihn auch gesehen haben, im Café, zusammen
     mit all den anderen!«
    Aber Bennie Griessel hörte ihr schon gar nicht mehr zu, denn ein schlüpfriger, glatter, glitschiger Gedanke drohte ihm zu
     entwischen. Er musste sie zum Schweigen bringen und sagte: »Warten Sie, warten Sie …«
    »Was ist?«, fragte sie, aber er hörte sie nicht. Er rieb sich mit einer Hand durch die Haare, kratzte sich im Nacken. Er kratzte
     sich hinter dem Ohr, den Kopf gesenkt, die Gedanken ein wildes Durcheinander, in dem er Ordnung schaffen musste. Heute Morgen
     … Griessel blickte nach rechts, wo sie heute Morgen mit dem Rotschopf Oliver Sands geredet hatten. Das versuchte ihm sein
     Verstand schon den ganzen verdammten Nachmittag zu sagen, es hatte irgendetwas mit diesem Gespräch zu tun! Er versuchte, es
     sich ins Gedächtnis zu rufen, tappte aber im Dunkeln. Ollie hatte vom Club erzählt, von den Mädchen im Club …
    Nein, nichts. Holzweg.
    Er blickte das Mädchen am Empfang an. Sie sah beleidigt aus, |389| weil sie unterbrochen worden war. Was hatte sie gesagt?
Er ist durchtrainiert, wissen Sie, er sieht aus wie … wie all die anderen Fremdenführer
– das war der Schalter. Die Führer – was hatte Sands über sie gesagt? Vusi hatte ihn heute Morgen gefragt, wer mit den Mädchen
     zusammen im Club gewesen war. Mehrere Leute, hatte Sands geantwortet. Eine Gruppe. Und irgendwann hatte er eingeflochten,
     die Führer seien auch dabei gewesen.
    »
Jissis
«, flüsterte er leise vor sich hin. Denn die Lösung lag zum Greifen nah, er konnte sie nur nicht erkennen! Er merkte nicht,
     dass er frustriert mit der Faust auf die Theke schlug, und für den Moment hatte er die beiden Kollegen und das ein wenig besorgt
     dreinblickende Mädchen völlig vergessen.
    Griessels Handy klingelte. Er ignorierte es. Nicht jetzt. Er versuchte krampfhaft, sich an den genauen Wortlaut des Gesprächs
     von heute Morgen zu erinnern. Er stand am Schalter, beide Hände flach auf die Oberfläche gelegt, den Kopf gesenkt. Das Mädchen
     wich einen halben Schritt zurück.
     
    Vusi Ndabeni, das Handy am Ohr, lauschte dem Freizeichen auf Griessels Handy, während er beobachtete, wie Jeremy Oerson hastig
     das Gebäude der Metro verließ und auf sein Auto zuging.
    »Geh dran, Bennie!«, flüsterte er und eilte zu seinem Fahrzeug.
    Oerson stieg in einen Nissan Sentra mit dem Wappen der Stadtpolizei an der Tür.
    Griessel meldete sich nicht.
    »Bitte, Bennie!«, flehte Vusi, aber Griessels Mailbox sprang genau in dem Moment an, als er die Autotür aufschloss und sich
     auf den Fahrersitz schwang.
     
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte die junge Frau im Cat & Moose besorgt, doch einer der Uniformierten brachte sie mit dem Zeigefinger
     auf den Lippen zum Schweigen, um Griessel nicht zu stören.
    Bennie stand weiterhin einfach nur da und versuchte, sich zu erinnern. Er und Vusi und Oliver Sands. Am Tisch.

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