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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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herauslaufen zu lassen. Sie erschrak vor diesem Dämon, der Starrheit, mit dem der Blick ihres
     Spiegelbildes auf die Flasche gerichtet war.
    Wer war das? Wer stand dort?
    Sie wandte sich ab, trank die Flasche aus, fand aber keine Erleichterung. Sie stellte die leere Flasche auf den Boden und
     stützte sich mit ausgestrecktem Arm an der Wand ab.
    War sie das, die dort stand?
    »Süßwasser« hatte der sympathische Ermittler mit den markanten Gesichtszügen und den zerzausten Haaren gesagt. »Wie konnte
     es so weit mit Ihnen kommen?«, hatte er wohl ausdrücken wollen. Sie hatte es ihm erzählt, aber die Geschichte war bis zu der
     jetzigen Begegnung im Spiegel unvollständig gewesen.
    Sie drehte sich um und blickte erneut die Frau im Spiegel an. Der hochgewachsene Körper sah so wehrlos aus. Die Beine, die
     Hüften, der Bauch, der in einer kleinen Rundung schlapp herunterhing, die festen Brüste, die länglichen Brustwarzen, der faltige
     Hals. Das Gesicht, verlebt, verbraucht, ausgetrunken.
    Das war sie. Ihr Körper, ihr Gesicht.
    Mein Gott.
    »Wie bist du an diesen Punkt gekommen?« Ehrliche Neugier lag in ihrer Stimme.
    Sie riss sich los, ging in die Dusche. Bis hierher. Aber weiter wollte sie nicht mehr. Konnte sie nicht mehr.
    Mechanisch drehte sie die Hähne auf.
    Adam war tot. Was sollte sie tun? Heute Abend? Morgen?
    Die Angst, die in ihr aufwallte, war so übermächtig, dass sie sich mit beiden Händen an den Kachelwänden abstützen musste,
     um nicht umzukippen. So blieb sie einen Augenblick stehen. Das Wasser war zu heiß, aber sie spürte es nicht. Ihre Tabletten,
     die brauchte sie, die Schlaftabletten, so dass sie wegtreiben konnte, |90| weg von der Frau im Spiegel, weg von der verzehrenden Angst, dem Durst, der Dunkelheit, die vor ihr lag.
    Die Tabletten waren in dem Zimmer, in dem Tinkie Kellerman saß.
    Dann würde sie etwas anderes finden müssen. Hier, im Badezimmer. Eilig verließ sie die Dusche, riss das Badschränkchen auf,
     mit zitternden Händen, zu hastig. Flaschen fielen um. Nichts, was sie gebrauchen konnte. Sie griff nach ihrem Ladyshave, doch
     auch er war nutzlos. Sie warf ihn weg, gegen die Tür, kramte im Schrank herum, hier ist nichts, nichts …
    »Mevrou?«, fragte Tinkie Kellerman durch die verschlossene Tür.
    Alexa Barnard drehte sich um und schloss das Badschränkchen. »Lassen Sie mich in Ruhe!« Ihre Stimme klang fremd.
    »Mevrou, bitte …«
    Ihr Blick fiel auf die Ginflasche. Sie griff sie am Hals und schlug sie an der Wand entzwei. Ein Glassplitter traf sie an
     der Stirn. Sie betrachtete die scharfkantige Scherbe, die in ihrer Hand zurückblieb. Sie hob den linken Arm und schnitt ihn
     mit aller Kraft, tief und verzweifelt, von der Handfläche bis zum Ellenbogen auf. Das Blut spritzte in einer Fontäne heraus.
     Und noch ein Schnitt.
     
    Im Wohnzimmer saßen Mouton und Groenewald nebeneinander auf der großen Couch. Dekker hatte ihnen gegenüber Platz genommen.
    »Ich habe keine Beweise«, sagte Mouton.
    »Sag ihm einfach, was passiert ist, Willie.«
    Die beiden sind genau wie das Paar in den alten Schwarzweißfilmen, dachte Dekker. Wie hießen die gleich noch?
    »Also, neulich ist ein Mann in mein Büro geplatzt und hat gesagt, er wolle Adam umbringen.«
    »Und wer war dieser Mann?«
    Mouton wandte sich an seinen Anwalt. »Bist du sicher, dass das keine üble Nachrede ist, Regardt?«
    »Ja, ganz sicher.«
    »Und wenn ich als Zeuge aussagen muss?«
    »Willie, es wird nicht um üble Nachrede gehen.«
    |91| »Es könnte ihre Karriere beenden, Regardt. Stell dir mal vor, er war es nicht.«
    »Du musst es erzählen, Willie, du hast keine andere Wahl.«
    Laurel und Hardy, fiel es Dekker ein. Zwei weiße Komiker. Er fragte: »Meneer Mouton, wer war es?«
    Mouton atmete tief ein, den Adamsapfel vorgereckt wie der Kehlsack eines Hahns. »Es war Jos Geyser«, sagte er und ließ sich
     zurücksinken, als habe er eine Bombe platzen lassen.
    »Wer?«
    »Der Gospelsänger«, sagte Mouton ungeduldig. »Von Jos und Melinda.«
    »Kenne ich nicht.«
    »Jos und Melinda? Die kennt doch jeder! Ihre neue CD hat sich sechzigtausend Mal verkauft, viertausend Stück allein an dem
     Tag, an dem sie in der Sendung
Musiekster
aufgetreten sind. Sie sind berühmt!«
    »Und warum sollte Jos Geyser Adam Barnard ermorden wollen?«
    Mouton lehnte sich vertraulich nach vorn und sprach auf einmal leise: »Weil Adam Melinda in seinem Büro gepoppt hat.«
    »Gepoppt?«
    »Sie wissen schon … Er hat

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