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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ersten Auftritt für Burmeister in einem Johannesburger Club hatte ihre Großmutter sie begleitet, um ihr den Rücken
     zu stärken, den Teufel in Schach zu halten, ihre Angst zu beschwichtigen und ihr Mut zuzusprechen. »Du bist dafür geboren,
     mein Schatz. Geh raus und wirf sie um.«
    Genau das hatte sie getan. Die Kritik im
Star
lag neben dem Bett ihrer Großmutter, als sie zwei Monate später im Schlaf |109| starb.
Alexandra Brink, in schimmerndem Schwarz, ist eine wahre Augenweide – jung, blond und hübsch. Aber wenn sie singt, beweisen
     ihre rauchige, sinnliche Stimme, ihre Beherrschung eines klassischen Repertoires sowie ihre innovativen Interpretationen eine
     seltene Reife und große Musikalität. Ihr Repertoire umfasst Gershwin, Nat King Cole, Ma Rainey, Bessie Smith und Bobby Darin,
     wobei Burmeisters Arrangements sich perfekt ihrem Stil und ihrer Persönlichkeit anpassen.
     
    Oliver Sands aus Phoenix, Arizona, erzählte Inspekteur Vusi Ndabeni, wie er sich am achten Tag der African Overland Adventure
     Tour in Rachel Anderson verliebt hatte. In Sansibar. Bei einem Teller Meeresfrüchte, die er mit großer Hingabe verzehrte.
    »Dir scheint’s ja zu schmecken«, hatte Rachel gesagt.
    Er hatte aufgeblickt. Sie hatte auf der anderen Seite des Restauranttischs gestanden, das smaragdgrüne Meer hinter ihr, lange,
     dunkelbraune Haare, zu einem über schulterlangen Zopf geflochten, eine Baseballmütze auf dem Kopf und lange braune Beine in
     Jeansshorts. Oliver schämte sich im ersten Augenblick für den Appetit, mit dem er seine Meeresfrüchte gefuttert hatte. Aber
     als sie den Stuhl ihm gegenüber zurückzog und sagte: »Darf ich mich zu dir setzen? Ich muss das unbedingt auch mal probieren!«,
     konnte er sein Glück kaum fassen.
    Er erzählte, alle Teilnehmer hätten sich am ersten Abend der Tour vorgestellt, in einem Campingstuhlkreis unter dem Sternenhimmel
     Afrikas. Er hatte nicht mal versucht, sich Erins und Rachels Namen zu merken, denn schöne, sportliche, schlagfertige Mädchen
     wie sie hatten ihn seit jeher übersehen. Als sich Rachel in Sansibar ihm gegenübersetzte und begeistert ihren Seafoodteller
     verdrückte, hatte er krampfhaft versucht, sich an ihren Namen zu erinnern. Denn sie hatte sich tatsächlich mit ihm unterhalten!
     Sie hatte ihn gefragt, wo er herkomme und welche Zukunftspläne er habe. Sie hatte seinen Antworten aufmerksam zugehört und
     ihm von ihrem Traum erzählt, Ärztin zu werden und eines Tages hier in Afrika etwas zu bewegen.
    Da verlor er sein Herz an eine namenlose Frau.
     
    |110| Alexa Brinks Lampenfieber wurde immer schlimmer. Der Verlust ihrer Großmutter trug vermutlich mit dazu bei, weil damit eine
     Art Fundament weggebrochen war. Sie fing zunächst an zu rauchen, um die Angst zu unterdrücken.
    Trotz der lobenden Kritiken und der positiven Reaktionen des kleinen, loyalen Publikums in Johannesburg, Durban und Kapstadt
     hockte sich der Teufel des Selbstzweifels jeden Abend auf ihre Schulter und träufelte ihr Gift ins Ohr. Eines Tages werde
     sie demaskiert werden, irgendjemand im Publikum werde ihre Mittelmäßigkeit erkennen und herausposaunen, dass sie ein Parvenü
     sei, eine Betrügerin, die allen etwas vormachte. In der Einsamkeit ihrer Garderobe wurde sie nicht damit fertig. Eines Abends
     war sie in die Garderobe von Dave Burmeister hereingeplatzt und hatte ihm ihre Ängste unter Tränen gebeichtet. Es war der
     Beginn eines Martyriums. Die sanfte, ruhige Stimme des Orchesterleiters hatte sie anfangs beruhigt und ans Mikrofon getrieben.
     Aber jeden Abend dauerte es etwas länger, kostete es mehr Überredung und mehr Lob, bis sie sich überwinden konnte, den furchterregenden
     Gang auf die Bühne anzutreten.
    Bis Burmeister ihr in seiner Ratlosigkeit ein Glas Cola mit Branntwein hinstellte und sagte: »Mein Gott, jetzt trink das einfach.«
     
    Oliver Sands schwärmte diskret. Instinktiv hatte er gewusst, dass er seine brennende Leidenschaft für sich behalten musste.
     Er musste Distanz wahren. Auf dem Lastwagen versuchte er nicht, neben ihr zu sitzen, und er baute abends auch nicht sein Zelt
     in ihrer Nachbarschaft auf. Er wartete auf den magischen Augenblick, wenn sie sich – oft begleitet von Erin – spontan mit
     ihm unterhielt oder ihn bat, sie mit seiner Videokamera vor irgendeiner Touristenattraktion zu filmen. Sie hatte gesehen,
     dass er manchmal mit einem Buch in der Hand dasaß, und ihn gefragt, was er las. So waren sie über

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