Dreizehn Stunden
Literatur ins Gespräch gekommen.
Abends setzte sie sich mit ihrer ansteckenden Begeisterungsfähigkeit neben ihn und fragte: »Und, Ollie, hatten wir nicht einen
wunderschönen Tag?«
|111| Er dachte Tag und Nacht an sie, wusste in jedem Augenblick, wo sie war, was sie tat, mit wem sie sprach. Er hatte beobachtet,
dass sie mit allen in der Gruppe herzlich umging. Er hatte sogar gemessen, wie viel Zeit sie mit wem verbrachte, und festgestellt,
dass er ein Auserwählter war – ihm widmete sie mehr Zeit und Aufmerksamkeit als irgendjemandem sonst. Rachel hatte die beiden
sportlichen, selbstsicheren Hauptfremdenführer, die bei den anderen jungen Frauen so beliebt waren, nicht anders behandelt
als die anderen jungen Männer in der Gruppe. Sie war zu allen höflich und freundlich, aber meist aß sie in Ollies Nähe. Mit
ihm unterhielt sie sich intensiver, und ihm vertraute sie weit mehr persönliche Geheimnisse an.
Bis sie zum Karibasee gelangten. Als sie dort am zweiten Tag auf die Hausboote kletterten, war Rachel plötzlich ernst und
still. Ihre Lebensfreude war dahin, die Spontaneität erloschen.
Alexa Barnard hatte gelernt, vor einem Auftritt drei Gläser zu trinken. Diese Dosis brauchte sie, um den Teufel in seine Schranken
zu weisen. Das war ihre Grenze. Vier führten zu einer schleppenden Aussprache und wirbelten die Texte in ihrem Kopf durcheinander,
worauf Burmeisters Väterlichkeit einem sorgenvollen Stirnrunzeln wich. Zwei waren zu wenig.
Sie war sich des Risikos bewusst. Deswegen trank sie nicht tagsüber oder nach einem Auftritt. Nur diese drei Gläser – das
erste stürzte sie anderthalb Stunden, bevor sich der Vorhang hob, verbissen hinunter, die anderen beiden trank sie langsamer
und bewusster. Der Bassist hatte sie mit Gin bekannt gemacht, der im Gegensatz zu Branntwein nicht eine solche Fahne verursachte.
Sie hatte Gin Tonic probiert, aber das mochte sie nicht. Dry Lemon wurde schließlich ihr Mixgetränk.
Und so hielt sie vier Jahre lang den Dämon im Zaum, brachte Hunderte Auftritte hinter sich und nahm zwei CDs zusammen mit
dem Burmeister-Orchester auf.
Dann traf sie Adam Barnard.
Er war ihr eines Abends in einem kleinen Kapstädter Theater aufgefallen, dieser große, attraktive Mann mit den dichten schwarzen
Haaren, der ihr so andächtig zugehört hatte. Am nächsten |112| Abend war er wieder da. Nach der Show klopfte er mit einem Strauß Blumen an ihre Garderobentür. Er war beredt und charmant,
seine Komplimente wohldosiert, so dass sie äußerst glaubwürdig wirkten. Er lud sie zum Mittagessen ein, ein Geschäftsessen,
wie er betonte.
Alexa war reif für das, was er ihr vorzuschlagen hatte. Sie kannte die Grenzen ihres Genres. Zwar war sie zu diesem Zeitpunkt
einem kleinen Kreis von Zuhörern bekannt; es gab einige schmeichelnde Interviews in den Feuilleton-Beilagen diverser Tageszeitungen
und bescheidene CD-Verkäufe. Aber sie war sich auch der Beschränkungen ihrer Karriere, ihres Publikums und ihrer Einkünfte
bewusst. Sie hatte die höchste Sprosse einer kurzen Leiter erklommen, und ihre Aussichten waren vorhersehbar und nicht sonderlich
verlockend.
Deswegen unterschrieb sie drei Tage später den Vertrag mit Adam Barnard. Er band sie an seine Plattenfirma und an ihn als
ihren Manager.
Er hatte seine professionellen Versprechungen gehalten. Er wählte afrikaanssprachige Stücke der bekannten Musiker und Songschreiber
Anton Goosen, Koos du Plessis und Clarabelle van Niekerk aus, die zu ihrer Stimme und ihrem neuen Stil passten. Er engagierte
die besten Musiker für die Studioaufnahmen, kreierte einen einzigartigen Sound und brachte sie systematisch in die Medien.
Und mit derselben stillen Professionalität machte er ihr den Hof und heiratete sie. Er hatte sie durch seine vorbehaltlose
Unterstützung, den Glauben an ihr Talent und seine schönen, schönen Worte sogar von den drei Drinks vor ihren Auftritten geheilt.
Zwei Jahre lang boten ihr das Leben und ihre Karriere alles, wovon sie immer geträumt hatte.
Bis eines Tages Außenaufnahmen für die Frauenzeitschrift
Sarie
wegen schlechten Wetters abgesagt wurden und sie unerwartet früh am Nachmittag nach Hause kam. Und dort, in demselben Wohnzimmer,
in dem sie und Griessel gesessen hatten, fand sie Adam Barnard mit heruntergelassener Hose, und vor ihm kniete Paula Phillips,
die gerade mit langen, schlanken Fingern und einem rot geschminkten Mund eine geschickte Fellatio
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