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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ihren Vorgesetzten zu Hause an. Die minder schweren Vergehen der letzten Nacht mussten jedoch warten, bis
     er sich an seinen Schreibtisch setzte und mit dem Kuli in der Hand die Liste der Anzeigen im Wachenregister durchging. Der
     Dienststellenleiter war ein schwarzer Superintendent mit fünfundzwanzig Dienstjahren auf dem Buckel. Er wusste, dass es nur
     eine Methode gab, diese Aufgabe zu erfüllen – langsam und objektiv. Ansonsten drohten einen Art und Umfang der Akten zu überwältigen.
     Aus diesem Grund bearbeitete er die Liste mit professioneller Distanz, die Fälle häuslicher Gewalt, Trunkenheit in der Öffentlichkeit,
     die Handy- und Autodiebstähle, den Drogenhandel, die Ruhestörung, die Einbrüche, Überfälle, unsittlichen Entblößungen und
     Fehlalarme.
    Zunächst rutschte sein Stift an dem Leeukop-Zwischenfall auf Seite sieben des Registers vorbei, doch dann kehrte er wieder
     zurück. Er las den Bericht noch einmal genauer. Die wenig kooperative Frau, die das junge Mädchen am Berg gesehen hatte. Dann
     zog er das Bulletin heran, das links von ihm lag, auf der pockennarbigen Arbeitsplatte seines Schreibtischs. Ein Konstabel
     hatte es vor wenigen Minuten hereingebracht, und er hatte es kurz überflogen. Jetzt widmete er ihm größere Aufmerksamkeit.
    Er erkannte den Zusammenhang. Ganz unten auf dem Bulletin standen Inspekteur Vusumuzi Ndabenis Name und Telefonnummer.
    Der Dienststellenleiter griff nach seinem Telefon und rief ihn an.
     
    |117| Vusi ging die Langstraat entlang in Richtung Hafen, auf dem Weg zum Van-Hunks-Club, als sein Handy klingelte.
    »Inspector Ndabeni.«
    »Vusi, ich bin’s, Goodwill«, sagte der Chef vom Caledonplein auf Xhosa. »Ich glaube, ich hab da was für dich.«
     
    Bennie Griessel stand zusammen mit seinen Kollegen in einem der Untersuchungsräume in der Ambulanz des Park-City-Krankenhauses,
     erfasst von einem intensiven Déjà-vu-Gefühl.
    Sie drängten sich zu einem intimen Grüppchen hinter der Tür zusammen, weil nicht genügend Platz war. Während Fransman Dekker
     sprach, die Stirn in ernste, tiefe Falten gelegt, betrachtete Griessel die ihn umringenden Kollegen: John Afrika, der Distriktkommissaris
     für Fahndung und Verbrechensaufklärung, in voller, beeindruckender Uniform, die Schulterepauletten von vorne bis hinten mit
     Rangabzeichen besetzt. Afrika war kleiner als Dekker, aber er besaß eine Präsenz, eine Energie, die ihn groß und kräftig erscheinen
     ließ. Er war die dominante Kraft im Raum. Neben Afrika stand die schmale Tinkie Kellerman, deren zarte Gesichtszüge von den
     großen Augen beherrscht wurden, in denen man lesen konnte, dass diese Zusammenkunft sie überwältigte. Dann der breitschultrige
     Dekker mit seinem Bürstenschnitt und dem kantigen Gesicht, ernst, konzentriert, die Stimme tief und eindringlich. Man behauptete,
     vielen Frauen würden bei seinem Anblick die Knie weich, aber Griessel konnte das nicht nachvollziehen. Es hieß, Dekker habe
     eine bildschöne Gattin mit einem Managerposten bei der Werbeagentur Sanlam und könne es sich deswegen leisten, in einem kostspieligen
     Haus irgendwo am Tygerberg zu wohnen. Und manchmal halte er sich nicht an die Vorschriften.
    Und Cloete, unmittelbar neben ihm, der Pressesprecher mit den nikotinfleckigen Fingern und den ewigen Ringen unter den Augen,
     Cloete mit seiner endlosen Geduld und Ruhe, der Mann zwischen zwei Stühlen, dem Hexenkessel der Medien und dem tiefen blauen
     Meer der SAPS.
    Griessel fragte sich, wie oft er schon an solchen Notkonferenzen teilgenommen hatte, die hauptsächlich der Absicherung dienten.
     Im Team musste Einigkeit über die Vorfälle und |118| Zusammenhänge herrschen, damit es den Vorgesetzten gegenüber nicht zu widersprüchlichen Aussagen kam. Anders war diesmal nur,
     dass er – ebenso wie Cloete – in einer Art Niemandsland gefangen war, in seinem Fall bedingt durch seine Aufgabe als Mentor,
     die er schon jetzt als gescheitert betrachtete.
    Dekker beendete seine Ausführungen, und Griessel atmete tief durch, um sich auf den vorhersehbaren Abschluss vorzubereiten.
    »Seid ihr ganz sicher?«, fragte Afrika und blickte Griessel an.
    »Todsicher, Kommissaris«, antwortete er. Alle außer Cloete nickten.
    »Und worüber regt sich die Schwuchtel dann so auf?«, fragte der Kommissaris, warf Tinkie Kellerman einen flüchtigen Blick
     zu und sagte: »Tut mir leid, er ist halt eine.«
    Tinkie nickte nur. Ihr war so etwas nicht fremd.
    »Er hat von

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