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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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einen Augenblick, ehe er die weiße Taste von Leitung eins drückte. Er wusste, dass dieser Anruf keine
     guten Neuigkeiten bedeuten konnte. Die Adjunkt-Ministerin rief grundsätzlich nur an, wenn es schlechte Nachrichten über den
     anstehenden Korruptionsprozess des derzeit beurlaubten Nasionale Kommissaris gab.
    »Guten Morgen, Frau Ministerin«, sagte er auf Englisch.
    »Guten Morgen, Kommissaris«, sagte die Anruferin und klang wenig begeistert. »Ich habe gerade einen Anruf des amerikanischen
     Generalkonsuls in Kapstadt erhalten.«
     
    |155| Der Eingang des Van Hunks befand sich in der Kasteelstraat. Ein Neonschild mit dem Clubnamen und der Ankündigung:
Smokin’
hing darüber. Inspekteur Vusi Ndabeni zog und drückte an der Klinke, aber die Tür war verschlossen.
    »
Ai
«, seufzte er und ging zu einem Lampengeschäft um die Ecke. Er fragte die farbige Kassiererin, ob sie wisse, wann er jemanden
     im Club antreffen könne.
    »Versuchen Sie’s an der Hintertür«, antwortete sie und zeigte ihm die Zufahrtsgasse hinter dem Gebäude.
    Er dankte ihr und ging an Männern, die Bierkästen von einem Lkw luden und in den Club hineintrugen, bis in die Küche des Van
     Hunks. Ein Weißer mit kurzem schwarzen Pferdeschwanz und kleinen Augen beaufsichtigte das Abladen der Getränkekästen.
    »Hey!«, sagte er. »Was haben Sie hier zu suchen?« Aggressiv, auf Englisch mit einem undefinierbaren Akzent.
    Vusi zeigte ihm seinen Polizeiausweis. »Ich würde gerne den Manager sprechen«, sagte er höflich.
    Der Pferdeschwanztyp, einen Kopf größer als Ndabeni, blickte verächtlich von oben auf den Ausweis und den Polizisten herab.
     »Warum?«
    »Sind Sie der Manager?«, fragte Vusi, immer noch höflich.
    »Nein.«
    »Ich würde mich lieber mit ihm unterhalten.«
    »Die Chefin hat zu tun.«
    »Könnten Sie mir bitte zeigen, wo ich sie finde?«
    »Haben Sie einen Durchsuchungsbeschluss?«
    »Ich brauche keinen Beschluss«, antwortete Vusi geduldig. »Ich ermittle in einem Mordfall, und das Opfer war gestern Abend
     hier im Club. Ich benötige lediglich einige Informationen.«
    Als der Pferdeschwanztyp ihn forschend musterte, erkannte Vusi, dass seine Augen dicht beieinander standen. Bei Weißen, so
     hatte er gehört, sei das ein Zeichen für Dummheit. Das erklärte die Fragen des Mannes.
    »Sie müssen warten, denn die stehlen sonst mein Bier«, sagte der Pferdeschwanztyp und zeigte auf die schwarzen Arbeiter, die
     die Kästen hineinschleppten. »Und was will die Polizei dagegen unternehmen?«
    |156| »Haben Sie Anzeige erstattet?«
    »Warum?«
    »Weil die Polizei erst ermittelt, wenn Sie Anzeige erstattet haben«, erklärte Vusi langsam und deutlich. »Sie müssen zur nächsten
     Polizeidienststelle gehen und den Diebstahl melden.«
    Der Pferdeschwanztyp rollte die Augen. Vusi hatte keine Ahnung, was er damit sagen wollte. Einfacher konnte er es ihm doch
     wirklich nicht erklären. »Hören Sie, meine Ermittlungen sind sehr dringend. Ich muss die Managerin sofort sprechen.« Er zögerte
     noch einen Augenblick, dann sagte der Mann: »Den Flur entlang. Dritte Tür rechts.«
    »Danke«, sagte Vusi und verließ die Küche.
     
    Willie Mouton hielt die Tür des Konferenzsaales auf, und Griessel ging hinein. Die Geysers saßen am langen, ovalen Konferenztisch.
     Sie hielten sich an den Händen. Bennie hatte sich ein junges, aufgewecktes, engelsgesichtiges Pärchen vorgestellt, das die
     übertriebene Fröhlichkeit frisch Bekehrter ausstrahlte. Doch die Geysers waren bereits über vierzig, sie vielleicht noch ein
     wenig älter als er. Sie blickten ernst und angespannt. Jos war ein großer Mann mit weißblonden Haaren, die er in einem schicken
     Bürstenschnitt trug. Tiefe Falten durchzogen sein Gesicht, und ein blonder Hängeschnauzer war sorgfältig auf Kinnlänge gestutzt.
     Breite Schultern, muskulöse Arme, ein feiner Schweißfilm auf der Stirn. Neben ihm wirkte Melinda klein wie ein Püppchen. Sie
     hatte ein rundes Gesicht, rotblonde Haare, die in einer Kaskade kleiner Locken herunterfielen, milchweiße Haut, lange Wimpern.
     Sie war stark im Retrolook geschminkt, und aus irgendeinem Grund – waren es ihre Augen oder ihr Mund? – hatte Griessel den
     Eindruck, als sei sie früher das gewesen, was man in seiner Jugend in Parow als »leichtes Mädchen« bezeichnet hätte.
    »Willie«, sagte Geyser und stand auf. »Was ist hier los?«
    »Jos, das ist Sersant Bennie Griessel von der Polizei. Wir würden gern mit dir

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