Drift
hatte, dass die Tür auch wirklich abgeschlossen war, direkt zum kleinen Schreibtisch und legte die zwei großen, vollen Grips vor sich hin, um sie genauer in Augenschein zu nehmen.
Die Menge war großzügig bedacht, daran gab’s nichts auszusetzen. Und was die Qualität anging – Alufolie hatte er leider Gottes keine, um das Zeug zu testen –, konnte er nur vom Effekt ausgehen, den die zwei kleinen Schnupfs auf ihn gehabt hatten, und der Effekt war eindeutig extraordinär.
Er kramte ein kleines Messer aus seiner Computertasche, öffnete es, steckte die Spitze ins Koksgrip und holte so ein, zwei Häufchen raus und kippte sie auf den Tisch.
Mit zwei Kreditkarten machte er das teils grobkörnige Pulver ganz fein, rollte eine Note zusammen und hielt im letzten Augenblick inne: Frühstückswhisky hin oder her – das hier lief nicht ohne einen Whisky, um ihn gleich nach dem ersten Nach-hinten-Rotzen des Pulvers nachzuschütten.
Martin öffnete die Minibar und siehe da: zwei Chivasfläschchen lächelten ihn an und er schnappte sie sich, nahm ein Glas vom Kühlschrank, kippte den Inhalt beider Fläschchen ungeduldig ins Glas und nahm die zum Röhrchen gerollte Geldnote in die Finger.
»So«, sagte er laut zu sich selbst, »auf den Rest meines neuen Lebens!«
Er sniffte eine der beiden Linien durchs linke Nasenloch, zog den Rotz nach hinten, damit sich das Pulver auch in den Schleimhäuten der Rachengegend auflöste und schneller und stärker wirkte, und leerte das halbe Glas Whisky hinterher.
Einige Sekunden lang saß er mit geschlossenen Augen da und genoss das Gefühl, das Koks und Whisky durch seinen Körper jagten, |244| die Euphorie, die Entspannung sämtlicher Muskeln. Er wiederholte die Prozedur mit der zweiten Linie und dem Rest des Whiskys und fing an, sich »auszugsbereit« zu machen – was, wie er schnell feststellte, nichts weiter von ihm verlangte, als seine Zahnbürste und Zahnpasta ins Necessaire zu stecken, dieses zu verschließen und in den Seesack zu stopfen. Und natürlich die zwei großen Mini-Grips wieder in die innere Jackentasche zu stecken.
»Fertig«, sage er und sah auf die Uhr. Kurz nach sechs. Perfekt.
»Mit den zwei Chivas macht die Rechnung genau hundertsiebenundfünfzig.«
Martin gab dem Jungen, der bestimmt mal ein ausgezeichneter Anwalt oder Manager werden würde, hundertsiebzig und fragte noch mal nach dem Weg zum Frühstücksbuffet.
»Gleich da vorn um die Ecke, der Kellner erwartet Sie bereits. Und – ähm, der Whisky geht aufs Haus.«
Martin lächelte. Wie er vermutet hatte: Der Junge hatte eine glänzende Zukunft vor sich.
»Vielen Dank, junger Mann«, sagte Martin und folgte den Richtungsanweisungen des Rezeptionisten. Er fand den leeren Frühstückssaal, setzte sich an die Fensterfront und horchte dem Rauschen in seinen Ohren.
Normalerweise war Martin nach dem Konsum von Koks nicht hungrig, aber nach den vergangenen paar Tagen und dem vielen Alkohol schrie sein Körper nach Nahrung. Also gab er ihm, was er verlangte – aber erst nach einem großen Glas Lagavulin, das er beim Kellner bestellte, einem Burschen, ebenso jung und gutaussehend, wie es der Blonde an der Rezeption war, nur dunkler und südländisch. Ein paar Sekunden später war der Kellner zurück und stellte ein weit über die Norm gefülltes Glas mit einem breiten Grinsen vor Martin auf den Tisch.
»Mit Grüßen von der Rezeption«, sagte er und deutete eine Verbeugung an.
|245| Martin nickte und bedankte sich.
»Perfekt, danke schön.«
Während der nächsten zwanzig Minuten sah Martin leidend den Köchen, Hilfsköchen und Kellnern zu, wie sie das Buffet anrichteten. Die verschiedenen Düfte ließen Martins Bauch- und Speicheldrüsen auf Hochtouren laufen, so dass er gezwungen war, sich ein Croissant zu nehmen, bevor der Kellner das Buffet für eröffnet erklärte.
Aber das Croissant war nur ein Tropfen auf den heißen Stein; als es schließlich so weit war und alles angerichtet auf die ersten Gäste – in diesem Fall nur Martin – wartete, scheffelte Martin hemmungslos alles auf seinen Teller, wonach ihm gerade war. Er füllte drei Mal nach, trank vier Tassen Kaffee und bestellte schließlich, als er sich so vollgestopft hatte, dass er sich kaum bewegen konnte, noch einen Lagavulin beim Kellner und drückte ihm, bevor er verschwinden konnte, eine Zwanzigernote in die Hand.
»Bitte voll bis obenhin.«
Der Kellner steckte die Note unauffällig in die Hosentasche, lächelte und
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