Drimaxid 01 - Die Zelle
unzählige Kratzer und kleinere Blessuren auf seinem Handrücken, sowie weitere Schnittwunden am Handballen. Und natürlich der Skalpellschnitt an seinem Handgelenk. Das Prunkstück seiner Sammlung. Der Verband an seinem Handgelenk bewegte sich, als würde ein kleines Herz darunter pochen.
»Adam!«, fauchte die Stimme.
Die neuerliche Nennung seines Namens holte ihn vollends in die Wirklichkeit zurück. Adams Sicht klärte sich. Über ihm flimmerte eine Leuchtstoffröhre an der Decke und verbreitete einen blauen Schein. Er lag nicht auf einem Bett, wie er zuerst vermutete, sondern auf einer kalten, harten Oberfläche. Ein Küchentisch. Er fühlte sich wie eine Leiche auf Besuch bei einem Anatomiekurs.
»Was ist los mit dir?«
Roland hockte neben ihm im Schneidersitz auf einem Stuhl und jonglierte mit den scharfen Küchenmessern. Adam verfolgte das beeindruckende Schauspiel.
»Ich …«, krächzte Adam und brach ab.
Er trug saubere, trockene Kleidung. Die weiße Uniform eines Pflegers. Keuchend hustete er und setzte sich auf. Ein stechender Schmerz fuhr durch sein Handgelenk. Adam inspizierte den Verband völlig irritiert. Vorhin war alles noch so logisch gewesen. Jetzt konnte er nicht mehr verstehen, warum er sich beinahe das Leben genommen hatte. Die Situation hatte ihn überfordert. All die Toten auf der Krankenstation, die Flucht, der Traum …
Sie hatten den Krieg auf dem Todesplateau verloren. Die schwarzen Scherenschnittmänner hatten die Letzte Basis zwar überrannt, aber das bedeutete noch lange nicht, dass die ganze Menschheit und vor allem alle Völker der United Planets damit vernichtet waren. Es schien so, als hätte ihm jemand fremde Gedanken in den Kopf gelegt. Jemand, der seinen Tod wollte. Jemand, dem er vielleicht im Weg stand.
»Konzentrier dich, verdammt noch mal«, sagte Roland und warf eines der Messer in Adams Richtung.
Es blieb nur wenige Zentimeter von dessen Gesicht entfernt in der Wand stecken. Die Klinge vibrierte. Adam bewegte sich keinen Millimeter. Er zuckte nicht einmal zusammen.
»Du musst dich beeilen.«
»Was soll das bedeuten?«, erkundigte sich Adam und zog das Messer aus der Wand.
Ein Gefühl von Stärke und Sicherheit breitete sich in ihm aus. Adam wusste, wie trügerisch dieses Gefühl sein konnte, und legte die Klinge beiseite. Roland grinste, zog ein neues Messer aus dem Messerblock, der neben ihm stand, und jonglierte weiter.
»Es ist so einfach, dass sogar du es verstehen kannst«, erklärte Roland und kicherte. »Sie wird es checken.«
»Wer?«, wollte Adam wissen.
Natürlich konnte er sich denken, von wem sein Gegenüber sprach. Eve. Wo war sie nur? Adams Blick durchsuchte die Küche nach ihr. Sie war nicht da.
Möglicherweise liegt sie im Schlafraum und hat sich mit Schmerzmitteln zugedröhnt , dachte er abfällig.
Er hatte keine gute Meinung mehr von der jungen Frau. Sie war voller Schwächen. Und Schwäche ist gleich Tod , hatte ihn sein Anweiser gelehrt. Adam musste stark sein, um zu überleben. Er durfte sich nicht mit unnötigem Ballast beschäftigen.
Nur die Starken überleben …
Krrrrrr … , und wieder steckte ein Messer neben ihm in der Wand. Diesmal beunruhigend nahe. Roland wurde ungeduldig.
»Was wird sie checken?«
»Alles«, verriet ihm der Krieger. »Sie schnüffelt herum. Das ist nicht gut. Sie wird hinter unser kleines Geheimnis kommen.«
»Geheimnis? Wovon sprichst du?«
»Ach, tu doch nicht so. Du hast es doch auch die ganze Zeit über gecheckt. Warum quälst du dich immer noch mit dieser verdammten Lüge?«, wollte Roland wissen.
»Lüge?«
Krrrrrr …
Noch ein Messer.
Adam bedachte die beiden kleinen, gezackten Klingen mit einem beiläufigen Blick. Roland jonglierte jetzt nur noch mit dem großen Fleischermesser und einem mittelgroßen Messer mit hölzernem Griff. Er warf die Messer fast bis zur Decke hoch und fing sie ohne hinzusehen auf. Sein Blick war starr auf Adam gerichtet. Die Messer überschlugen sich wie in Zeitlupe in der Luft.
»Wir müssen gehen«, beschloss Roland.
Er rammte das mittelgroße Messer in die Wand neben sich und kam mit dem Fleischermesser zu Adam hinüber. Dieser spannte sich ganz automatisch, doch es bestand keine Gefahr. Roland drehte das Messer mit einer fließenden Bewegung herum und reichte es Adam.
Er hält es an der Klinge , wisperte eine Stimme in seinem Kopf.
So schnell Adam konnte, packte er den Griff und nahm das Messer an sich. Roland grinste und sagte nichts. Er winkte nur und
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