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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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sah mich um, während sie die
Kaffeekanne leerte und ausspülte, das Zeichenzubehör wegräumte und schließlich
die Lichter ausknipste. Sie schloss hinter uns ab, und wir steuerten auf meinen
VW zu, der jetzt ganz allein auf dem Parkplatz stand.
    Als wir durch den Torbogen
hinausfuhren, sagte sie: »Ich wohne in Montebello. Ich hoffe, das ist kein
allzu großer Umweg für Sie.«
    »Keine Sorge. Ich wohne am Albanil,
nicht weit vom Strand. Ich kann über den Cabana zurückfahren, das ist keine
große Sache.«
    Ich bog rechts ein, auf den Bay
Boulevard, und dann noch mal rechts, auf den Missile, und zwei Straßen weiter
auf den Freeway. Sie gab mir noch ein paar genauere Direktiven. Dann plauderten
wir über zwei Meilen zwanglos miteinander, während ich mir überlegte, was ich wohl
aus ihr herausbekommen könnte. »Wie haben Sie damals von Isabelles Tod
erfahren?«
    »Die Bullen haben mich um halb drei in
der Nacht angerufen und es mir gesagt. Sie haben mich gefragt, ob ich kommen
könnte, um bei Simone zu bleiben. Ich habe mir etwas übergeworfen und mich ins
Auto gesetzt und bin hingerast. Ich stand total unter Schock. Beim Fahren habe
ich die ganze Zeit vor mich hin geredet wie eine Verrückte. Geweint habe ich
erst, als ich dort war und Simones Gesicht gesehen habe. Die Seegers waren völlig
am Ende. Sie haben immer wieder dasselbe erzählt. Ich weiß nicht, wer von uns
am schlimmsten dran war. Ich glaube, ich. Simone war wie betäubt und gar nicht
richtig da, bis David auftauchte. Da war es dann ganz aus. Sie geriet völlig
außer sich.«
    »Ach ja, richtig. Er hat behauptet, er
sei joggen gewesen, mitten in der Nacht. Haben Sie ihm das abgenommen?«
    »Ach Gott, ich weiß nicht. Ja und nein.
Er ging seit Jahren nachts laufen. Er meinte, dann sei es ruhiger und man habe
nicht das Problem mit dem vielen Verkehr und den Abgasen. Ich glaube, er litt
an Schlaflosigkeit und geisterte immer im Hause herum.«
    »Und wenn er nicht schlafen konnte,
ging er joggen, um zur Ruhe zu kommen?«
    »Ja, schon, aber andererseits — in der
Mordnacht klang es doch sehr an den Haaren herbeigezogen.« Sie bohrte mit einem
Finger in einem imaginären Grübchen in ihrer Wange. »So ein Zufall. Ich bin
gerade auf meiner Zwei-Uhr-Runde hier vorbeigejoggt.«
    »Simone hat mir gesagt, dass er damals
ein Stück weiter die Straße runter wohnte.«
    Sie zog eine Grimasse. »In diesem
grässlichen Haus. Der Polizei hat er erzählt, er sei gerade auf dem Heimweg
gewesen und habe das Licht bei Isabelle gesehen und nachsehen wollen, was los
sei.«
    »Schien er sehr betroffen?«
    »Na ja, das würde ich nicht sagen, aber
ihn schien ja sowieso nichts zu berühren. Das war eine ihrer Hauptklagen. Er
sei ein Roboter ohne Emotionen.«
    »Sie sagten, Simone geriet außer sich.
Was meinen Sie da mit?«
    »Sie wurde hysterisch, als er
auftauchte. Sie war fest davon überzeugt, dass er Isabelle umgebracht hatte.
Sie hatte die ganze Zeit schon gesagt, diese Geschichte mit der geklauten
Pistole sei Quatsch. Wir waren alle schon unzählige Male bei den Barneys im
Haus gewesen. Warum um Himmels willen hätte einer von uns plötzlich nach oben
schleichen und Davids Achtunddreißiger klauen sollen? Sie war der Meinung, es
sei ein Manöver gewesen. Und da hatte sie ja wohl auch Recht.«
    »Sie waren also auch bei dem Essen am
Labor-Day-Wochenende, als die Pistole verschwand?«
    »Klar. Ich war da und alle anderen
auch. Peter und Yolanda Weidmann, die Seegers, die Voigts.«
    »Kenneth war dort? Isabelles Ex-Mann
mit seiner Frau?«
    »Aber ja. Die Etikette von heute. Alle
eine große, glückliche Familie, außer Francesca natürlich. Das ist Kenneths
Frau, die große Dulderin. Eine richtige Märtyrerin. Ich denke manchmal,
Isabelle hat sie nur eingeladen, um sie zu piesacken. Dabei hätte sich
Francesca ja auch einfach weigern können.«
    »Was war das Problem?«
    »Sie wusste, dass Ken immer noch an
Isabelle hing. Schließlich war Iz diejenige, die Schluss gemacht hatte. Um
darüber wegzukommen, hat er dann Francesca geheiratet.«
    »Klingt wie eine Seifenoper.«
    »Es kommt noch schlimmer«, sagte Rhe.
»Francesca ist wunderschön. Haben Sie sie schon gesehen?« Ich schüttelte den
Kopf, und sie fuhr fort: »Wie ein Model, ein perfektes Gesicht und ein Körper,
für den man alles drangeben würde. Aber sie ist wahnsinnig unsicher, sucht sich
immer Männer, die auf Distanz bleiben. Verstehen Sie, was ich meine? Ken war
ideal, weil sie wusste, dass sie ihn nie

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