Driver 2
Hier würde ihn niemand finden und niemand nach ihm suchen.
Das glaubte er bis zu dem Punkt, an dem er aufwachte, weil sich die Zimmertür leise schloss.
Sein Besucher würde natürlich eine Weile dort stehen. So machte man das. Driver hustete leicht, so wie man hustet, wenn man schläft, und drehte sich auf die Seite, als würde er weiterschlafen.
Ein zögerlicher Schritt, ein Innehalten, dann ein weiterer. Draußen gingen ein paar Leute vorbei, redend und mit schwerem Schritt, sodass Driver sehr aufmerksam sein musste. Der Eindringling würde die Geräusche nutzen, um sich auf ihrer Welle weiter anzunähern.
Denke nicht, handle, hatte ihm Shannon wieder und wieder gesagt. Driver sah und hörte den Mann nicht richtig – er spürte ihn in erster Linie. Mit einer einzigen Rolle war er aus dem Bett, erfasste die Umrisse des Mannes vor dem Licht des Fensters, hieb mit seinem Ellenbogen dorthin, wo sein Gesicht sein musste, spürte und hörte das Krachen von Knochen.
Als der Mann am Boden lag, hatte Driver seinen Fuß auf der Kehle, aber der würde so schnell nicht wieder aufstehen. Driver nahm ein Handtuch aus dem Bad und ließ es in der Nähe des Mannes fallen, setzte sich dann neben ihn auf den Fußboden, öffnete sein Taschenmesser und hielt es so, dass es das Erste war, was der Mann sehen würde, wenn er wieder zu sich kam.
Es dauerte nicht lang. Seine Augen öffneten sich, der Blick noch leicht verschwommen, bevor er sich klärte und auf Driver richtete. Der Mann drehte seinen Kopf und spuckte Blut aus. Schaute wieder zurück und wartete.
»Aus der Gegend hier?« fragte Driver.
»Dallas.«
Ein Import also. Interessant. Er legte das Messer weg. »Was ist mit den anderen?«
»Ich weiß nichts von irgendwelchen anderen, Mann.«
»Was weißt du dann?«
»Ich weiß, dass fünf Riesen auf mich gewartet hätten, wenn ich hier rausmarschiert wäre.«
»Aber du marschierst hier nicht raus, stimmt’s?«
»Sieht so aus.«
»Willst du Texas irgendwann wiedersehen?«
Der Mann leckte über seine Lippen, schmeckte Blut. Er hob zwei Finger und berührte leicht seine Nase. »Das wäre ein sehr angenehmer Ausgang, ja.«
»Dann setz dich auf einen Stuhl und wir unterhalten uns.«
»Worüber?«
»Wie du bezahlt wirst, wo und von wem. So die Richtung.«
Driver half ihm hoch. Blut strömte über das Gesicht des Mannes, als er aufrecht saß. Er hielt sich das Handtuch vor die Nase und sprach hindurch. »Du weißt, dass du dem hier nicht entgehen kannst, oder? Wenn ich weg bin, kommt jemand anderes.«
Das war es also, worauf letztlich alles hinauslief. Man saß mitten in der Nacht am Ende der Welt mit einem gescheiterten Killer zusammen und dachte über Standpunkte nach. Hatte er je welche gehabt? Und welche Art von Lügen erzählte er sich selbst? Etwa die, er könnte einen Weg aus all dem hier finden?
ER WAR ÜBER DIE VAN BUREN zum Sky Harbour gefahren, hatte seinen nächtlichen Besucher vom Flughafen aus anrufen und mitteilen lassen, es wäre vollbracht. Hatte auf dem Weg an einem Dollar Store gehalten, um dem Mann ein neues Hemd und neue Hosen zu kaufen. Keine Chance, dass ihn TSA mit dem ganzen Blut durchgelassen hätte.
Der Pick-up stand in Glendale. Driver parkte oberhalb des All-Nite Diners, dem einzigen lebendigen Ort im Umkreis von drei bis vier Blocks. Sonst gab es dort nur Büros und Geschäfte. Im Diner saßen zwei Cops und – ihren Hüten und der Western-Pracht nach zu urteilen – Mitglieder der Bisquit Band, deren Van vor der Tür stand. Mail’N’More, einen halben Block weiter unten und gut zu sehen, öffnete in einer halben Stunde. Driver kaufte sich einen Kaffee zum Mitnehmen und ging zurück zum Wagen, wartete dort. Er vertrieb sich die Zeit mit dem Lesen der Schaufenster. Bei Mail’N’More stand:
Briefkastenvermietung – Postanweisungen –
Fotokopien
Anrufservice – Nachrichtenübermittlung –
Verpackungen
Notariat – Visitenkarten – Habla Español
Am Fenster des Antiquitätenladens stand:
Die Qualität des Lebens ist auch nicht mehr das, was sie mal war
.
Er dachte über die Leute nach, die ihn immer weiter verfolgten. Sie engagierten Externe, worauf deutete das hin? Dass sie begrenzte Mittel hatten, vielleicht eine kleine Gruppe, die auf eigene Faust arbeitete. Was angesichts der Professionalität ihrer Angriffe keinen Sinn ergab. Wahrscheinlich waren die Ersten ihre eigenen Leute gewesen. Und dann hatte auch noch Beil seine Finger im Spiel. Wollten sie Abstand halten, damit
Weitere Kostenlose Bücher