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Driver 2

Driver 2

Titel: Driver 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sallis
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oben. Die linken Räder senkten sich, kamen rau auf der Mauer auf, während der Ford im 50-Grad-Winkel daran entlangraste.
    Dann, als der Chevy sich näherte, drehte Driver wieder nach rechts ab, prallte in entgegengesetzter Richtung zurück auf den Highway und hielt voll auf ihn zu. Wenn du noch gar nicht richtig kapierst, was eigentlich passiert ist, und plötzlich ein Auto auf dich zukommen siehst, dann reagierst du. Der Caprice lenkte über die Mittellinie, rasierte schlitternd den Zaun ab, war wieder auf der Straße, kupierte im Drehen einen zerbeulten Pkw mit seiner Frontseite und einen glänzenden, neu aussehenden Van mit dem Heck.
    Dann war alles still. So hört es sich an, kurz bevor nachgeladen wird, und Driver lauschte, lauschte auf die Geräusche, die jetzt anhoben. Zuschlagende Türen. Schreie. Sirenen.
    Ein ganzes Stück die Straße runter brachte er den Ford mit einer 180-Grad-Drehung zum Stehen und schaute zurück auf den aufgetürmten Haufen, als hätte er gar nichts damit zu tun, als wäre er nur ein Beobachter, der gerade am Unfallort angekommen war. Es würde Verletzte geben. Und sehr bald würde die Polizei da sein. Die Polizei, Kameras und Fragen.
    Driver schloss seine Augen und konzentrierte sich auf Herzschlag und Atmung, er atmete tief und langsam ein. Schlachtfeldatmung: fünf einatmen, fünf halten, fünf ausatmen. Als er die Augen wieder öffnete, hielt ein schwarzer Van hinter ihm. Der Fahrer blieb drin sitzen. Der Beifahrer stieg aus, hob seine Hände, Handflächen nach außen. Er wurde im Rückspiegel langsam größer, als er sich näherte. Grauer Anzug, um die dreißig, kurz geschnittenes Haar, Gang und Haltung deuteten auf Militär hin, auf einen Athleten, auf beides.
    Driver kurbelte das Fenster herunter.
    Der Mann hielt Abstand. »Grüße von Mr. Beil.«
    »Er hat mich verfolgen lassen?«
    »Eigentlich haben wir sie nur beobachtet.« Er nickte in Richtung Chevy. »Den und seinen Freund, den Sie weiter hinten zurückgelassen haben.« Er sah sich kurz nach Westen hin um. Einen Augenblick später hörte Driver die Sirenen. »Handys«, sagte der Mann. »Geben einem heutzutage nicht mehr viel Zeit. Fahren Sie jetzt. Wir übernehmen das.«
    »Die Leute in den anderen Wagen könnten ernsthaft verletzt sein.«
    »Wir machen das schon. Überprüfen alle, bringen die, die’s nötig haben, ins Krankenhaus und stellen sicher, dass man sich so gut wie möglich um sie kümmert. Reden mit ihnen, beruhigen sie, stellen uns den Cops als Augenzeugen zur Verfügung. Wenn wir aufräumen, dann räumen wir richtig auf.« Sein Lächeln war wie ein schmaler Lichtstreifen unter einer gut schließenden Tür. »Ist ein Pauschalgeschäft.« Der Mann nickte. Das Nicken passte zum Lächeln. »Sie werden Mr. Beil bei der ersten Gelegenheit anrufen.«

» MEINUNGEN SIND WIE ARSCHLÖCHER «, pflegte Shannon immer zu sagen, »jeder hat eine. Aber Überzeugungen, das ist eine ganz andere Nummer – Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.«
    Letzteres war von Nietzsche, obwohl Driver das damals nicht wusste. In den letzten Jahren hatte er viel nachgeholt. Er nahm nicht an, dass Shannon an irgendeine Art von Wahrheit glaubte, die man in eine Schachtel stopfen und mit nach Hause nehmen konnte. Aber er kannte sich eindeutig mit Lügen aus. Den Lügen, die uns von Kindheit an erzählt werden, jenen, in denen wir schwimmen und die wir uns selbst erzählen, um weitermachen zu können.
    Driver ließ den Fairlane bei der Werkstatt stehen. Er hatte kein vorübergehendes oder anderes Zuhause, zu dem er zurückkehren konnte, er suchte sich ein Motel auf dem Weg in Richtung Stadt. Der Angestellte, der sich ständig mit der flachen Hand über die Haare fuhr, ließ ihn eine Stunde in einem muffigen Lobbysessel mit lauter Brandlöchern warten (Driver zählte sechzehn Stück), weil noch keine Eincheck-Zeit war. Das Zimmer hielt das, was der Sessel versprochen hatte.
    Driver schaltete den Fernseher ein, der nicht funktionierte, und schaltete ihn wieder aus. Verdammt, er konnte den vom Zimmer nebenan gut genug durch die Wand hören. Der Dreck in der Toilettenschüssel und der Wanne war eine Welt für sich. Als er sich setzte, machte das Bett ein Geräusch, das ihn an eine Kutsche in alten Western erinnerte.
    Aber er brauchte eine Ruhepause. Er hatte morgen einen Haufen Arbeit vor sich, musste den Wagen wieder flottmachen, und dieser Ort hier war so gut wie jeder andere, wenn man sich aufs Ohr legen wollte.

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