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Driver

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Titel: Driver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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hervor. Unter seinem Sakko trug er ein marineblaues Polohemd.
    Der Wein-Mann, irgendwo in den Fünfzigern, trug ein dunkles Hemd mit goldenen Manschettenknöpfen, aber keine Krawatte, dazu schwarze Reeboks; die grauen Haare hatte er sich zu einem kurzen, dicken Pferdeschwanz zurückgebunden. Während sein junger Partner mit dem bedächtigen, körperbewussten Schritt eines Bodybuilders ging, schien er einfach nur dahinzuschweben. Als trüge er Mokassins oder berührte den Boden nur mit jedem dritten oder vierten Schritt.
     
    Am zweiten Tag verschwand der Espresso-Mann direkt nach dem Frühstück hinter dem Gebäude, um eine zu rauchen. Tief inhalierend sog er das langsam wirkende Gift ein, atmete wieder aus und wollte einen weiteren Zug nehmen, was aber nicht gelang.
    Etwas schnürte ihm den Hals ab. Scheiße – Draht? Er zerrte daran, wusste aber, dass es nichts nützen würde. Irgendwer hinter ihm zog immer fester zu. Und das Warme auf seiner Brust, das musste dann wohl Blut sein. Als er fieberhaft versuchte, nach unten zu sehen, fiel ein blutiger Fleischbrocken, sein Fleisch, auf seine Brust.
    Das war’s dann also, dachte er, in dieser beschissenen Gasse, mit vollgeschissener Hose. Verdammte Scheiße.
    Drive steckte dem Espresso-Mann einen Coupon von Nino’s in die Jackentasche. Vorher hatte er die Worte »Wir liefern auch außer Haus« rot eingekreist.
     
    Scheiße, sagte Minuten später auch der Wein-Mann. Ninos Leibwächter hatte ihn hierher geführt, nachdem einer der Köche über Junior gestolpert war, als er einen Fettabscheider entleeren wollte.
    Wie konnte man sein Kind nur Junior nennen?
    Jedenfalls war der Junge Geschichte, gar keine Frage. Die Augen waren ihm aus den Höhlen getreten, die typischen sternförmigen Muster geplatzter Äderchen sprenkelten das Gesicht. Die Zunge hing heraus wie ein Fleischkorken.
    Erstaunlich. Der Junge hatte immer noch einen Ständer. Manchmal hatte er gedacht, aus mehr bestünde der Junge gar nicht.
    »Was machen wir jetzt, Mr. Rose?« fragte der Leibwächter. Wie hieß der jetzt noch? Sie kamen und gingen. Keith soundso.
    Hurensohn, dachte er. Hurensohn.
    Nicht, dass ihm der Typ viel bedeutet hätte. Er konnte eine gigantische Nervensäge sein, nichts als Bodybuilding, Möhrensaft und Steroide im Kopf. Und immer genug Koffein im Blut, um ein komplettes Pferdegespann aus den Hufen zu hauen. Aber, Scheiße auch, wer immer das getan hatte, hier hätte das niemals passieren dürfen.
    »Sieht aus, als müssten wir eine härtere Gangart vorlegen, Mr. Rose«, meinte Keith soundso hinter ihm.
    Er stand da, das Weinglas in der einen Hand, den Pizza-Coupon in der anderen. Rot eingekreist: Wir liefern auch außer Haus.
    »Ich würde sagen, das ist schon geschehen.«
    Konnte kaum länger als ein paar Minuten her sein. Wie weit würde der Hurensohn sein? Aber das musste noch warten.
    Er trank sein Glas aus.
    »Gehen wir’s Nino sagen.«
    »Wird ihm nicht gefallen«, sagte Keith soundso.
    »Wem würde es das schon?«
     
    Bernie Rose gefiel es jedenfalls nicht.
    »Dann hast du also die Bluthunde auf diesen Kerl gehetzt, und ich höre zum ersten Mal davon, als er in meinem eigenen Hinterhof aufkreuzt und meine Leute umlegt … Gut, dass es in unserer Branche keine Gewerkschaft gibt. Das ist mein Geschäft, Nino. Das weißt du verdammt gut.«
    Nino, der Pasta jeder Art nicht ausstehen konnte, stopfte sich den Rest eines Schoko-Croissants in den Mund undspülte mit einem Schluck Earl-Grey-Tee nach.
    »Wir kennen uns jetzt schon seit – wie lange? Seit wir sechs waren?«
    Bernie Rose sagte nichts.
    »Vertrau mir. Das lief extra, hatte überhaupt nichts mit unserem Geschäft zu tun. War vernünftig, es aus der Hand zu geben.«
    »Extradinger sind genau die Sachen, die einen zu Fall bringen, Nino. Das weißt du selbst.«
    »Die Zeiten ändern sich.«
    »Die Zeiten ändern sich verdammt noch mal wirklich, wenn du Amateurkiller losschickst und es noch nicht mal für nötig hältst, deinen eigenen Leuten zu sagen, was läuft.«
    Bernie Rose schenkte sich ein weiteres Glas Wein ein. Dago red – ein billiger italienischer Tropfen. Nino ließ ihn keine Sekunde aus den Augen.
    »Erzähl’s mir«, sagte Bernie Rose.
    Wenn er beim Film gewesen wäre, hätte er jetzt gefragt, wie der Plot aussah. Filmleute hatten ihr ganz eigenes Vokabular. Plot, Subtext, Exposé, Treatment. Produzenten, die nicht mal dann einen klaren Satz zustande brachten, wenn ihr Leben daran hing, liebten es, über die

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